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Buch 4 - Die Historie der Könige

4.1. Die Söhne des Manu und die Geschichte von Raivata

Maitreya sprach:
Oh ehrwürdiger Lehrer, du hast mir die regelmäßigen und gelegentlichen Riten erklärt, die von allen Rechtschaffenen bewahrt werden sollten, die sich um Hingabe bemühen. So hast du mir auch die Aufgaben der verschiedenen Kasten und Lebensweisen beschrieben. Nun bitte ich dich, mir die Dynastien der Könige zu erklären, welche über die Erde geherrscht haben.

Und Parasara sprach:
Ich werde dir, oh Maitreya, die Geschichte vom Stamm des Manu erzählen, der mit Brahma beginnt und mit vielen tugendhaften, großmütigen und heroischen Königen geschmückt ist. Wer sich täglich an den Stammbaum Manus von Brahma an erinnert, von dem wird gesagt, daß seine Familie nie erlöschen wird. Deshalb höre nun, oh Maitreya, die Abfolge aller Könige dieses Stammes, welche von allen Sünden befreien kann. Aus dem goldenen Ei Hiranyagarbha entstand Brahma als Form des höchsten Brahman, das mit Vishnu und den Rig, Yajur und Saman Veden identisch ist, dieser ersten, ungeschaffenen Ursache aller Welten. Vom rechten Daumen Brahmas wurde der Stammvater Daksha geboren. Dessen Tochter war Aditi, die zur Mutter der Sonne wurde. Der Sohn des Sonnengottes war Manu Vaivaswata, und seine Söhne waren Ikshvaku, Nriga, Dhrishta, Sharyati, Narishyanta, Pransu, Nabhaga, Nedishta, Karusha und Prishadhra. Bevor sie geboren wurden, hatte Manu einen starken Wunsch nach Söhnen und brachte zu diesem Zweck den Göttern Mitra und Varuna ein Opfer dar. Aber die Zeremonie wurde durch eine Unregelmäßigkeit des amtierenden Priesters beeinträchtigt, weshalb eine Tochter namens Ila geboren wurde. Durch die Gunst der beiden Götter bekam sie jedoch ein anderes Geschlecht und wurde ein Mann namens Sudyumna. Später traf ihn dann ein Fluch (von Shiva) in der Nähe der Einsiedelei von Budha, dem Sohn des Mondgottes, wodurch er erneut eine Frau wurde. Budha gewährte ihr Zuflucht, heiratete sie und zeugte mit ihr den Sohn Pururava. Nach dessen Geburt wünschte der berühmte Rishi das männliche Geschlecht von Sudyumna wiederherzustellen und betete dafür zum mächtigen Vishnu, dieser männlichen Form des Opfers, der die Essenz der vier Veden, des Geistes und allem Sein und Nichtsein ist. Und durch seinen Segen wurde Ila noch einmal Sudyumna und zeugte als Mann die drei Söhne Utkala, Gaya und Vinata. Doch weil Sudyumna auch eine Frau gewesen war, wurde er vom väterlichen Erbe des Königreichs ausgeschlossen, und sein Vater (Manu) übergab ihm nach dem Rat von Vasishta die Stadt Pratishthana, während (sein Sohn) Pururava zum König wurde.

Von den anderen Söhnen Manus wurde Prishadhra zu einem Shudra erniedrigt, weil er das Verbrechen begangen hatte, eine Kuh zu töten. Von Karusha stammen die mächtigen Krieger der Karushas ab (die Herrscher des Nordens). Nedishta bekam einen Sohn namens Nabhaga, der ein Vaisya wurde, und die weiteren Söhne seiner Stammeslinie waren Bhalandana, der berühmte Vatsapri, Pransu, Prajani, Khanitra, der höchst tapfere Chakshupa, Vinsa, Vivinsati, Khaninetra, der starke, wohlhabende und tapfere Karandhama, Avikshi und dann Marutta, über den der weithin bekannte Vers gesungen wird:
Nie sah man auf Erden ein Opfer, das dem von Marutta ebenbürtig war. Alle Utensilien waren aus Gold gemacht. Indra wurde von den Trankopfern des Somasaftes berauscht und die Brahmanen mit vorzüglichen Gaben entzückt. Die Windgötter des Himmels waren die Wächter des Opfers, und die versammelten Götter machten ihre Aufwartung.

Marutta war ein umfassender Herrscher. Er hatte einen Sohn namens Narishyanta, und die weiteren Söhne seiner Stammeslinie waren Dama, Rajyavarddhana, Sudhriti, Nara, Kevala, Bandhumat, Vegavat, Budha und Trinavindu. Letzterer hatte eine Tochter namens Ilavila, und auch die himmlische Apsara Alambusha verliebte sich in ihn und gebar ihm den Sohn Visala, der die Stadt Vaishali gründete. Der Sohn dieses ersten Königs von Vaishali hieß Hemachandra, und ihm folgten über die Generationen Suchandra, Dhumraswa, Srinjaya, Sahadeva, Krisaswa, Somadatta mit den zehn Pferdeopfern, Janamejaya und Sumati. Dies waren die Könige von Vaishali, von denen behauptet wird:
Durch die Gunst von Trinavindu waren alle Monarchen von Vaishali langlebig, großmütig, gerecht und tapfer.

Sharyati, der vierte Sohn von Manu, hatte eine Tochter namens Sukanya, die mit dem heiligen Weisen Chyavana verheiratet wurde. Ihr Sohn war der rechtschaffene Anarta, und dessen Sohn war Revata, der über das Land herrschte, das nach seinem Vater Anarta benannt war, und in seiner Hauptstadt Kushasthali wohnte. Der Sohn dieses Königs war Raivata oder Kakudmin, der älteste von hundert Brüdern. Er hatte eine sehr schöne Tochter, die keinen Mann finden konnte, der ihrer Hand würdig war, und so begab er sich mit ihr in das Reich von Brahma, um den Gott zu befragen, wo ein würdiger Bräutigam zu finden sei. Doch als sie dort ankamen, sahen sie die Gandharvas Haha und Huhu vor Brahma singen, und Raivata wartete, bis sie geendet hatten. Dabei vergingen die Jahre und Zeitalter wie kurze Momente. Am Ende des Gesangs verneigte sich Raivata vor Brahma und erklärte sein Anliegen. Darauf fragte ihn Brahma: „Wen würdest du dir als Schwiegersohn wünschen?“ Und der König verneigte sich erneut und zählte ihm verschiedene Personen auf, mit denen er wohlzufrieden wäre. Daraufhin nickte Brahma freundlich mit seinem Kopf und sprach gütig lächelnd:
Von den Genannten sind bereits die dritten oder vierten Generationen gestorben. So viele Jahre sind vergangen, während du unseren Sängern zugehört hast. Auf Erden ist nun das achtundzwanzigste Mahayuga des gegenwärtigen Manus schon fast zu Ende, und das Kalizeitalter hat begonnen. Du wirst deshalb dieses reine Juwel einem anderen Mann schenken müssen, weil alle deine Freunde, Minister, Diener, Ehefrauen, Verwandten, Armeen und Reichtümer schon lange durch die Hand der Zeit weggewischt wurden.

Da wurde der König von Erstaunen und Furcht erfüllt und sprach zu Brahma:
Wenn es so ist, dann sage mir, oh Herr, wem ich diese Jungfrau geben soll.

Und der Schöpfer der sieben Welten, dessen Thron die Lotusblume ist, antwortete voller Güte dem König, der demütig geneigt vor ihm stand:
Das Wesen, dessen Anfang, Mitte und Ende wir nicht kennen, die ungeborene und allgegenwärtige Essenz aller Geschöpfe, dessen wahre und unendliche Natur unergründlich ist - das ist der unvergleichliche Vishnu. Er ist die Zeit, die aus Momenten, Stunden und Jahren besteht und die Quelle fortwährender Veränderung ist. Er ist die universale Form aller Geschöpfe von der Geburt bis zum Tod. Er ist ewig ohne Name und Gestalt. Durch die Güte dieses unvergänglichen Wesens bin ich der Schöpfergott, Vishnu der Erhalter und Rudra der Zerstörer der Welt. Dieses ungeborene Wesen erschafft in meiner Person die Welt, in seiner eigenen Natur erhält er sie am Leben, in der Form von Rudra verschlingt er alle Geschöpfe und mit dem Körper (der Urschlange) Ananta stützt er sie. Personifiziert als Indra und die anderen Götter ist er der Wächter der Menschheit, und als Sonne und Mond beseitigt er die Dunkelheit. Er nimmt die Natur des Feuers an und schenkt Wärme und Wachstum. In Gestalt der Erde ernährt er alle Wesen. In Form des Windes läßt er die Geschöpfe handeln. Als Wasser befriedigt er alle, und als Raum gewährt er allen Dingen ihre Existenz. Er ist sogleich der Schöpfer und das Geschaffene, der Erhalter und das Erhaltene, der Zerstörer und das Zerstörte, aber auch das Unvergängliche jenseits dieser drei Erscheinungen. In ihm ist die Welt, und er ist die Welt. Als Ursprünglicher und Ungeborener durchdringt er alles. Oh König, dieser mächtige Vishnu, der über allen Wesen ist, hat sich als Teil von sich selbst auf Erden inkarniert. Die Stadt Kushasthali, die früher deine Hauptstadt war und der Stadt Indras glich, ist jetzt als Dwaraka bekannt, und dort regiert ein Teil dieser Gottheit in der Person von Balarama (dem älteren Bruder von Krishna). Gib sie diesem Menschgewordenen zur Ehefrau. Er ist wahrlich ein würdiger Bräutigam für diese ausgezeichnete junge Dame, und sie ist eine passende Braut für ihn.

Nach diesem Gebot des lotusgeborenen Gottes, kehrte Raivata mit seiner Tochter zur Erde zurück, wo er erkennen mußte, wie die Menschen an Körpergröße, Kraft und Vernunft abgenommen hatten. Er ging zur Stadt Kushasthali, die er ebenfalls sehr verändert fand, und übergab seine unübertroffene Tochter dem Träger des Pfluges, dessen Brust so schön und leuchtend wie Kristall war. Als Balarama, der die Palme als Symbol auf seinem Banner trug, diese junge Dame von unverhältnismäßiger Körpergröße sah, berührte er sie mit seinem Pflug, so daß sie eine gewöhnliche Größe annahm. Und nachdem Balarama Revati, die Tochter von Raivata, mit den rechten Riten geheiratet hatte, zog sich der alte König in die Berge des Himalayas zurück und beendete seine Tage in frommer Entsagung.


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