Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 160 - Über die Selbstzügelung

Yudhishthira sprach:
Oh Großvater, oh Tugendhafter, was bringt wahrhaft großen Verdienst für eine Person, die aufmerksam die Veden studiert und nach Tugend und Gerechtigkeit strebt? Das, was in dieser Welt zu hohem Verdienst führt, wird in den Schriften verschiedenartig erklärt. Was ist das, oh Großvater, sowohl hier als auch in der kommenden Welt? Der Weg der Aufgaben im Leben ist lang und hat unzählige Zweige, oh Bharata. Welche unter all diesen Aufgaben betrachtest du als besonders beachtenswert? Belehre mich ausführlich, oh König, über das, was so umfangreich und weitverzweigt ist.

Bhishma sprach:
Ich werde zu dir über das sprechen, wodurch du hohes Verdienst erreichen kannst. Du bist mit Weisheit gesegnet und wirst mit diesem Wissen zufrieden sein. Ich werde es dir geben, wie man Nektar trinkt. Die Gebote der Aufgaben, die durch die großen Rishis entsprechend ihrer jeweiligen Weisheit erklärt wurden, sind wahrlich vielfältig. Doch das Höchste unter allen Geboten ist die Selbstzügelung. Die Altehrwürdigen, welche die Wahrheit erkannten, haben erklärt, daß Selbstzügelung zum höchsten Verdienst führt. Besonders für Brahmanen ist Selbstzügelung ewiges Gebot. Durch Selbstzügelung gewinnt man die guten Früchte seiner Taten. Selbstzügelung übertrifft (an Verdienst) Wohltätigkeit, Opfer und Vedenstudium. Selbstzügelung gibt Kraft. Selbstzügelung ist etwas Heiliges, wodurch ein Mensch von seinen Sünden gereinigt wird, seine wahrhafte Energie entfaltet und damit zur höchsten Glückseligkeit gelangt. Wir kennen keine andere Aufgabe in allen Welten, die der Selbstzügelung gleichkommen könnte. Wahrhafte Selbstzügelung ist von allen Tugenden in dieser Welt die Höchste. Durch Selbstzügelung, oh Bester der Menschen, erwirbt man große Tugend und das höchste Glück sowohl in dieser als auch der kommenden Welt. Der selbstgezügelte Mensch schläft glücklich, wacht glücklich wieder auf und bewegt sich glücklich durch die Welt. Sein Geist ist stets heiter. Ohne Selbstzügelung muß der Mensch viel Elend ertragen. Er lädt sich unzählige Leiden auf, die aus eigener Schuld geboren werden. Selbstzügelung gilt in allen vier Lebensweisen als bestes Gelübde.

So werde ich dir jetzt die Merkmale nennen, deren Summe man Selbstzügelung nennt. Vergebung, Geduld, Friedfertigkeit, Unparteilichkeit, Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Sinneskontrolle, Weisheit, Milde, Bescheidenheit, Beständigkeit, Großzügigkeit, Freiheit von Zorn und Böswilligkeit, Zufriedenheit, freundliche Rede und Wohlwollen - die Summe davon ist Selbstzügelung. Sie erscheint sodann als Verehrung der Lehrer und universales Mitgefühl, oh Sohn des Kuru. Der selbstgezügelte Mensch vermeidet sowohl Schmeichelei als auch Verleumdung. Untugend, Schande, Lüge, Sinneslust, Habgier, Stolz, Arroganz, Selbstverherrlichung, Angst, Neid und Verachtung werden vom Selbstgezügelten ebenfalls vermieden. Damit trifft ihn keine Schmach, und er ist frei von Neid. Er sucht keine Befriedigung mehr in den Dingen dieser Welt. Er ist wie der Ozean, der durch die hereinströmenden Flüsse keine Erfüllung erwartet. Der Mensch mit Selbstzügelung wird nicht mehr durch Anhaftungen an die irdischen Dinge gebunden und verliert sich nicht in solch sentimentalen Gefühle wie: „Ich bin dein, und du bist mein! Ihr gehört zu mir, und ich gehöre zu euch!“ Ein Mensch, der diese Methoden der Selbstzügelung in der Stadt oder im Wald annimmt, und weder von Verleumdung noch Schmeichelei überwältigt wird, gelangt wahrlich zur Befreiung. Mit universaler Freundlichkeit, voll tugendhaftem Verhalten, mit heiterer Seele, voller Weisheit und befreit von den vielfältigen irdischen Anhaftungen wird sein Verdienst in der kommenden Welt groß sein. Mit ausgezeichnetem Verhalten, aufmerksamer Pflichterfüllung, Heiterkeit, Gelehrtheit und Selbsterkenntnis wird solch ein Mensch in dieser Welt Ruhm und hohe Verwirklichung in der kommenden erreichen. Alle Taten, die auf Erden als gut betrachtet und von den Rechtschaffenen geübt werden, bilden den Weg der Entsagenden zur Selbsterkenntnis. Ein guter Mensch geht nie von diesem Pfad ab. Und mit reicher Erfahrung im Leben zieht er sich schließlich von der Welt zurück und begibt sich in das Lebensstadium des Waldeinsiedlers. Wer mit völlig kontrollierten Sinnen diesen Pfad geht und, im Innersten gestillt, den Tod erwartet, wird den Zustand von Brahman erreichen. Wer keine Angst mehr vor irgendeinem Wesen hat und vor dem sich kein Wesen mehr ängstigt, dem wird nach der Auflösung seines Körpers auch keine Angst mehr begegnen. Wer sein ganzes Verdienst hingibt, ohne etwas persönlich behalten zu wollen, wer mit dem Auge der Einsicht auf alle Geschöpfe schaut und alles mit universaler Liebe durchdringt, der erreicht wahrlich das Brahman. Wie die Spur der Vögel am Himmel oder der Fische im Wasser, so wird ein solcher Mensch auf Erden keine Spur mehr hinter sich sehen. Für jenen, oh König, der (im Alter) dem Hausleben entsagt und den Weg der Befreiung geht, warten viele lichtvolle Welten in der Ewigkeit. Wer die Anhaftung an alle Taten, an Riten, Buße und die verschiedenen Zweige des Lernens, also praktisch an alle Dinge der Welt aufgeben kann, wer rein und wahrhaft in seinen Wünschen wird, wer von allen Bindungen befreit ist, im Inneren voller Heiterkeit und mit reinem Herzen das Selbst erkennt, der gewinnt höchsten Ruhm in dieser Welt und erreicht den Himmel. Dieser ewige Bereich des Großen Vaters, welcher der vedischen Entsagung entspringt und in der innersten Höhle des Herzens verborgen ist, kann nur durch Selbstzügelung gewonnen werden. Wer Freude an der Wahrhaftigkeit hat, wer erleuchtet wurde und niemals irgendein Wesen verletzt, der hat keine Angst mehr davor, in diese Welt zurückzukehren, und noch weniger Angst vor der jenseitigen Welt.

Selbstzügelung hat eigentlich nur einen Fehler in dieser Welt. Wer sie übt, wird von den Leuten als schwach und dumm betrachtet. Oh Weisheitsvoller, es gibt einen Fehler, aber viele Verdienste. Durch Entsagung kann der selbstgezügelte Mensch unzählige lichtvolle Welten erreichen. Wozu müßte ein Selbstgezügelter noch in die Wälder fliehen? Anderseits, oh Bharata, wessen Nutzen hat die Waldeinsamkeit für einen ungezügelten Menschen? Wo auch immer der Selbstgezügelte lebt, dort ist die Waldeinsamkeit und die heiligste Einsiedelei.

Vaisampayana fuhr fort:
Diese Worte von Bhishma hörend, wurde Yudhishthira höchst befriedigt, als ob er Nektar getrunken hätte. Doch der König wollte noch mehr von diesem Ersten der Tugendhaften (zum gleichen Thema) hören. Und so fuhr der Erhalter des Kuru Stammes fort, ihn voller Freude zu belehren.


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