Pushpak Vayu PuranaZurück WeiterNews

1.4. Die Schöpfung der Elemente

Als die Heiligen im Naimisha-Wald all das hörten, sprachen sie mit vor Bewunderung großen Augen:
Du, oh Herr, bist ein Kenner der verschiedenen Stämme und Familien, weil du alles direkt von Vyasa empfangen hast. Deshalb beschreibe uns bitte die ganze Schöpfung dieser Welt. Wir möchten ausführlich hören, wie alles entstanden ist, die verschiedenen Schöpfungen der uralten Heiligen und auch die ursprüngliche Schöpfung vom Großen Vater.

Als der hochbeseelte Lomaharshana, der Beste aller Guten, auf diese Weise wiederholt gebeten wurde, erzählte er ausführlich alles in der rechten Ordnung. Und Lomaharshana sprach:
Die Geschichte, über die ihr mich befragt habt, ist heilig, schön, bedeutungsvoll und sündenvernichtend. Was ich erzähle ist voller Wunder, tiefster Bedeutung und im Einklang mit dem Veda. Wer es in Erinnerung bewahrt, immer wieder hört oder den Brahmanen und im besonderen den Einsiedlern mit tugendhaftem und selbstgezügeltem Geist vorträgt, an Feiertagen und an heiligen Orten und Tempeln, der erfreut sich eines langen Lebens. Mit dem Vortrag dieses Puranas bewahrt er seine Familie und wird im Himmel geehrt. So hört nun achtsam das Purana mit ausführlichen Abschnitten, wie ich es selbst gehört habe und nun Wort für Wort vortrage. Möge es zu eurem Wohlergehen erklingen. Die Verherrlichung aller verdienstvollen Personen mit wohlerlangtem Ruhm ist für Reichtum, Ehre, himmlische Freuden und Langlebigkeit förderlich und vernichtet alle Feinde.

Schöpfung, Auflösung und Neuschöpfung, die Stammbäume der Könige, die Manwantaras und die Beschreibung der Familien der Heiligen - diese fünf bilden die Eigenschaften eines Puranas. So werde ich nun ausführlich dieses Purana erzählen, das vom Windgott verkündet wurde und im Einklang mit dem Veda steht. Hört die Geschichte dieses Kalpas (Schöpfungstages), das reiner als alle anderen Kalpas und sogar reiner als alle anderen heiligen Dinge ist. Der erste Abschnitt namens Prakriya (dieses Puranas) behandelt die Schöpfung, Auflösung, Neuschöpfung und Erhaltung der Welt. Die anderen Abschnitte handeln über die Entwicklung (Upodghata), Anhaftung (Anushanga) und Auflösung (Upasamhara). Damit habe ich die vier Abschnitte kurz beschrieben und werde nun in der rechten Ordnung alles ausführlich erzählen. Dieses Purana kann alle Sünden vernichten und wahren Reichtum, Ruhm und Unsterblichkeit gewähren.

Nach der Verehrung des selbstgeborenen Gottes Brahma, dem goldenen Ei Hiranyagarbha, dem Großen Vater und ersten und letzten Purusha, dem Höchsten Selbst aller Wesen, das alle Welten regiert, werde ich nun ausführlich die vorzügliche Schöpfung vom Prinzip des Mahat (der universalen Intelligenz) bis zu den grobstofflichen Elementen und Geschöpfen beschreiben, damit sich alle Zweifel lösen können. Man beschreibt diese Schöpfung der vielfältigen Formen mittels der fünf Elemente und der sechs natürlichen Prinzipien sowie des Purushas (des Höchsten Geistes), der über allem herrscht. Die ungestalte erste Ursache ist von der Natur des Seins und Nichtseins (Sat und Asat) und gilt als ewig. Jene, die über die Realität meditieren, nennen sie Pradhana (Meer der Ursachen) und Prakriti (unentfaltete Natur). Es ist ohne Geruch, Geschmack, Sichtbarkeit, Gefühl und Klang. Es ist ungeboren, beständig, unzerstörbar, ewig und beruht auf seinem eigenen Selbst (Atman). Es ist der Ursprung des ganzen Universums, das große Wesen, das höchste Brahman und das Ewige. Es ist das Unentfaltete und der wahre Urgrund aller Elemente. Es ist ohne Anfang und Ende, ungeboren, subtil und trägt die drei natürlichen Qualitäten. Es ist die Quelle und das unveränderlich Eine. Dieses zeitlose und unbegreifliche Brahman ist der Beginn von allem.

Als die drei natürlichen Qualitäten (die drei Gunas von Sattwa, Rajas und Tamas) im stillen Gleichgewicht waren, war das ganze Universum in Dunkelheit gehüllt und von der Höchsten Seele (dem Atman) erfüllt. Zu Beginn der Schöpfung ließ die Dunkelheit (Tamas) nach, und das Prinzip der universalen Intelligenz (Mahat) erschien aus dem Meer der Ursachen (Pradhana), weil es von der individuellen Seele beherrscht wurde. Sie war umhüllt von dem subtilen und ungestalteten Prinzip der universalen Intelligenz, das voller Güte erscheint, wenn die Qualität der Güte vorherrscht. Diese universale Intelligenz sollte man als den Geist verstehen, denn der Geist ist ihre Ursache. Sie wird aus dem subtilen Geist geboren und vom intelligenten Bewußtsein beherrscht. Das Dharma (Gerechtigkeit oder Weltordnung) und seine verschiedenen Formen sind die Ursachen für die Gestaltung der Schöpfung.

Wenn der Wunsch zur Schöpfung treibt, dann beginnt das Prinzip der universalen Intelligenz (Mahat) die Schöpfung. Die Weisen sagen, daß die Sanskrit-Begriffe Manas, Mahat, Mati, Brahman, Buh, Buddhi, Khyati, Ishvara, Prajna, Chiti, Smriti, Samvit und Vipura im Grunde alle das gleiche bedeuten. Soweit es die Früchte der Taten empfängt, die sich auf subtile Weise vervielfältigen, wird es Manas (Geist bzw. Denken) genannt. Soweit es vor allen anderen Prinzipen geboren wird und größer als alle anderen Prinzipien und Eigenschaften ist, heißt es Mahat (große bzw. universale Intelligenz). Soweit es Maße und Kategorien erfaßt und den Geist meint, der nach Verbindung mit dem Genuß strebt, heißt es Mati (urteilender Verstand). Wegen seiner umfassenden Größe und weil es die Wesen erschafft und aus ihrem Ruheort im kosmischen Meer der Ursachen entstehen läßt, heißt es Brahman. Soweit es alle Körper durch vorteilhafte Eigenschaften bildet und sie mit den fünf Elementen ausstattet, heißt es Buh (Erde bzw. Materie). Soweit es dem Geist gleicht, der das Heilsame von dem Unheilsamen unterscheidet und alles durchschaut, heißt es Buddhi (Vernunft). Soweit man sich im Bewußtsein dieses Prinzips am Wiedererkennen erfreut und diese Erkenntnis auf Wissen basiert, heißt es Khyati (unterscheidendes Wissen). Was durch seine Eigenschaften offenbar wird, kann durch unterschiedlichste Begriffe zu Wissen werden. So wurde auch Khyati (Wissen) ein Ausdruck für Mahat (der universalen Intelligenz). Soweit man etwas direkt (ohne Begriffe) erkennen kann, heißt es Ishvara, die reine Seele als Höchster Herr. Soweit die Sinnesorgane daraus entstehen, heißt es Prajna (Bewußtsein). Soweit es Formen, Wissen usw. ansammelt und sich an den Früchten der heiligen Opfer erfreut, heißt es Chiti (Wahrnehmung). Soweit es sich aller Taten und Gefühle erinnert, woraus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft entstehen, heißt es Smriti (Erinnerung). Soweit es vollkommene Erkenntnis und damit seine wahre Größe erreicht, heißt es Samvit (höchstes Bewußtsein). Es existiert in allem, und alles existiert in ihm. Deshalb wird es von den Weisen mit höherer Intelligenz Samvit genannt. Die Quelle alles Wissens, der allwissende Herr, sagt, daß Wissen aus Wissen entsteht. Und soweit die widerstreitenden Gegensätze daraus entstehen, sprechen die Weisen von Vipura (Intellekt). Weil es der grundsätzliche Herrscher aller Welten ist, trägt es den Namen Ishvara (Höchster Herr), weil es grenzenlose Größe hat, trägt es den Namen Brahman, und weil es existiert, trägt es den Namen Bhava (Existenz). Es heißt Ka („wer“?), weil es sich in Körper und Seele erkennt und doch das Eine ist. Es heißt Purusha (Höchster Geist), weil es in allen Körpern besteht, und Swayambhu (selbstgeboren), weil es aus dem Höchsten Selbst geboren wird und von Anfang an existiert. So wurde das erste Prinzip (des Mahat) durch Synonyme von den Kennern der Wahrheit erklärt, die über die Realität meditierten.

Getrieben vom Schöpfer-Wunsch begann die universale Intelligenz (Mahat) die Schöpfung. Ihre beiden Aktivitäten sind Entschluß und Anstrengung. Dharma und andere Prinzipien sind die Mittel der Schöpfung. Durch die drei natürlichen Qualitäten von Güte, Leidenschaft und Dunkelheit (die drei Guans von Sattwa, Rajas und Tamas) wird die universale Intelligenz dreifach. Von dieser dreifachen Intelligenz wurde das Ichbewußtsein (Ahankara) aus der vorherrschenden Leidenschaft (Rajas) geboren. So ist das Ichbewußtsein die zweite Schöpfung aus der universalen Intelligenz. Als das Ichbewußtsein von der Dunkelheit bzw. Trägheit (Tamas) beherrscht war, wurde das erste subtile Element (der Raum) voller Dunkelheit aus dem Ichbewußtsein geboren. Der Raum war leer, weit ausgebreitet, von der subtilen Eigenschaft des Klangs geprägt und vom kosmischen Ichbewußtsein erfüllt und umhüllt. So entwickelte und verwandelte sich das Ichbewußtsein und schuf den subtilen Klang. Nun sagt man, daß aus dem subtilen Raum mit dem subtilen Klang das subtile Gefühl entstand. Damit wuchs das kraftvolle Wind-Element, dem man die Eigenschaft des Gefühls zuordnet. So wurde aus dem subtilen Gefühl die Kraft des subtilen Windes geboren. Entsprechend umhüllt nun der Raum mit der subtilen Eigenschaft des Klangs das subtile Element (des Windes) mit der Eigenschaft des Gefühls. Auch Vayu, der subtile Wind, verwandelte sich, und daraus entstand das subtile Element des Lichtes bzw. Feuers mit der Eigenschaft der Sichtbarkeit, womit die vielfältigen Formen sichtbar werden. Entsprechend umhüllt das subtile Element des Windes mit dem Gefühl das Feuerelement mit der Sichtbarkeit. Dann wandelte sich das Feuer und erschuf das subtile Element des Geschmacks. Damit entstand aus dem Feuer das Wasser mit der Eigenschaft des Geschmacks. Entsprechend umhüllt das subtile Element der Sichtbarkeit das subtile Wasserelement mit dem Geschmack. Schließlich wandelte sich das Wasser mit dem Geschmack in das subtile Element des Geruchs. Damit entstand aus dem Wasser das Erdelement mit allem Festen. Entsprechend umhüllt das subtile Wasserelement mit dem Geschmack das subtile Erdelement mit dem Geruch. Die subtilen Elemente werden so genannt, weil sie spezielle Eigenschaften haben. Daran kann man sie erkennen. Sie werden aber auch feinstofflich genannt, weil sie ein ununterscheidbares Wesen zum Ausdruck bringen. Als feinstoffliche Elemente erscheinen sie deshalb lebendig und wirksam aber nicht intelligent.

Sobald das Ichbewußtsein vom Einfluß der natürlichen Qualität der Güte (Sattwa) beherrscht wurde, geschah gleichzeitig eine weitere Schöpfung der Umwandlung (Vaikarika). Es entstanden die fünf Sinnesorgane und die fünf Handlungsorgane, die wie zehn Götter erscheinen. Der elfte Gott ist das Denken. So gibt es elf Götter der Wandlung. Ohren, Haut, Augen, Zunge und Nase sind die fünf Sinnesorgane für die Wahrnehmung von Gehör, Gefühl, Gesicht, Geschmack und Geruch. Mund, Hände, Füße, After und Fortpflanzungsorgan gelten als die fünf Handlungsorgane für das Sprechen, Arbeiten, Bewegen, Entleeren und das Glück der Fortpflanzung.

Das subtile Raum-Element mit dem Klang umhüllt und durchdringt das subtile Element mit dem Gefühl. Deshalb besitzt das Wind-Element zwei Eigenschaften, nämlich Klang und Gefühl. Entsprechend durchdringen die beiden Eigenschaften von Klang und Gefühl das subtile Element mit der Sichtbarkeit, und deshalb besitzt das Feuer-Element die drei Eigenschaften von Klang, Gefühl und Sichtbarkeit. Entsprechend durchdringen die drei Eigenschaften von Klang, Gefühl und Sichtbarkeit das subtile Element des Geschmacks, und deshalb besitzt das Wasser-Element vier Eigenschaften. Schließlich tritt das subtile Element des Geruchs unter die Elemente mit Klang, Gefühl, Sichtbarkeit und Geschmack, und das Wasser-Element erzeugt durch das subtile Element des Geruchs die Erde (mit allen grobstofflichen Elementen). Entsprechend besitzt die Erde als einziges unter den grobstofflichen Elementen fünf Eigenschaften. Die grobstofflichen Elemente werden materiell genannt, weil sie zwar höchst wirksam sind, aber leblos und unintelligent erscheinen. Sie stützen und erhalten sich gegenseitig, weil sie sich durchdringen. Innerhalb des (subtilen) Erdelements befindet sich das gesamte Weltall, fest umgeben von Lokaloka. Damit sind die grobstofflichen Elemente begrenzt und können mit den Sinnesorganen wahrgenommen werden. Die später entstandenen Elemente enthalten stets die Eigenschaften der vorhergehenden. Was auch immer für Eigenschaften an den Geschöpfen über eine bestimmte Zeit erscheinen, diese gelten als Eigenschaften des jeweiligen Elements. Wer also aus Unwissenheit einen Geruch im Wind wahrnimmt, sollte erkennen, daß der Geruch nur in der Erde ist, und der Staub der Erde vom Wind getragen wird.

Diese sieben, höchst mächtigen, aber unterschiedlichen Prinzipien und Elemente (die fünf Elemente plus Ichbewußtsein und universale Intelligenz) können getrennt keinerlei Lebewesen erschaffen, sondern nur gemeinsam vereint. Wenn diese Hochbeseelten beginnend mit der universalen Intelligenz bis zu den grobstofflichen Elementen zusammen kommen, erschaffen sie unter der Herrschaft vom Höchsten Geist und inspiriert vom Meer der Ursachen das Welten-Ei. Dieses Ei wird wie eine Wasserblase gleichzeitig mit den grobstofflichen Elementen geboren. Und die große Masse an Wasser darin wurde zum Werk von Brahma. So erwachte der erkennende Geist (Kshetrajna) in Gestalt von Brahma, dem Schöpfergott, in diesem Ei der Natur. Damit ist er in Wirklichkeit das erste verkörperte Wesen und wird auch Purusha (Höchster Geist) genannt. Er ist der ursprüngliche Schöpfer aller Lebewesen. Er besteht von Anfang an und verkörpert sich selbst als viergesichtiger Hiranyagarbha (goldener Embryo oder goldenes Ei). In der ersten und zweiten Schöpfung nennt man diesen erkennenden Geist „Brahma“. Wie andere Lebewesen wird er mit Sinnesorganen erschaffen, welche er während der natürlichen Auflösung wieder verliert. Und nach einer Übergangsphase der Nichtansammlung ergreift er einen neuen physischen Körper. Der goldene Meru ist der Fötus dieses Hochbeseelten, die Ozeane bilden seine Fruchtblase, und die großen Bergketten werden seine Knochen. Die sieben Regionen und diese Erde mit den sieben Inselkontinenten und Ozeanen befinden sich in diesem Welten-Ei. Darin sind alle Welten mit den tausenden großen Bergen und Flüssen und das ganze große Weltall. Der Mond und die Sonne mit allen Sternen und Planeten, die Luft, der Lokaloka Berg (am Ende der Welt) und was auch immer existiert, existiert in diesem Welten-Ei. Das Ei selbst ist vom (subtilen) Wasserelement in zehnfacher Größe umgeben, das Wasser vom Feuer zehnmal größer, das Feuer vom Wind zehnmal größer und der Wind vom Raum zehnmal größer. Der Raum ist vom kosmischen Ichbewußtsein umgeben, das Ichbewußtsein von der universalen Intelligenz und die Intelligenz vom Ungestalteten (dem Meer der Ursachen bzw. Höchsten Geist). So wird das Welten-Ei von sieben Hüllen umgeben, die von der Natur geschaffen wurden. Dadurch überdecken sich diese acht natürlichen Hüllen untereinander (und bauen aufeinander auf). Und wie sie sich bei der Schöpfung gegenseitig überdecken, so gehen sie bei der Auflösung wieder ineinander ein. Wie sie nacheinander entstanden sind, so stützen sie sich auch untereinander, denn das eine beruht jeweils auf dem anderen. Das Ungestaltete (das Meer der Ursachen) wird Feld (Kshetra) genannt, und Brahma gilt als der Feldkenner (Kshetrajna). So wird die ganze Schöpfung der Natur vom Feldkenner beherrscht. Er war bereits am Anfang vor der universalen Intelligenz da und erscheint wie ein Blitz in der Dunkelheit. Wer diese Verkörperung von Brahma grundsätzlich versteht, erreicht Ruhm, Reichtum, Nachkommenschaft und ein langes Leben. Und wenn er noch der Begierde entsagt, wird seine Seele rein und erreicht das Höchste Ziel. Wer also dieses Purana täglich hört, wird mit Glück und Wohlergehen gesegnet.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter