Vaisampayana fuhr fort:
Auch die Brahmanen wedelten mit ihren Hirschfellen und klapperten mit den Wasserschüsseln aus Kokosnußschalen und riefen: „Fürchtet euch nicht! Wir werden mit dem Feind kämpfen!“ Doch Arjuna sprach lächelnd zu ihnen: „Tretet nur beiseite und schaut zu. Mit hundert gradspitzigen Pfeilen werde ich die wütenden Monarchen aufhalten, wie man Schlangen mit Mantras ablenkt.“ Dann hielt er seinen Bogen fest und stand mit seinem Bruder so bewegungslos wie ein Berg. Und als die wutentbrannten Monarchen mit Karna an der Spitze heranstürmten, griffen die beiden heldenhaften Brüder furchtlos an, wie zwei Elefanten gegen eine ganze Herde anrennen. Die nach Schlacht dürstenden Monarchen erklärten grimmig: „Das Töten eines Brahmanen, der sich den Kampf wünscht, ist erlaubt!“ und griffen an. Karna stellte sich als erster dem Arjuna. Und Shalya, der mächtige König der Madras, suchte mit Bhima das Gefecht, wie zwei Elefanten miteinander ringen, die um eine Partnerin kämpfen. Und Duryodhana und die anderen plänkelten halbherzig ein wenig mit den Brahmanen herum.
Der ruhmreiche Arjuna spannte seinen schweren Bogen und traf Karna, den Sohn der Sonne, mit scharfen Pfeilen. Der heftige Aufprall der scharfen Geschosse betäubte Karna. Doch schon bald setzte er zum Gegenangriff an, und diesmal mit mehr Vorsicht. So begann der unerbittliche Zweikampf zwischen den beiden siegreichen Kriegern. Beide zeigten eine solche Leichtigkeit der Hand, daß sie beide unter all den Pfeileschauern für die Beobachter verschwanden. „Nimm dich vor der Kraft meiner Arme in Acht!“ - „Schau, wie ich dich gekontert habe!“ So flogen die nur für die beiden Helden verständlichen Worte hin und her. Erbost über die ungewöhnliche Kraft und Energie von Arjunas Armen focht Karna mit immer größerer Anstrengung. Als er all die heftigen Pfeile von Arjuna pariert hatte, brüllte Karna laut und wurde von den anderen Kriegern angefeuert. Dann sprach er zu seinem Gegner: „Bester Brahmane, ich achte sehr die Kraft deiner Arme, die keine Müdigkeit in der Schlacht kennen, und deine Waffen, welche würdig sind, den Sieg zu erringen. Bist du die Verkörperung der Waffenkunst, bist du Rama mit der Axt, Indra selbst, oder Indras jüngerer Bruder Vishnu, der auch Achyuta genannt wird, wenn er sich als Brahmane gibt, daß du so hart mit mir kämpfst? Niemand außer Indra selbst, der Gemahl von Sachi, oder Arjuna, der Sohn des Pandu, ist in der Lage, mir standzuhalten, wenn ich zornig das Schlachtfeld betrete.“ Darauf antwortete Arjuna: „Oh Karna, ich bin weder die körperlich gewordenen Waffenkunst, noch Rama mit der übermenschlichen Macht. Ich bin nur ein Brahmane, der das Kriegshandwerk beherrscht. Durch die Gunst meines Lehrers erreichte ich dieses Geschick in den Brahma und Purandara (Indra) Waffen. Ich bin hier, um dich zu besiegen. Du wirst es sogleich erleben, oh Held.“ Als Karna, der von Radha adoptierte Sohn, dies vernahm, trat er vom Kampf zurück, denn er erachtete die Brahma Energie als unbesiegbar.
In der Zwischenzeit rangen in einem anderen Teil der Arena die mächtigen Helden Shalya und Bhima miteinander. Beide waren erfahren im Kampf, mit großer Kraft und trefflichem Können versehen, und gaben sich in nichts nach, wie zwei brünstige Elefanten. Sie schlugen aufeinander ein mit geballten Fäusten und hieben sich mit den Knien. Manchmal schoben sie voran, manchmal zogen sie den anderen zu sich. Mal wurde einer mit dem Gesicht zu Boden geworfen oder auf die Seite, doch keiner gab auf, und sie schlugen immerfort aufeinander ein. Ihre Hiebe waren so hart, als ob zwei Steine aufeinanderprallten, und die Reihen hallten wider vom Geräusch ihrer Schläge. Dann hob Bhima, dieser Erste der Kuru Helden, Shalya auf und wirbelte ihn durch die Luft. Diese Leistung ließ die anderen sehr staunen, obwohl sie Shalya kaum verletzte. Doch als Shalya auf dem Boden landete, und Karna vom Kampf zurücktrat, waren die anderen Monarchen in großer Sorge. Eilig umringten sie Bhima und riefen: „Wahrlich, diese Bullen unter den Brahmanen sind vorzügliche Krieger! Bringt in Erfahrung, aus welcher Familie sie stammen und wo sie leben. Wer kann im Kampf mit Karna bestehen, außer Parasurama, Drona oder Arjuna? Wer könnte sich mit Duryodhana messen außer Krishna, dem Sohn der Devaki, und Kripa? Und wer könnte Shalya im Kampf beikommen, außer den Helden Balarama, Bhima oder Duryodhana? Laßt uns daher vom Kampf mit diesen Brahmanen zurücktreten. Denn wahrlich, Brahmanen sollten immer beschützt werden, egal, wie beleidigend sie sich verhalten. Doch laßt uns herausbekommen, wer diese beiden sind, denn vielleicht kämpfen wir nachher mit Freuden mit ihnen.“
Vaisampayana fuhr fort:
Krishna war nach den beiden Kämpfen zutiefst überzeugt, daß die beiden Kämpfer Kuntis Söhne waren, und sprach mit sanften Worten zu den versammelten Monarchen: „Die Maid wurde rechtens errungen.“ So bewegte er sie, mit dem Kämpfen aufzuhören. Und staunend kehrten die Monarchen in ihre Heimatreiche zurück. Im Davongehen sprachen sie: „Das Fest endete mit einem Sieg der Brahmanen. Die Prinzessin von Panchala wird die Frau eines Brahmanen.“ Bhima und Arjuna hatten es mittlerweile schwer, aus der dichtgedrängten Menge der Brahmanen mit ihren Hirsch- und anderen Tierfellen herauszukommen. Doch auch nach ihrem schweren Kampf mit ihren Gegnern und dem Bad in der Menge, glichen sie dem vollen Mond oder der Sonne, die gerade aus den Wolken auftaucht. Und Draupadi folgte ihnen dicht auf.
Doch Kunti, die schon lange auf ihre Söhne wartete, daß sie von ihrer Almosenrunde zurückkämen, war daheim sehr besorgt. Sie dachte bereits an viele schlimme Dinge, die ihren Söhnen passiert sein könnten. Einmal meinte sie, daß die Söhne Dhritarashtras ihre Kinder vielleicht erkannt und getötet hätten. Dann fürchtete sie sich vor einem grausamen und starken Rakshasa, der mit der Kraft der Täuschung ihre Lieblinge vernichtet hätte. Und sie fragte sich die ganze Zeit: „Wurde der ruhmreiche Vyasa etwa von Irrglauben verwirrt, (daß er uns nach Panchala führte)?“ So ängstigte sich Kunti aus Liebe um ihre Söhne. Dann, in der Stille des späten Nachmittags, trat Arjuna ins Haus des Töpfers ein, wie die wolkenverhangene Sonne endlich hinter den Wolken hervorbricht.