Pushpak Shiva-Purana Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 48 - Sukra verschluckt

Vyasa fragte:
Und was taten nun die Dämonen, nachdem ihr rettender Lehrer verschluckt worden war? Oh bitte erzähl es mir genau.

Sanatkumar gab zur Antwort:
Die Dämonen verloren alle Hoffnung auf Sieg, als ob man stolzen Stieren die Hörner genommen hätte. Sie waren so verloren wie Elefanten ohne Rüssel, Brahmanen ohne die Veden, lebende Wesen, die sich nicht mehr bemühen oder deren Eifer nicht vom guten Schicksal unterstützt wird. Sie verloren ihren Glanz wie liebende Ehefrauen ohne ihre Gatten, waren so wirkungslos wie Pfeile ohne Federn, und so unsinnig wie ein langes Leben ohne verdienstvolle Taten bzw. das Studium der Veden ohne heilige Reinigung. Und sie wurden machtlos wie Krieger ohne Heldentum oder das Ansammeln von Tugend ohne Wahrhaftigkeit. Sie jubelten nicht mehr, ihr Stolz war verraucht, und die Schlacht erschien ihnen sinnlos.

Da sprach König Andhaka zu den Mutlosen:
Ja, als Nandi aus unserer Mitte Sukra entführen konnte, da wurden unsere Körper leblos. Er nahm auch unseren Mut, unser Tapferkeit, allen Ruhm und Glanz mit sich. Schande über uns, da wir unseren einzigen und ruhmreichen Lehrer nicht vor der Gefahr bewahren konnten, der doch den Respekt aller Welten verdient. Doch laßt uns keine Zeit vergeuden. Kämpft gegen die heldenhaften Geister- und Götterscharen, nachdem ihr an die Lotusfüße unseres Lehrers gedacht habt. Wenn ich an meinen Lehrer denke, werde ich sie alle schlagen und allen voran Nandi. Und wenn ich dann noch alle Götter vernichtet habe, werde ich Sukra wieder befreien, wie ein Yogi seine Seele von den Banden ihrer Handlungen befreit. Sukra ist ein famoser Yogi. Wenn er wieder aus Shivas Körper herauskommt, sind wir gerettet.

Die Worte ihres Herrn gaben den Dämonen ihre Tapferkeit zurück. Unter gewaltigem, donnergleichem Kriegsgeschrei riefen sie entschlossen:
Wenn es uns bestimmt ist zu leben, werden die Feinde uns nicht überwältigen. Und wenn es uns nicht bestimmt ist, macht es auch keinen Sinn, vom Kampf zu fliehen und unseren Meister allein zu lassen. Wer seinen Herrn im Stich läßt, um sich Leben und Wohlstand zu sichern, fällt in die Hölle. Wer seinen guten Ruf mit Schande befleckt, weil er sich nur Vergnügen wünscht, der verspielt genau dieses Vergnügen in dieser und der nächsten Welt. Und in der Schlacht wird er sicher fallen. Was sind schon wohltätige Gaben, Askese oder Bäder in heiligen Gewässern, wenn man die Möglichkeit hat, in das heilige Bad des Kampfes einzutauchen, welches die Dunkelheit der Wiedergeburt beseitigen kann?

Das war ihr einheitlicher Beschluß, die Trommeln wurden geschlagen, und alle Muschelhörner und Trompeten bliesen laut. Dann krachten die Waffen aufeinander in mächtigem Tumult und schrecklicher Verwüstung, welche den ganzen Raum zwischen Himmel und Erde ausfüllte. Nicht nur den Feiglingen, nein, auch den Tapferen standen die Haare zu Berge, und beide Armeen nahmen große Verluste in Kauf. Ihnen dröhnten die Ohren vom lauten Gebrüll der Elefanten und dem schrillen Wiehern der Pferde, ihnen schwanden die Sinne vor Schmerzen und tiefen Wunden, sie lagen blutspuckend unter zerbrochenen Wagen und Bannern, die Waffen erschöpft. Schließlich gewannen Nandi und die anderen großen Ganas in Shivas Gefolge die Oberhand und schlugen ihre Gegner vernichtend.

Als Andhaka seine Heere zerschlagen sah, fuhr er selbst auf seinem Streitwagen ins Gefecht und lehrte nun seinerseits die Geisterscharen Shivas das Fürchten. Im Nu wendete sich das Blatt, und die führenden Ganas wie Nandi, Kartikeya und Viraka warfen sich Andhaka entgegen. Von all den Pfeilen und Geschossen, die sie über dem König der Dämonen ausschütteten, wurde Andhaka die Sicht genommen.

Während draußen unter mächtigem Lärm die Schlacht wogte, wanderte Sukra im Leib Shivas umher wie der niemals ruhende Windhauch. Er sah die sieben Welten, auch Brahmas, Vishnus und Indras Reich, sowie die himmlischen Damen und zur selben Zeit die Schlacht, die auf Erden zwischen Dämonen und Göttern stattfand. Für hunderte Jahre wanderte er im Bauch Shivas herum und konnte keinen Ausgang finden, wie eine niederträchtige Person keinen verletzlichen Punkt in einem guten Menschen finden kann. Dann nahm er Zuflucht zum Yoga Shivas, murmelte ein heiliges Mantra und verwandelte sich in Shivas Samen. Da konnte er durch Shivas Penis herauskommen, verbeugte sich in alter Gestalt vor dem Gott, wurde von Parvati als Sohn anerkannt und zum Anführer unter den Ganas ernannt.

Als Shiva den heiligen Sukra auf diesem Weg aus seinem Körper herauskommen sah, lachte er und sprach:
Oh Sohn des Bhrigu, von nun an sollst du Sukra (zuvor auch Bhargava) genannt werden, denn du kamst als Samen aus meinem Penis heraus (sukra = weiß, flüssig, Samen u.v.m). Ich nehme dich als meinen Sohn an. Du kannst nun gehen, wohin es dir beliebt.

Da verbeugte sich der strahlende Sukra vor Shiva und pries ihn wieder und wieder:
Dein Körper, deine Füße, deine Arme und dein Haupt sind grenzenlos. Du bist der Vernichter, der Glück bringt. Du bist es wert, gelobt und geehrt zu werden. Doch wie könnte ich dich angemessen loben bei deiner grenzenlosen Gestalt? Du bist das, was sich alle Götter und Dämonen ersehnen. Dabei bist du das Nicht-Wünschbare und Nicht-Erkennbare. Wie kann ich dich nur angemessen preisen?

Wieder verbeugte er sich viele Male vor Shiva und kehrte zur Dämonenarmee zurück, wie der helle Mond in trübe Wolkenschleier eintaucht. Ja, so war das, als Sukra von Shiva verschluckt wurde. Höre noch das Mantra, welches Sukra im Bauche Shivas sprach.


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