Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 212 - Über die drei Gunas

Bhishma sprach:
Wie Personen, die in das Handeln verstrickt sind, ihr Handeln als höchst bedeutend betrachten, so lieben die Erkenntnissucher ihr Wissen. Schwer zu finden sind die Vedenerfahrenen, die wirklich nach den heiligen Geboten leben. Die wahrlich Weisen entsagen den Früchten der Handlungen, weil es der bessere Weg zwischen Handeln und Nichthandeln ist. Dieses Verhalten ist des Lobes würdig, denn die Erkenntnis, die zur Entsagung von Taten führt, ist der Weg zur Befreiung. Wegen der Bindung an den Körper ist eine Person durch Unwissenheit, Zorn, Habgier und all die Neigungen, die aus Leidenschaft und Verblendung geboren werden, den vielfältigen irdischen Dingen verhaftet. Wer deshalb diese (karmische) Verbindung mit dem Körper lösen möchte, sollte keinerlei sündhafte Taten pflegen. Im Gegenteil, man sollte durch seine Taten einen Pfad schaffen, der zur Befreiung führen kann, ohne die Bereiche der Glückseligkeit (in der kommenden Welt) zu begehren. Wie Gold, das mit Schlacke vermischt ist, seine Reinheit und allen Glanz verliert, so trübt sich auch die Erkenntnis, wenn sie den weltlichen Dingen und der Illusion verhaftet ist. Wer unter dem Einfluß der Ichhaftigkeit und unter dem Diktat von Begierde und Zorn ungerecht handelt und damit den Weg der Gerechtigkeit mißachtet, wird auf einen leidvollen Untergang treffen. Wer sein wahres Heil sucht, sollte niemals voller Anhaftung den weltlichen Besitz verfolgen, der durch die Sinnesobjekte repräsentiert wird. Wer diesen Weg geht, dem werden nacheinander immer wieder Ärger, Freude und Leiden begegnen.

Wenn jedermanns Körper aus den fünf ursprünglichen Elementen durch die drei Qualitäten der Güte, Leidenschaft und Dunkelheit gebildet wird, wen sollte man dafür loben und wen könnte man dafür tadeln? Nur die Unwissenden verstricken sich in Anhaftung bezüglich der Sinnesobjekte. Aufgrund ihrer Unwissenheit erkennen sie nicht, daß ihre Körper nur Gestaltungen sind. Wie eine Lehmhütte aus Lehm gebaut wird, so wird auch dieser Körper, der aus Erde besteht, durch die irdische Nahrung gebildet. Honig, Öl, Milch, Butter, Fleisch, Salz, Melasse, Getreide, Früchte und Wurzeln sind alles Gestaltungen aus Erde und Wasser. Wie die Einsiedler in der Wildnis leben, jegliches Verlangen aufgeben und allein zur Erhaltung des Körpers einfache Nahrung ohne Genuß verzehren, so sollte man auch in der Welt einsam leben, sich befleißigen und allein zur Lebenserhaltung die Nahrung zu sich nehmen, wie ein Patient die Medizin. Die edle Seele sollte alle irdischen Erscheinungen mithilfe von Wahrhaftigkeit, Reinheit, Offenheit, Erleuchtung, Tapferkeit, Vergebung, Standhaftigkeit, Intelligenz, Meditation und Entsagung durchschauen und auf der Suche nach der inneren Stille die Sinne zügeln. Aufgrund ihrer Unwissenheit werden alle Geschöpfe verblendet und durch die Qualitäten der Güte, Leidenschaft und Dunkelheit immerfort im Kreis getrieben, wie in einem Rad. Deshalb sollte man alle Fehler, die aus der Unwissenheit geboren werden, erkennen und vermeiden, vor allem jene Idee vom Ich, die soviel Leid erzeugt. Die fünf Elemente, die Sinne, die Qualitäten der Güte, Leidenschaft und Trägheit, die drei Welten mit dem Höchsten Wesen und alle Taten gründen sich auf diesem Ichbewußtsein. Wie die Zeit nach ihren eigenen Gesetzen stets nacheinander die Phänomene der Jahreszeiten hervorbringt, so sollte man dieses Ichbewußtsein in den Wesen als Verursacher aller karmischen Taten erkennen. Dabei gilt die Qualität von Tamas (aus welcher das Ichbewußtsein entsteht) als Quelle aller Wahngebilde. Diese Qualität ist wie eine Dunkelheit, die aus Unwissenheit entsteht. An die drei Qualitäten der Güte, Leidenschaft und Dunkelheit sind alle Freuden und Leiden (der Wesen) gebunden. Höre jetzt von den Wirkungen dieser drei Qualitäten. Zufriedenheit, Heiterkeit, Gewißheit, Weisheit und Vernunft sind die Wirkungen der Güte (Sattwa). Begierde, Haß, Sünde, Habgier, Überstürzung, Angst und Überanstrengung sind die Folgen der Leidenschaft (Rajas). Depression, Sorgen, Unzufriedenheit, Wahn, Stolz und Boshaftigkeit gehören dagegen zur Dunkelheit (Tamas). So möge jeder selbst in sich gehen und prüfen, ob diese Erscheinungen in ihm mehr oder weniger ausgeprägt sind.

Yudhishthira fragte:
Welche Fehler sollten auf dem Weg zur Erlösung aufgegeben werden? Was wird durch diese Fehler geschwächt? Welche Fehler kommen immer wieder (und können nicht abgeworfen werden)? Was sind die Makel der Unwissenheit? Was sind jene Fehler, über deren Stärken und Schwächen ein kluger Mensch mithilfe seiner Vernunft nachdenken sollte? Diesbezüglich habe ich immer noch Zweifel. So belehre mich, oh Großvater!

Bhishma sprach:
Wer seine Seele reinigt und alle Sünden an der Wurzel vernichtet, kann Befreiung erreichen. Wie man mit der stählernen Axt eine stählerne Kette zerschlägt, so sollte der Weise alle Sünden bereinigen, die der Unwissenheit entspringen, und schließlich die Bindung an das Körperliche lösen. Die Qualitäten der Leidenschaft, Dunkelheit und Güte bilden den Samen, aus dem alle körperlichen Wesen wachsen. Unter ihnen ist vor allem die Qualität der Güte der Weg, wodurch die gereinigte Seele zur Befreiung gelangt. Der Weise sollte deshalb vor allem Leidenschaft und Unwissenheit überwinden. Denn wahrlich, desto mehr die Güte von Leidenschaft und Unwissenheit befreit ist, desto strahlender und lichtvoller erscheint sie. Manche behaupten, daß man Opfer und andere rituelle Handlungen, die von heiligen Mantras begleitet sind und zur Reinigung der Seele beitragen, aufgeben sollte. Doch gerade diese Taten können ein wirkungsvolles Mittel sein, um die Seele von allen weltlichen Anhaftungen zu befreien und die innere Stille zu finden. Durch den Einfluß der Leidenschaft entstehen alle ungerechten Handlungen und alle Taten, die voll weltlicher Zweckhaftigkeit sind und aus der Begierde geboren werden. Durch die Qualität der Dunkelheit vollbringt man jene Handlungen, die voller Selbstsucht und Haß sind. Durch Trägheit neigt man zur Träumerei und Faulheit und hängt an all den Taten der Grausamkeit und des fleischlichen Vergnügens. Wer jedoch mit Glauben und Weisheit gesegnet ist, der achtet auf die Qualität der Güte und kümmert sich um alle heilsamen Dinge. Dadurch erstrahlt das innere Licht der reinen Seele in seiner ganzen Schönheit.


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