Pushpak Shiva-Purana Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 2 - Die Geburt von Shivas Sohn

Brahma fuhr fort:
Als der große, von Wollust freie Yogi dies hörte, hielt er seinen Samen zurück, auch wenn damit der Unmut Parvatis zu befürchteten war. Er kam an die Tür und zeigte sich den leidenden Göttern, denn seinen bittenden Verehrern ist er immer geneigt. Wir Götter waren unendlich froh, ihn zu sehen. Wir verbeugten uns vor ihm und priesen ihn voller Freude.

Wir sagten:
Oh großer Gott, Herr der Götter, du Ozean an Mitgefühl, oh Shiva, du unbewegliche, alles durchdringende Seele. Du weißt alles. Oh Herr, führe das göttliche Werk aus und rette uns Götter. Zeige uns deine Gnade und töte Taraka und die anderen Dämonen, großer Herr.

Shiva gab uns mit bewegter Seele und bedrücktem Geist zur Antwort:
Oh Vishnu, Brahma und all ihr Götter, ihr seid das Ziel eines jeden Gedankens. Was geschehen soll, muß geschehen. Niemand kann es aufhalten. Und es ist bereits geschehen. Doch hört, ihr Götter, was ihr dazu wissen müßt. Möge derjenige, der kann und will, meinen Samen tragen.

Dann entließ er seinen Samen und dieser fiel zur Erde. Die Götter baten Agni und dieser verwandelte sich in eine Taube, welche den Samen in ihrem Schnabel aufnahm. Als Shiva nicht wiederkam, eilte Parvati herzu und sah die Götter. Dann verstand sie, was geschehen war, und wurde sehr, sehr zornig.

Die Göttin rief:
Oh ihr hinterhältigen Götter, ihr seid so selbstsüchtig, daß ihr anderen Schmerz zufügt. Nur, um eure eigenen Zwecke zu verfolgen, habt ihr den Herrn angefleht und mich dabei übergangen. Ihr habt meine Liebe vereitelt und mich zu einer fruchtlosen Frau gemacht. Doch wer mich demütigt, kann niemals glücklich sein, und so sollt ihr Himmelsbewohner erfahren, was es beutet, ohne Frucht zu sein.

Und es raste Parvati, die Tochter des Bergkönigs, vor Wut und verfluchte die Götter:
Von nun an sollen die Ehefrauen der Götter ganz und gar unfruchtbar sein und die Götter unglücklich, die mich übergingen.

Zu Agni gewandt fuhr die Göttin fort:
Und du Feuergott sollst von nun an mit ungesättigter Seele alles verspeisen. Ohne das Wesen Shivas erkannt zu haben, hast du dich in deiner Unwissenheit vorgedrängt, um den Göttern gefällig zu sein. Es wird dir nicht frommen, den Samen Shivas aufgenommen zu haben. Du wirst ihn weitergeben müssen, denn du bist viel zu schwach, um ihn ertragen zu können.

Und unbefriedet wie sie war, kehrte die Göttin mit Shiva in ihr Gemach zurück. Von da an bat sie Shiva unablässig und bekam einen Sohn namens Ganesha, doch diese Geschichte erzähle ich dir später, oh Narada. Nun werde ich fortfahren mit der Geburt von Kartikeya. Da die Götter gewohnt waren, ihren Anteil an den Opfergaben durch das Feuer aufzunehmen, wurden sie alle von dem Samen Shivas schwanger. Doch die Macht dieses Samens war kaum zu ertragen, auch, da Vishnu und die anderen Götter schon von Parvatis Fluch ganz geschwächt waren. Überwältigt und gequält baten sie Shiva um Beistand.

Demütig flehten sie sowohl Shiva als auch Parvati mit ehrfürchtig gefalteten Händen an:
Oh großer Herr, Gefährte der Parvati, Herr der Götter, was ist geschehen? Deinen magischen Mächten kann niemand entfliehen. Wir wurden schwanger und brennen von deinem Samen. Sei uns gnädig gesinnt, oh Shiva. Befreie uns aus unserer elenden Lage.

Sogleich kam Shiva an die Schwelle, an der die Götter warteten. Vishnu und alle anderen verneigten sich demütig und baten erneut:
Oh Shiva, großer Herr, wir verbeugen uns vor dir und suchen bei dir Zuflucht, denn dein Samen quält uns unerträglich. Bitte befreie uns von dem Leiden, sonst sterben wir. Außer dir kann niemand die Qualen der Götter beenden.

Lächelnd und mit der üblichen Sympathie zu seinen Verehrern sprach der Gott der Götter:
Oh Vishnu, Brahma und ihr anderen, hört meine Worte mit Aufmerksamkeit an. Handelt sorgsam, und ihr werdet wieder glücklich sein. Erbrecht meinen Lebenssamen auf mein Gebot hin. Das macht euch froh.

Sofort beugten die Götter ihre Häupter und würgten den Samen hervor, wobei sie an den unvergänglichen Shiva dachten. Goldglänzend fiel der Samen auf die Erde und schien doch gleichzeitig den Himmel zu berühren, so großartig war er. Die Götter fühlten sich befreit und priesen den großen, wohlmeinenden Lord Shiva. Nur Agni war noch nicht froh, und wandte sich bedrückt an Shiva um extra Rat.

Agni bat:
Oh Herr der Götter, ich bin einer deiner unwissenden und trüben Diener. Vergib mir meinen Fehler und vernichte mein inneres Brennen. Oh Herr, denn du bist der Segenspender und fühlst immer mit den Leidenden.

Freudig sprach da Shiva zu Agni:
Es war unangebracht von dir, meinen Samen zu verschlucken. Und daher wurde diese Sünde groß und mächtig, so daß du immer noch leidest. Doch nun hast du bei mir Zuflucht gesucht, und wirst wieder froh sein, denn ich bin mit dir zufrieden. All deine Schmerzen werden enden. Lege den Samen voller Achtung in den Leib einer guten Frau. Dann wird das brennende Gefühl verschwinden, und du wirst wieder froh sein.

Freudig und ehrfurchtsvoll antwortete Agni mit gefalteten Händen und gebeugtem Haupt:
Oh Lord Shiva, dein Glanz ist so unerreicht wie er auch unerträglich ist. Außer Parvati gibt es keine Frau, die in der Lage wäre, deinen Samen in ihrem Leib zu bewahren.

Doch nun sprachst du, oh Narada, auf Bitten Shivas zu Agni, um ihm zu helfen:
Oh Agni, höre meinen Rat, der dein Leiden beenden wird. Es ist auch Shivas Rat. Übergib den Samen den Damen, die im Monat Magha (Januar-Februar) ihr morgendliches Bad nehmen.

Brahma fuhr fort:
Es waren die Ehefrauen der sieben himmlischen Weisen, die im Monat Magha kamen, um mit diversen Riten ihr Bad am Morgen zu nehmen. Sechs von ihnen froren sehr nach dem Bade und näherten sich dem Feuer. Nur die tugendhafte und weise Arundhati erkannte, daß ihre Gefährtinnen von Shiva getäuscht wurden und versuchte, sie davon abzuhalten. Doch die sechs waren stur, setzten sich ans Feuer, und sofort trat der Samen in sie ein. Agni war befreit, verließ als Flamme sogleich den Ort und kehrte freudig und Shiva preisend in sein Reich zurück. Doch nun waren die Frauen schwanger und brannten in der Energie des Samens. Sie kehrten heim, und Arundhati ärgerte sich über das Feuer. Als die Ehemänner erkannten, in welchem Zustand ihre Gemahlinnen waren, wurden sie sehr zornig. Sie berieten sich und trennten sich von ihren Frauen. Diese waren nun noch trauriger, litten Schmerzen und brachten auf dem Gipfel des Himalaya einen Fötus zur Welt, den sie verzweifelt zurückließen. Zumindest waren sie nun von dem Feuer des Samens befreit, welches sogar der Himavat nicht ertragen konnte. Bebend und zitternd warf der Berg das feurige Bündel in die Ganga, wo die Wellen es ans schilfbewachsene Ufer spülten. Endlich wandelte sich der glühende Samen in einen hübschen Jungen voller Glanz, der allen gefiel. Er wurde als Sohn Shivas am sechsten Tag der hellen Hälfte des Monats Margasirsha (November-Dezember) geboren. Zu diesem Zeitpunkt wurden Shiva und Parvati sehr glücklich, und vor lauter Freude strömte aus den Brüsten der Göttin die Milch. Jeder in der Nähe fühlte großes Glück, die Welten erfüllten sich mit Hoffnung und Frohsinn, was die Götter freundlich stimmte und jubeln ließ. Doch die Dämonen und unheilvollen Wesen erfuhren jede Menge Hindernisse und Plagen. Oh Narada, man hörte geheimnisvolle Trommelklänge im Himmel, und Blumenschauer fielen auf den schmucken Knaben herab.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter