Da schlug Takshaka vor: „Wenn du wirklich jedes Wesen, welches ich gebissen habe, heilen kannst, dann gib diesem Baum das Leben zurück, den ich jetzt beißen werde. Oh Kasyapa, bester Brahmane, ich werde diesen Banian Baum in deiner Gegenwart verbrennen. Versuch dein Bestes, und zeige mir dein Geschick mit den Mantras, von dem du gesprochen hast.“ Kasyapa war einverstanden: „Nun Schlange, wenn du meinst, dann beiß den Baum, oh König der Schlangen. Ich werde ihn trotzdem wiederbeleben.“
Sauti erzählte weiter:
So biß dieser König der Schlangen den Banian Baum. Sofort trat das Gift der ruhmreichen Schlange in den Baum ein, und er verbrannte lodernd. Nachdem er den Baum vernichtet hatte, sprach die Schlange zu Kasyapa: „Nun, Erster der Brahmanen, versuche dein Bestes und gib dem Baum das Leben zurück.“ Tatsächlich war der Baum vom Gift der Schlange völlig zu Asche verbrannt. Doch Kasyapa hob die Asche auf und sprach: „Oh König der Schlangen, werde Zeuge der Macht meines Wissens, welches ich nun an diesem Herrn des Waldes anwende. Unter deinen Augen werde ich ihn wiederbeleben.“ Und dies tat der ruhmreiche und gelehrte Kasyapa mittels seines Wissens (Vidya, das Bewußtsein der Einheit) mit diesem Baum, der zu einem Haufen Asche zerfallen war. Zuerst ließ er den Sproß wachsen, dann gab er diesem zwei Blätter. Dann entstanden der Stamm und die Äste, und nach und nach der vollausgewachsene Baum mit allem Laubwerk. Bei diesem Anblick sprach Takshaka: „Es ist höchst wunderbar, daß du die Wirkung meines Giftes oder das von anderen Schlangen aufheben kannst. Oh du, der du die Askese zum Reichtum hast, welchen Reichtum wünschst du dir, da du zum König gehst? Die Belohnung, die du vom König hoffst zu erhalten, werde ich dir geben, wie schwer es auch sein mag, sie zu gewinnen. So mit Ruhm geschmückt, wie du es bist, wird dein Erfolg beim König umstritten sein, der mit dem Fluch eines Brahmanen belegt und dessen Lebensspanne verkürzt wurde. In diesem Fall würde sich dein strahlender Ruhm, der die drei Welten bereits überspannt, verdunkeln wie die Sonne, wenn die Finsternis sie ihres Glanzes beraubt.“ Kasyapa antwortete: „Ich suche Reichtum. Gib ihn mir, oh Schlange, und ich könnte, dein Gold annehmend, wieder umkehren.“ Und Takshaka: „Oh bester Brahmane, ich gebe dir mehr, als du vom König erwartet hast. Geh nicht dorthin.“
Sauti sprach:
Nach diesen Worten Takshakas setzte sich Kasyapa, dieser beste Brahmane mit großer Kraft und Klugheit, zur Meditation über den König nieder. Und dieser hervorragende Muni erfuhr durch seine Yogakräfte, daß die Lebensspanne des Königs der Pandavas wirklich abgelaufen war. So empfing er von Takshaka so viel Reichtum, wie er begehrte, und kehrte um.
Takshaka eilte nun selbst nach Hastinapura, und erfuhr auf seinem Weg, daß der König achtsam lebte und von giftneutralisierenden Mantras und Medizin beschützt wurde. Da dachte die Schlange nach: „Der König muß von meiner Kraft der Illusion getäuscht werden. Doch welche Mittel soll ich anwenden?“ Da sandte Takshaka einige Schlangen in Gestalt von Asketen zum König, die Kusha Gras, Wasser und Früchte bei sich trugen. Takshaka sprach zu ihnen: „Tretet ihr alle vor den König. Sagt, daß ihr in einer dringenden Aufgabe unterwegs seid, doch zeigt keinerlei Zeichen der Ungeduld, so als ob ihr dem Monarchen nur die Früchte, das Wasser und die Blumen als Geschenk darbringen wollt.“ Und die Schlangen folgten dem Befehl Takshakas und trugen Kusha Gras, Wasser und Früchte zum Monarchen. Der König, dieser Beste der Könige, akzeptierte ihre Gaben, und als ihre Aufgabe getan war, entließ er sie: „Nun zieht euch zurück.“ Nachdem die als Asketen auftretenden Schlangen gegangen waren, sprach der König zu seinen Ministern und Freunden: „Eßt mit mir diese hervorragend schmeckenden Früchte, welche die Asketen gebracht haben.“ Vom Schicksal und vom Fluch des Rishi getrieben, fühlte der König nebst seinen Ministern den Wunsch, die Früchte zu essen. Der König selbst ergriff die eine Frucht, in welcher Takshaka sich versteckte. Als er sie verzehrte, kroch ein häßliches Insekt heraus, oh Saunaka, von kaum wahrnehmbarer Gestalt, mit kupfernem Leib und schwarzen Augen. Der König hob das Insekt hoch und sprach zu seinen Ministern: „Die Sonne geht unter. Ich habe keine Angst mehr vor Gift. Laßt dieses Insekt Takshaka sein und mich beißen, damit meine sündige Tat gesühnt wird und die Worte des Asketen wahr werden.“ Vom Schicksal getrieben stimmten seine Berater zu. Lächelnd setzte sich der Monarch das Insekt auf den Nacken, und lächelnd verlor er seine Sinne, denn seine Zeit war gekommen. Takshaka, der aus der dem König angebotenen Frucht gekommen war, umschlang flugs den Hals des Monarchen. Er stieß einen gewaltigen Schrei aus und biß den Beschützer der Erde.