Yudhishthira sprach:
Woraus entstand dieses Weltall voller belebter und unbelebter Geschöpfe? Wohin geht es, wenn der Untergang beginnt? Belehre mich, oh Großvater! Wahrlich, von wem wurde dieses Weltall mit Ozeanen, Firmament, Bergen, Wolken, Ländern, Feuer und Wind geschaffen? Wie entstanden all die Geschöpfe? Woher kam diese Trennung in unterschiedliche Existenzarten? Woher kommen Reinheit und Unreinheit der Wesen, die Gesetze der Tugend und des Lasters? Was sind die Seelen der Lebewesen, und welchen Weg nehmen sie nach dem Tode von dieser Welt zur anderen? Erzähle uns bitte alles darüber!
Bhishma sprach:
Diesbezüglich ist eine heilige Belehrung überliefert, die Bhrigu als Antwort auf die Fragen von Bharadwaja gab. Als er den großen Rishi Bhrigu schaute, der voller Energie und Herrlichkeit strahlte und auf dem Gipfel des Kailash saß, fragte ihn Bharadwaja:
Durch wen wurde diese Welt mit Ozeanen, Firmament, Bergen, Wolken, Ländern, Feuer und Wind geschaffen? Woher kamen all diese Geschöpfe ursprünglich? Warum gibt es so viele unterschiedliche Arten? Woher kommen Reinheit und Unreinheit, und woher die Gesetze der Tugend und Sünde für lebende Wesen? Was ist die Seele der Lebewesen? Wohin geht sie mit dem Tod? Mögest du mir alles über diese und die jenseitige Welt erklären.
So äußerte Bharadwaja seine Zweifel, und der berühmte und zweifachgeborene Rishi Bhrigu, der wie Brahma selbst erschien, antwortete folgendes.
Bhrigu sprach:
Es gibt ein ursprüngliches Wesen, das den großen Rishis unter dem Namen Manasa (Geist) bekannt ist. Es ist ohne Anfang und ohne Ende. Dieses göttliche Wesen ist unteilbar, unvergänglich und unsterblich. Man nennt es auch das Unmanifeste, das Ewige, Unzerstörbare und Unveränderliche. Aus Ihm werden die Geschöpfe geboren und in Ihm sterben sie. Er schuf zuerst ein Göttliches, das unter dem Namen Mahat (das Große) bekannt ist. Das Mahat erschuf das Bewußtsein, und dieses Göttliche erschuf den Raum, der als mächtiges Wesen alle geschaffenen Dinge enthält. Aus dem Raum wurde das Wasser geboren, aus dem Wasser das Feuer und der Wind. Durch die Vereinigung von Feuer und Wind entstand die Erde. Das selbstseiende Manasa erschuf dann eine energievolle, göttliche Lotusblume. Und aus ihrer Blüte entstand Brahma, dieser Ozean des kraftvollen Wissens. Sobald er mit Wissen geboren wurde, sprach diese Gottheit „Ich bin!“. Dies nennt man Bewußtsein. Er hat alle geschaffenen Dinge als seinen Körper und ist damit ihr Schöpfer. Die fünf Elemente, die wir sehen können, sind Brahma voller Energie. Die Berge sind seine Knochen, die Erde ist sein Fett und Fleisch, die Ozeane sind sein Blut, der Raum ist sein Bauch, der Wind sein Atem, das Feuer seine Energie, die Flüsse seine Adern, Sonne und Mond seine Augen, das Firmament sein Kopf, die Erde seine Füße, und die Himmelsrichtungen sind seine Arme. Wahrlich schwer erkennbar ist dieses undenkbare Wesen sogar für jene, die mit asketischem Erfolg gekrönt wurden. Dieser Göttliche durchdringt das ganze Universum und ist auch als Ananta (das Unendliche) bekannt. Er lebt als ewiges Bewußtsein und kann niemals von einer ungereinigten Seele erkannt werden. Auf deine Frage hin habe ich damit jenen angedeutet, der das Bewußtsein erschuf, um alle weiteren Geschöpfe ins Dasein zu rufen. Aus Ihm ist dieses ganze Weltall entstanden.
Bharadwaja fragte:
Was ist das Ausmaß des Firmaments, des Himmels, der Erde und des Windes? Belehre mich und löse meine Zweifel.
Bhrigu sprach:
Der Himmelsraum, den du da oben siehst, ist unendlich. Er ist die Wohnstätte der himmlischen Wesen und der Heiligen. Er ist voller Seligkeit und besteht aus verschiedenen Regionen, deren Grenzen unsichtbar sind. Jenseits der Reichweite der Lichtstrahlen von Sonne und Mond sind viele weitere göttliche Wesen, die in ihrem eigenen Licht erstrahlen und die Herrlichkeit von Sonne und Feuer besitzen. Wisse, oh Ehrerbietiger, das selbst diese weitstrahlenden Ruhmreichen die Grenzen des himmlischen Raumes nicht erreichen können, weil dieser ungreifbar und unendlich ist. Und dieser Raum, den sogar die großen Götter nicht ermessen können, enthält übereinander und ineinander unzählige strahlende und selbstleuchtende Welten. Jenseits der Grenzen der Erde sind Ozeane voller Wasser. Jenseits des Wassers ist Dunkelheit. Jenseits der Dunkelheit ist wieder Wasser jenseits dieses Wassers ist Feuer. Unter den Bereichen des Wassers ist das Reich der großen Schlangen (der Nagas). Darunter ist wieder ein Himmel, und jenseits des Himmels ist wieder Wasser. So wechseln sich Wasser und Himmel endlos ab. Solcherart sind die Grenzen der durch das Wasser repräsentierten Gottheit. Selbst die großen Götter können die wahren Grenzen von Feuer, Wind und Wassers nicht feststellen. Denn das Wesen von Feuer, Wind, Wasser und Erde ist dem Wesen des endlosen Raumes gleich. Unterschiedlich erscheinen sie nur aufgrund von Unwissenheit. Wenn man auch in verschiedenen Schriften über die Grenzen der drei Welten und des Wassers lesen kann, wer könnte Grenzen von dem festlegen, was man mit dem weltlichen Auge nie vollständig erkennen kann? Selbst wenn es möglich wäre, die Grenzen des Himmels zu bestimmen, wo die Götter und Heiligen wohnen, wo sollte man die Grenzen setzen von dem, was man das Grenzenlose und Unendliche nennt oder von dem, was selbst alles erkennt, dem ursprünglichen Manasa (dem Geist)? Und wenn seine Erscheinung sich ständig ausbreitet und wieder zusammenzieht, wie könnte jemand, der Ihm nicht gleich ist, seine Grenzen kennen? Aus der (bereits erwähnten) Lotusblume wurde zuerst der allwissende Herr geschaffen, Brahma, der voller Gestaltungskraft ist, dessen Wesen die Weltordnung (das Dharma) ist und der zum Schöpfer aller belebten und unbelebten Geschöpfe wurde.
Bharadwaja fragte:
Wenn Brahma aus der Lotusblume entstand, dann sollte doch die Lotusblume als Erstgeborene betrachtet werden. Warum gilt jedoch Brahma als Erster? Zerstreue mir bitte diesen Zweifel.
Bhrigu sprach:
Es ist die Erde, die auch Lotusblume genannt wird. Sie wurde geschaffen, um dieser Gestaltung des Manasa, welche zu Brahma wurde, einen Sitz zu geben. Bis zum Himmel reichend, wurde die Samenkapsel dieser Lotusblüte zum Berg Meru. In ihr verweilend, erschuf Brahma, der mächtige Herr des Universums, alle Welten.