Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 216 - Über das Träumen

Bhishma sprach:
Der Yogi, der beständig das sündlose Brahmacharya zu üben wünscht und erkennt, wie er im Traumzustand von den Sünden bedrängt wird, sollte jegliche Träumerei aufgeben und erwachen. Denn im Traum scheint die Seele durch die Wirkung von Leidenschaft und Unwissenheit einen Körper zu besitzen, der unter dem Einfluß der Begierde bewegt wird und handelt. Durch wachsende Selbsterkenntnis aus beständiger Meditation und Vertiefung kann der Yogi im traumlosen Wachen verweilen, und man sagt, der Yogi ist durch diese höchste Erkenntnis erwacht. Diesbezüglich entsteht die Frage: Was ist das für ein sonderbarer Traumzustand, in dem die verkörperten Wesen sich einbilden, von Dingen und Taten umgeben und mit ihnen beschäftigt zu sein? Denn obwohl im Traum alle Sinne (von der Welt) zurückgezogen sind, denkt die verkörperte Seele immer noch, daß sie einen Körper hat, mit dem sie wahrnimmt und handelt. Bezüglich dieser Frage wird gesagt, daß allein Hari (Vishnu), der Meister des Yogas, weiß, was hier geschieht. So verkünden es die großen Rishis, daß Hari diese Erkenntnis wahrhaft offenbart und damit die Vernunft erleuchtet.

Die Gelehrten sagen, daß alle Wesen träumen, wenn ihre Sinne eingeschlafen sind, solange das Denken noch wach ist. Dies gilt als allgemeine Ursache für die Erscheinung der Träume. Und wie die Wahrnehmungen im traumhaften Schlaf nur dem Denken angehören, so gehören auch die vielfältigen Vorstellungen im (traumhaften) Wachen jener Personen, die in der Welt handeln, nur der kreativen Macht der Gedanken an. Eine Person mit Begehren und Anhaftung erfährt diese Vorstellungen aufgrund der Prägung unzähliger Leben aus der Vergangenheit. Denn kein Eindruck, den der Geist einmal angesammelt hat, geht jemals verloren. Die Seele ist der ewige Zeuge aller Erfahrungen und bringt sie zur rechten Zeit aus dem Verborgenen hervor. Welche der drei Qualitäten der Güte, Leidenschaft und Dunkelheit auch immer unter dem Einfluß vergangener Taten zur Wirkung kommen, der Geist wird von ihnen für eine bestimmte Zeit betroffen, und in entsprechender Weise formen sich die Elemente und die Wahrnehmungen. So entstehen aus diesen drei Qualitäten durch das angesammelte Karma die entsprechenden Erfahrungen als Glück oder Leid. Sie haben Wind, Galle und Schleim als ihre körperliche Grundlage, welche die Menschen aufgrund ihrer Unwissenheit und ihrer Neigungen voller Leidenschaft und Trägheit (als Besitz) ergreifen. Schwer zu überwinden ist diese Verkettung. Was auch immer eine Person durch die Sinne erfahren hat, damit spielt das Denken im Traum, wenn die Sinne schlafen. Das Denken kann alle Dinge ungehindert durchdringen. Das ist das Wesen der Seele. Diese Seele möge man erkennen, durch die alle Elemente und ihre Gestaltungen existieren.

Im sogenannten traumlosen Schlaf erlischt der manifestierte, menschliche Körper, der das Tor der Träume ist, im Denken. Die Gedanken, die bisher den Körper ergriffen hatten, gehen in die höchste Seele ein, von der alles Sein und Nichtsein abhängt, und verschmelzen mit diesem ewigen Zeugen. Dieses Dasein im reinen Bewußtsein, das die Seele aller Geschöpfe ist, wird von den Weisen als jenseitig aller Wahrnehmungen und Erscheinungen der Welt betrachtet. Der Yogi, der Entsagung und Erkenntnis sucht, sollte dieses ewigreine Bewußtsein als sein höchstes Ziel erkennen. Alle Erscheinungen ruhen in diesem reinen Geist, der auch als höchste Seele oder höchstes Selbst bezeichnet wird. Das ist das Ziel wahrhafter Entsagung, das der Yogi als allesdurchdringendes Licht erfährt, nachdem er die Unwissenheit überwunden hat. Wenn die Dunkelheit der Unwissenheit zerstreut ist, wird die verkörperte Seele zum Höchsten Brahman, dem Urgrund aller Welten.

Die Götter haben Entsagung und vedische Riten angenommen (und das Sattwa gewonnen). Dagegen haben die Dämonen die Illusion von Stolz und Gewalt angenommen (und Rajas und Tamas gewonnen). Deshalb können die Götter und Dämonen das Brahman, welches reine Erkenntnis ist, nur schwer erreichen. Denn beide, sowohl Götter als auch Dämonen, gehören den Qualitäten der Güte, Leidenschaft und Dunkelheit an. Güte ist das Attribut der Götter, während die beiden anderen den Dämonen gehören. Das Brahman ist jenseits dieser Qualitäten. Es ist reine Erkenntnis, Unsterblichkeit, Unvergänglichkeit und alles durchstrahlendes Licht. Wer mit reiner Seele das Brahman erkennt, erreicht das Höchste. Wer diese Erkenntnis als sein Auge hat, kann diese Vielfalt mit Vergleichen und Symbolen erklären, aber erkennbar ist das unzerstörbare Brahman nur, wenn die Sinne und das Denken (von den oberflächlichen Dingen in die höchste Seele) zurückgezogen werden.


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