Pushpak Vishnu PuranaZurück WeiterNews

4.4. Die weitere Geschichte des Ikshvaku Stammes

Parasara fuhr fort:
Die zwei Ehefrauen von König Sagar waren Sumati, die Tochter von Kasyapa, und Kesini, die Tochter von König Vidarbha. Als er jedoch ohne Nachkommenschaft blieb, erbat der König die Hilfe des Weisen Aurva, der ihm den Segen gewährte, daß eine Ehefrau einen Sohn gebären sollte, welcher der Erhalter seines Stammes wird, und die andere sechzigtausend Söhne. Die Wahl überließ er den Frauen. So wünschte sich Kesini den Einen und Sumati die Vielen. Und zur rechten Zeit bekam die Erstere den Sohn Asamanjas, der den Stamm fortsetzen sollte, und Sumati gebar die Sechzigtausend. Asamanjas bekam den Sohn Ansuman. Doch Asamanjas war von Kindheit an sehr unzuverlässig und übelgesinnt. Sein Vater hoffte, daß er sich im Mannesalter bessern würde, aber mußte zusehen, wie er weiterhin voller Untugend handelt, und so wurde er von seinem Vater, dem König Sagar, verstoßen. Doch auch die anderen sechzigtausend Söhne von Sagar folgten im Verhalten ihrem Bruder. Und so wurde der Pfad der Tugend und Gerechtigkeit durch die Söhne von König Sagar in der Welt schwer behindert. Da begaben sich die Götter zum Muni Kapila, der ein Teil von Vishnu war, von jeder Sünde frei und voller Wahrheit und Weisheit. Sie näherten sich ihm mit großem Respekt und sprachen:
Oh Herr, was soll aus der Welt werden, wenn diese Söhne von Sagar weiterhin ungestraft auf jenen untugendhaften Wegen wandeln, die Asamanjas begonnen hatte? Deshalb verkörpere dich zum Schutz der gequälten Welt.

Und der Weise antwortete:
Seid beruhigt, bald werden die Söhne von König Sagar auf ihren Untergang treffen.

Zu dieser Zeit begann König Sagar ein großes Pferdeopfer und ließ das Tier von seinen Söhnen bewachen. Dennoch stahl jemand das Opferpferd und entführte es unter die Erde. König Sagar befahl seinen Söhnen, nach dem Roß zu suchen, und sie verfolgten voller Leidenschaft seine Hufabdrücke bis zu dem Abgrund, wo es in der Erde verschwunden war. Daraufhin begannen sie, sich durch die Erde zu graben, jeder ein Yojana tief. Als sie in Patala, der Unterwelt, angekommen waren, erblickten sie das Pferd, wie es frei herumlief, und sahen in seiner Nähe den Rishi Kapila sitzen, der seinen Kopf in Meditation geneigt hatte und seine Umgebung ebenso hell erstrahlen ließ, wie die herbstliche Sonne von einem wolkenlosen Himmel die Erde erleuchtet. Und sie riefen sogleich:
Das ist der Schuft, der böswilligerweise unser Opfer unterbrochen und das Pferd gestohlen hat! Tötet ihn! Tötet ihn!

Dann stürmten sie mit erhobenen Waffen auf ihn zu. Doch der Muni öffnete nur langsam seine Augen, und von seinem Blick getroffen wurden sie im gleichen Moment durch sein heiliges Feuer zu Asche verbrannt.

Als Sagar erfuhr, daß seine Söhne, die er zur Verfolgung des Opferpferdes ausgesandt hatte, durch die Kraft des großen Rishi Kapila verbrannt worden waren, schickte er Ansuman, den Sohn von Asamanjas, um das Pferd wiederzuholen. Der junge Mann folgte dem Weg in die Tiefe, den die Prinzen gegraben hatten, und kam ebenfalls zu Kapila, vor dem er sich respektvoll verneigte, ihn verehrte und so besänftigte, daß der Heilige sprach:
Geh mein Sohn, und bring das Pferd deinem Großvater zurück. Erbitte auch einen Segen von mir, denn dein Enkel wird den himmlischen Strom (der Ganga) auf die Erde herabbringen.

Und Ansuman erbat sich den Segen, daß seine (sechzigtausend) Onkels, die durch den Zorn des Weisen verbrannt worden waren, trotz ihrer Unwürdigkeit durch seine Gunst zum Himmel aufsteigen mögen. Und darauf antwortete Kapila:
Ich habe dir versprochen, daß dein Enkel die himmlische Ganga auf die Erde herabbringen wird. Wenn ihr Wasser die Knochen und Asche der Söhne deines Großvaters reinigt, werden sie zum Himmel aufsteigen. Denn solcherart ist die Wirkung des Stroms, der von der Zehe Vishnus fließt und alle mit dem Himmel segnet, die darin baden oder gebadet werden. Sogar jene werden den Himmel erreichen, von denen Knochen, Haut, Sehnen, Haare oder andere Körperreste nach dem Tod am Ufer der Ganga zurückgelassen werden.

Nachdem sich Ansuman ehrfürchtig für die Güte des Weisen bedankt hatte, kehrte er mit dem Opferpferd zu seinem Großvater zurück. Und als König Sagar das Roß wiedererlangt hatte, vollendete er sein Opfer, und im liebevollen Gedächtnis an seine Söhne benannte er den Abgrund, den sie gegraben hatten, nach seinem Namen. (Sagar ist noch heute ein Name des Golfs von Bengalen an der Ganga-Mündung, die von den Hindus höchst verehrt wird. Dort liegt auch eine Insel mit gleichem Namen, wo es eine Pilgerstätte des Kapila mit dem Kapila-Muni-Tempel gibt:)

Kapila-Muni-Tempel

Der Sohn von Ansuman war Dilipa, und sein Sohn war Bhagiratha, der die Ganga zur Erde herabbrachte, weshalb sie auch Bhagirathi genannt wird. Der Sohn von Bhagiratha war Sruta und ihm folgten Nabhaga, Ambarisha, Sindhudwipa, Ayutaswa und Rituparna, der Freund von Nala, der im Würfeln höchst erfahren war (siehe auch Nala und Damayanti). Der Sohn von Rituparna war Sarvakama, sein Sohn war Sudasa, und dessen Sohn war Saudasa, der auch Mitrasaha genannt wurde. Als der Sohn von Sudasa eines Tages zur Jagd in die Wälder zog, stieß er auf zwei Tiger, die den Wald aller Hirsche beraubt hatten. Der König tötete mit einem Pfeil einen dieser Tiger. Doch im Moment des Sterbens wandelte sich das Tier in einen fürchterlich aussehenden Rakshasa, und sein Gefährte schwor dem König Rache und verschwand.

Nach einiger Zeit feierte Saudasa ein Opfer, das von Vasishta durchgeführt wurde. Doch als gegen Ende des Ritus Vasishta den Platz verließ, erschien der Gefährte des getöteten Rakshas in Gestalt von Vasishta und sprach zum König:
Jetzt, wo das Opfer beendet wird, sollst du mir Fleisch zum Essen geben. Laß es kochen bis ich zurückkehre!

So angesprochen, zog er sich zurück, verwandelte sich in die Gestalt des Kochs und kochte Menschenfleisch, das er dem König brachte. Der empfing es auf einem goldenen Teller und bot es Vasishta an, als dieser wieder zurückkehrte. Vasishta wunderte sich über das unpassende Angebot des Königs und durch die Kraft seiner Askese erkannte er, daß es sich um Menschenfleisch handelte. Daraufhin erhob sich Zorn in seinem Geist, und er verfluchte den König mit den Worten:
Weil du uns als heilige Männer mit einer solchen Speise beleidigt hast, die man nicht essen sollte, sollst du in Zukunft nach ähnlicher Speise begehren.

Doch der König antwortete dem erzürnten Weisen:
Du warst es doch selbst, der mir befahl, solche Speise für dich zu bereiten!

Und Vasishta fragte erstaunt:
Ich habe es dir befohlen? Wie konnte das sein?

Darauf vertiefte er sich in Meditation und erkannte die Wahrheit. Und wieder zufrieden mit dem König sprach er besänftigend:
Diese Speise, zu der ich dich verflucht habe, soll nicht auf ewig deine Nahrung sein. Nach zwölf Jahren wird der Fluch enden.

Auch der König hatte Wasser auf seine Handflächen genommen und wollte den Muni verfluchen, aber erinnerte sich nun, daß Vasishta sein geistiger Führer war. Auch seine Königin Madayanti ermahnte ihn, wie schlecht es sei, einen heiligen Lehrer zu verurteilen, der ein geistiger Wächter seiner Familie war. So gab er seine Absicht auf. Weil er aber das fluchbeladene Wasser nicht auf die Erde geben wollte, wodurch das Getreide verwelken würde, und auch nicht in die Luft, wodurch die Wolken vergehen und eine Trockenheit kommen würde, warf er es auf seine eigenen Füße. Und durch das Zornesfeuer, das im Wasser war, wurden die Füße der Königs schwarz und weiß gefleckt, und er erhielt darauf den Namen Kalmashapada („mit gefleckten Füßen“). Aufgrund des Fluchs von Vasishta wurde der König jeden Tag zur sechsten Stunde ein Kannibale, wanderte in diesem Zustand zwölf Jahre einsam durch die Wälder und verschlang viele Menschen. Eines Tages traf er auf einen Brahmanen, der gerade seine Frau begattete. Als diese seine schreckliche Form erblickten, waren sie höchst erschrocken und wollten flüchten, aber der königliche Rakshasa hielt den Mann fest. Daraufhin floh auch seine Ehefrau nicht, sondern begann, den Wilden mit ernsthaften Worten anzuflehen, ihren Gatten zu verschonen:
Du, oh Saudasa, bist der Stolz des königlichen Hauses von Ikshvaku und kein bösartiger Rakshasa! Du kennst das Wesen der Frauen, und so ist es ungerecht von dir, meinen Mann zu rauben und zu verschlingen.

Doch alles war vergebens, und unbeeindruckt von ihrem wiederholten Flehen verzehrte er den Brahmanen wie ein Tiger einen Hirsch verschlingt. Daraufhin wurde die Ehefrau des Brahmanen höchst zornig und verfluchte den König:
Weil du auf barbarische Weise das Glück unserer Vereinigung gestört und meinen Gatten getötet hast, sollst du ebenfalls sterben, wenn du dich mit deiner Königin vereinst.

So sprach sie und verbrannte sich selbst in einem lodernden Feuer. Nach Ablauf der zwölf Jahre seines Fluchs kehrte Saudasa nach Hause zurück. Dort wurde er von seiner Ehefrau Madayanti an den Fluch der Brahmanin erinnert, und so enthielt er sich der ehelichen Freuden und blieb entsprechend kinderlos. Schließlich bat er Vasishta um Hilfe und Madayanti wurde schwanger. Doch das Kind kam auch nach sieben Jahren nicht zur Welt, weshalb die Königin ungeduldig wurde und ihren Mutterleib mit einem scharfen Stein öffnete. So wurde das Kind schließlich geboren und bekam den Namen Asmaka („Stein“). Der Sohn von Asmaka war Mulaka, der in jener Zeit, als die Kshatriya Stämme auf Erden (durch Rama mit der Axt) ausgerottet wurden, von mehreren Frauen umgeben und verborgen wurde, weshalb er auch Narikavacha hieß (der Frauen als Rüstung hat). Der Sohn von Mulaka war Dasaratha, sein Sohn war Ilavila, sein Sohn war Viswasaha, und dessen Sohn war Khatwanga, der auch Dilipa genannt wurde und in einem Kampf zwischen Göttern und Dämonen den Göttern half und viele Dämonen vernichtete. Damit hatte er die Gunst der himmlischen Götter erworben, die ihn nach seinem Segenswunsch fragten. Und er sprach zu ihnen:
Wenn ich mir etwas wünschen soll, dann sagt mir, wie lange mein Leben dauern wird.

Darauf antworteten die Götter:
Dein Leben dauert nur noch eine Stunde.

Sogleich begab sich Khatwanga, dem höchste Beweglichkeit gegeben war, in seinem schnellen Wagen hinab in die Welt der Sterblichen. Dort angekommen, betete er:
Bei der Wahrheit, daß mir meine eigene Seele nie lieber war als die heiligen Brahmanen, daß ich nie von der Erfüllung meiner Aufgabe abgewichen bin, und daß ich alle Götter, Menschen, Tiere, Pflanzen und andere Geschöpfe nie als getrennt vom Unvergänglichen betrachtet habe, möge ich mit unbeirrbarem Schritt dieses Göttliche erreichen, über das die heiligen Weisen meditieren!

So betete er und wurde mit dem höchsten Wesen vereint, das Vasudeva ist, mit dieser formlosen und unbeschreiblichen Urgottheit. Damit erreichte er die Einheit, die einst die sieben Rishis mit folgendem Vers vorausgesagt hatten:
Keiner wird wie Khatwanga auf Erden sein, der aus dem Himmel herabkam und noch eine Stunde unter den Menschen lebte. Dann verschmolz er durch Selbstlosigkeit und Erkenntnis der Wahrheit mit den drei Welten.

Der Sohn von Khatwanga war Dirghabahu, sein Sohn war Raghu, sein Sohn war Aja, und dessen Sohn war Dasaratha. Als die vier Söhne von Dasaratha wurde der Gott, aus dessen Bauchnabel die Lotusblume wächst, zum Schutz der Welt geboren, nämlich als Rama, Lakshmana, Bharata und Shatrughna. Rama begleitete noch als Junge den Heiligen Vishvamitra um dessen Opfer zu beschützen und die Dämonin Tadaka zu besiegen. Später tötete er Maricha mit seinen unwiderstehlichen Pfeilen, und auch Suvahu und andere Rakshasas fielen durch seine Waffen. Er erlöste Ahalya allein durch seinen Anblick von ihrer Schuld. Im Palast von Janaka spannte er mit Leichtigkeit den mächtigen Bogen von Maheshvara (Shiva) und gewann als Preis seiner Heldentat die Hand von Sita, der Tochter des Königs, die aus der Erde geboren worden war. Er demütigte den Stolz von Parasurama (Rama mit der Axt), der sich seiner Siege über den Stamm der Haihayas und seiner wiederholten Ausrottung der Kshatriya-Kaste rühmte. Später ging er für seinen Vater folgsam und ohne jegliche Reue über den Verlust seiner Herrschaft in die Verbannung der Wälder, nur von seinem Bruder Lakshmana und seiner Ehefrau Sita begleitet. Dort kämpfte und tötete er Viradha, Khara, Dushan und andere Rakshasas, den kopflosen Riesen Kabandha und auch Bali, den König der Vanars. Danach baute er eine Brücke über den Ozean und besiegte den ganzen Stamm der Rakshasas, um seine Ehefrau Sita wiederzuerlangen, die der zehnköpfiger Rakshasa-König Ravana fortgetragen hatte. Nachdem sie durch das Feuer geprüft und vom Makel ihrer Gefangenschaft gereinigt wurde, und die versammelten Götter ihre unerschütterliche Tugend bestätigt hatten, kehrten sie gemeinsam nach Ayodhya (der Hauptstadt von Kosala) zurück. Bharata wurde zum Herrscher des Landes der Gandharas, nachdem er ihre Heerscharen im Kampf besiegt hatte, und Shatrughna tötete den Rakshasa-König Lavana, der ein Sohn von Madhu war, und regierte danach seine Hauptstadt Mathura. Durch ihre unübertroffene Tapferkeit und Kraft retteten die vier Brüder die ganze Welt aus der Herrschaft bösartiger Dämonen. Schließlich stiegen Rama, Lakshmana, Bharata und Shatrughna wieder zum Himmel auf und wurden von vielen Bewohnen des Landes Kosala begleitet, die diesen Inkarnationen des höchsten Vishnu liebevoll hingeben waren.

Rama und seine Brüder hatten jeweils zwei Söhne. Kusha und Lava waren die Söhne von Rama, Angada und Chandraketu von Lakshmana, Taksha und Pushkara von Bharata, und Suvahu und Surasena (Shatrughati??) von Shatrughna. Der Sohn von Kusha war Atithi und nach ihm folgten in der Stammeslinie Nishadha, Nala, Nabhas, Pundarika, Kshemadhanwan, Devanika, Ahinagu, Paripatra, Dala, Chhala, Uktha, Vajranabha, Sankhanabha, Abhyutthitaswa, Viswasaha und Hiranyanabha, der ein Schüler des mächtigen Yogis Jaimini war und das spirituelle Wissen an Yajnavalkya lehrte. Der Sohn dieses königlichen Weisen war Pushya, und nach ihm kamen Dhruvasandhi, Sudarsana, Agnivarna, Sighra und Maru, der durch die Macht der yogischen Hingabe immer noch im Dorf Kalapa lebt und im nächsten Zeitalter die Kshatriya Kaste in der Sonnendynastie neu gründen wird. Der Sohn von Maru war Prasusruta, und ihm folgten Susandhi, Amarsha, Mahaswat, Visrutavat und Vrihadvala, der im großen Krieg der Bharatas durch Abhimanyu, den Sohn von Arjuna, getötet wurde. Dies waren die ausgezeichneten Könige im Stamm von Ikshvaku. Wahrlich, wer auch immer dieser Geschichte der mächtigen Könige achtsam zuhört, kann von all seinen Sünden gereinigt werden.


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