Pushpak Shiva-Purana Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 9 - Tarakas Rede

Da wandte sich Brahma an Kartikeya:
Oh Sohn von Shiva und Parvati, du Herr der Götter, dieser Kampf zwischen Vishnu und Taraka ist sinnlos. Vishnu kann den mächtigen Dämonen nicht töten. Diesen Segen habe ich ihm gewährt. Das ist die Wahrheit. Oh Kartikeya, niemand außer dir kann diesen Sünder schlagen, so folge meinen Worten, großer Herr. Bereite dich auf den Kampf mit ihm vor, du Feindebezwinger, denn du bist der Sohn, der Shiva geboren wurde, um Taraka zu töten. Rette die gepeinigten Götter in dieser Schlacht. Du bist weder ein Knabe noch ein Jüngling, sondern der Herr der Welten. Sieh nur Indra und Vishnu, die Götter und Ganas, wie sie sich plagen. Schlage den Dämon und erfülle die drei Welten mit Freude. Schon einmal wurden Vishnu und die Wächter der Himmelsrichtungen von Taraka besiegt, denn seine Askese verlieh ihm die Macht. Ja, das ganze Universum hat er schon beherrscht, und nur weil du hier bist, kämpften die Götter noch einmal. So töte diesen sündigen Dämon, oh Sohn des Shiva, denn der Segen, den ich ihm gewährte, bestimmt es so.

Lächelnd antwortete Kartikeya:
So sei es.

Entschlossen stieg er vom luftigen Wagen ab und stand fest auf dem Boden. Er packte einen glanzvollen Speer und rannte zu Fuß auf Taraka zu. Dieser sah den sechsköpfigen Knaben wohl und unbewegt sprach der Dämon spöttisch zu den Göttern:
Oh, dieses Kind wird sicher die Feinde töten. Ich werde ihn mit nur einer Hand erledigen und dann eure Krieger, Geister und Götter nebst Vishnu töten.

Sprachs und machte sich für den Kampf bereit. Und wie auch er seinen funkelnden Speer ergriff, da wandte er sich noch einmal an die Götter:
Wie kann es sein, daß ihr den Jungen vor mich stellt? Ihr Götter seid wirklich schamlos, besonders Indra und Vishnu. Wie oft habt ihr beide schon den vedischen Pfad geschändet? Ja, hört nur, ich werde es laut aussprechen:

Vishnu ist hinterhältig, sündig und unzuverlässig. Er hat den Dämon Vali gebunden, indem er mit niederer Absicht einen Trick anwandte. Skrupellos hat er die Dämonen Madhu und Kaithabha geköpft, das entsprach nicht den Veden. Als Götter und Dämonen gemeinsam den Nektar trinken wollten, kam er als verführerische Zauberin und verletzte die Heiligkeit der Gelübde. Auch hier hat er nicht vedisch gehandelt. In seiner Geburt als Rama tötete er eine Frau, die Dämonin Tadaka, und aus dem Hinterhalt schlug er den Vanar Bali. Auch fiel ihm Ravana, ein brahmanischer Nachkomme von Vishrava, zum Opfer. Damit hat er jede Tugend verletzt. Er selbst war so sündig, daß er seine unschuldige Gattin aufgab. Ach, welche Untugend um des eigenen, selbstsüchtigen Endes willen! In seiner Inkarnation als Parasurama hat er seiner eigenen Mutter den Kopf abgehackt und kränkte sogar den Sohn seines eigenen Lehrers (evtl. ist das Abhacken von einem Stoßzahn Ganeshas gemeint, was in einer anderen Version erzählt wird...). Als Krishna verführte er die Ehefrauen anderer und trieb sie dazu, die Tugenden der Familie zu mißachten. Seine eigenen Hochzeiten entsprachen ganz und gar nicht den vedischen Traditionen. In seiner neunten Inkarnation als Buddha verließ er vollkommen den vedischen Pfad und predigte eine neue Philosophie. Wie könnte so einer als trefflicher tugendhafter Mann gelten? Wie könnte einer in der Schlacht siegen, der so voller Sünde ist?

Und Indra, sein älterer Bruder, ist ein noch größerer Sünder. Aus eigenem Interesse hat er viel Unheil angerichtet. Er tötete Ditis ungeborenes Leben, weil er um seinen Status fürchtete. Gautamas Weib hat er schamlos verführt und Vritra, den Sohn eines Brahmanen, getötet. Den Brahmanen Vishvarupa hat er geköpft, einen Neffen von Vrihaspati. Das alles folgt nicht dem vedischen Pfad. Immer wieder begingen Vishnu und Indra solch sündige Taten. Kein Wunder, daß ihr Glanz und ihr Heldenmut nun erschöpft sind. Ihr Götter werdet niemals den Sieg in der Schlacht erringen, wenn ihr euch auf die beiden verlaßt. Warum wollt ihr Narren dann eure Leben opfern? Diese beiden folgen nur ihren eigenen Zielen und kennen keine Tugend. Und ohne Tugend, ihr Götter, ist jeder Ritus leblos. Und jetzt sind sie so unverschämt und überheblich und stellen ein Kind vor mich. Warum? Soll ich jetzt etwa ein Kind töten, so wie die beiden? Laßt den Jungen gehen und rettet sein Leben.

So sprach Taraka zu Indra und Vishnu. Dann wandte er sich an Virabhadra:
Du hast einst beim Opfer des Daksha viele Brahmanen getötet. Ich werde dir heute die Früchte davon zeigen, oh Sündenloser.

Mit diesem Tadel beraubte er sich seines letzten Verdienstes. Dann hob der hervorragende Krieger seinen blitzenden Speer und stürmte den Göttern entgegen. Indra, der vor Kartikeya marschierte, traf Taraka hart mit dem Donnerblitz. Diesmal fiel Taraka schwer getroffen zu Boden, denn ohne Verdienst fehlten ihm Macht und Schutz. Doch sein Zorn loderte heiß, und so erhob er sich schnell und traf Indra auf seinem Elefanten so heftig, daß nun dieser fiel. Als die Götter dies sahen, klagten sie laut und gepeinigt. Und nun höre, wie Taraka ruchlos den letzten Rest von Verdienst verbrauchte und damit sein Ende herbeirief. Er trat nach dem am Boden liegenden Indra mit dem Fuß, entriß ihm den Donnerblitz und schlug ihn damit. Als Vishnu diese Demütigung sah, warf er seinen Diskus nach Taraka. Wieder brach der Dämon unter diesem Schlag zusammen, raffte sich auf und erwiderte den Schlag mit seinem Speer. Unter großem Klagen und Gebrüll der Götter fiel nun auch Vishnu. Während Vishnu schnell wieder aufstand, kam Virabhadra mit hocherhobenem Dreizack herangestürmt und schlug mit großer Kraft und gewandt auf Taraka ein. Wieder fiel Taraka, wieder kam er auf die Beine. Und mit seinem großen Speer traf der Held der Dämonenarmee Virabhadra in die Brust. Ohnmächtig maß Virabhadra seine Länge auf der Erde aus, und die Heerscharen der Götter, Geister, Schlangen und Gandharvas schrien angstvoll auf. Doch ebenso schnell wie sein Gegner erhob sich Virabhadra und packte seinen furchterregenden Dreizack. Dieser strahlte und loderte, erleuchtete die Himmelsrichtungen und hatte einen Lichtschein um sich wie Sonne, Mond und Feuer zusammen. Doch als Virabhadra eben zuschlagen wollte, hielt ihn Kartikeya zurück.


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