Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 317 - Yajnavalkya über die Yoga Praxis

Yajnavalkya sprach:
Die Theorie des Sankhya habe ich dir damit erklärt. Höre jetzt meine Beschreibung der Yoga Praxis, wie ich sie gehört und erfahren habe, oh Bester der Könige. Wie es kein Wissen gibt, daß mit dem Sankhya vergleichbar wäre, so gibt es auch keine Kraft, die dem Yoga gleicht. Beide gehören zusammen, haben die gleiche Wirkung und können zur Befreiung führen. Nur unwissende Menschen betrachten Sankhya und Yoga (Theorie und Praxis) als getrennte Wege. Wir jedoch, oh König, sehen sie zweifellos als Einheit an. Was die Yogis schauen, das erkennen auch die Sankhyas. Wer Sankhya und Yoga als ein und dasselbe erkennt, der ist wahrlich in den Prinzipien erfahren, die diese Welt bestimmen.

Wisse, oh König, daß der Atem und die Sinne die Hauptmittel sind, um den Yoga zu üben. Durch Zügelung des Atems und der Sinne können die Yogis nach Belieben durch den Raum wandern. Mit den acht Yogakräften verlassen sie den grobstofflichen Körper, wandern mit ihrem feinstofflichen Körper durch das Universum und erfreuen sich aller Arten der Glückseligkeit, oh Sündloser. Denn die Weisen erklären in den Veden, daß der Yoga die acht Yogakräfte gewährt (die acht Siddhis: Atomkleinheit, schwebende Leichtigkeit, unendliche Größe, Alldurchdringung, Willensfreiheit, Allbeherrschung, Schöpferkraft und Wunscherfüllung), aber nur für den feinstofflichen Körper, nicht für den grobstofflichen. Sie sprechen auch von den acht Gliedern des Yoga (Pranayama= Atemregulierung, Pratyahara= Sinneszügelung, Dhyana= Meditation, Dharana= Konzentration, Tarka= Erkenntnis und Samadhi= Vertiefung sowie zusätzlich Yama= Entsagung und Niyama= Anstrengung). Und als zweifach bezeichnen sie die höchst wirkungsvollen Methoden der Yogis, nämlich die Übungen mit Eigenschaften und die Übung ohne alle Eigenschaften. Die Konzentration des Geistes auf bestimmte Meditationsobjekte mit gleichzeitiger Regulierung des Atems, oh König, ist die eine Art. Die Konzentration des Geistes, wenn sich alle Unterschiede zwischen Meditierenden, Meditationsobjekt und Meditation auflösen und die Sinne vollkommen zurückgezogen sind, ist die andere Art. Die erste Art des Yogas gilt als Übung mit Eigenschaften, die zweite Art als frei von allen Eigenschaften. Die Regulierung des Atems im Yoga ist stets ein Arbeiten mit Eigenschaften. Das Ziel ist jedoch der Yoga ohne Eigenschaften, wobei das Denken in seiner Funktion vollkommen still ist. Damit überwindet man diese ganze sichtbare Welt und auch den Wind (der Begierde) im Körper, oh Herrscher von Mithila. Wer den Wind meistert, der hat keinen Grund mehr zur Sorge.

So werden im ersten Teil der Nacht zwölf Übungen der Atemregulierung empfohlen und nach dem Schlaf, im letzten Teil der Nacht, weitere zwölf solcher Übungen. Wahrlich, auf diese Weise sollte der Wachende mit beruhigtem Denken, bezähmten Sinnen und einsgerichteter Konzentration sich im Yoga zügeln und im Selbst die innere Stille finden. Indem er die fünf Illusionen der fünf Sinne auflöst, den Klang, die Form, das Gefühl, den Geschmack und den Geruch, indem er das Aufkommen von Leidenschaft und das Absinken in Trägheit meistert, sollte er die Sinne mit dem Denken zügeln, oh Herrscher der Mithilas. Das Denken sollte dann im Bewußtsein gestillt werden, das Bewußtsein in der Vernunft und die Vernunft in der unentfalteten Natur (im Selbst). Diese nacheinander so verschmelzend, meditiert der Yogi das Selbst, das Eine, das von jeglicher Leidenschaft frei ist, ohne Sünde, unveränderlich, unvergänglich, vollkommen und rein. Das ist der Höchste Geist (Purusha), der zeitlos und unteilbar ist, ohne Geburt, Alter und Tod, der ewig Seiende jenseits aller Vergänglichkeit, das unwandelbare Brahman.

Höre nun, oh Monarch, von den Merkmalen der Yoga Vertiefung (des Samadhi). Die Zufriedenheit im Samadhi ist mit dem vergleichbar, der friedlich und traumlos schläft (aber vollkommen wach ist). Die Weisen vergleichen ihn mit der ruhigen Flamme einer wohlgefüllten Öllampe an einem windstillen Ort. Er ist wie ein Felsen, den nicht einmal ein Gewitterregen im geringsten bewegen kann. Sogar im Lärm von Muschelhörnern und Trommeln, von lautem Gesang und der Musik hunderter Musikinstrumente bleibt er im Inneren still. Wahrlich, das ist der Segen für den Yogi im Samadhi. Wie ein mutiger und entschlossener Mensch eine Treppe mit einem Topf voller Öl in seinen Händen besteigt und mit ganzer Konzentration auf das Eine keinen einzigen Tropfen verschüttet, selbst wenn er von Räubern bedroht wird, so verweilt auch der Yogi unbewegt, wenn sein Geist auf das Selbst im Samadhi schaut und die Sinne mit dem Denken schweigen. Diese sollte man als Merkmale eines Yogis kennen, der im Samadhi verweilt. Im Samadhi schaut der Yogi das Brahman, das Höchste und Unwandelbare, wie ein allesdurchstrahlendes Licht inmitten der großen Dunkelheit. Auf diesem Weg erreicht er nach vielen Jahren die Befreiung und überwindet seine Körperlichkeit. So lehren es die heiligen Schriften. Das nennt man den Yoga der Yogis. Was sonst wäre Yoga? So kennen die Weisen den Yoga und werden auf diesem Wege erfolgreich sein.


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