Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 27 - Der Asket würdigt Shiva herab

Parvati sprach:
Oh großer Brahmane, so höre denn die ganze Geschichte auch von mir, obwohl meine Gefährtin alles richtig erzählt hat. Ich sage dir die Wahrheit, keine Lüge. Ich bemühe mich um Shiva, in Gedanken, Worten, Taten und in asketischen Härten. Ich weiß, daß es unerreichbar scheint. Doch wie kann ich ihn erlangen? Mein Wunsch treibt mich zu dieser harten Buße.

Dann schwieg Parvati und der Brahmane sagte zu ihr:
Ja, ich wollte wissen, wonach du sanfte Dame dich sehnst. Ich habe es nun von dir selbst erfahren und gehe fort. Handle, wie es dir beliebt. Meinen Rat möchtest du nicht hören, und so hat unsere Freundschaft wenig Sinn. Sei gesegnet und lebe wohl!

Als der Alte sich nun zum Gehen wandte, verbeugte sich Parvati vor ihm und bat:
Oh trefflicher Brahmane, warum gehst du fort? Bleib und gib mir guten Rat.

Da hielt der Brahmane auf seinen Stock gestützt an und sprach:
Wenn du mich mit Demut zum Bleiben bittest und mich wirklich anhören möchtest, dann erkläre ich dir etwas, was dir zur Weisheit gereichen mag. Ich kenne Shiva durch und durch mit all seinen unvergleichlichen Eigenschaften. Ich sage dir die Wahrheit, also lausche aufmerksam.

Der große Herr reitet auf einem Stier, ist mit Asche beschmiert und trägt verfilztes Haar. Er umhüllt sich mit einem Tigerfell und der Haut eines Elefanten. Er hält einen Totenkopf in seiner Hand, während sich Schlangen um seine Glieder winden. Gift hat einen dunklen Fleck an seinem Hals hinterlassen, und er ißt verbotene Nahrung. Seine Augen sind sonderbar, und er ist wahrlich gräßlich. Weder seine Geburt noch seine Abstammung können aufgezeigt werden. Er kennt nicht die Freuden eines Ehemannes und Hausvaters. Er hat zehn Arme, ist überwiegend nackt und wird immer von Gespenstern und Kobolden begleitet.

Was nur ist der Grund, warum du Shiva zum Ehemann begehrst? Oh sanfte Dame, wohin ist deine Weisheit geflohen? Überlege es wohl und sag es mir. Ich weiß eine schreckliche Geschichte über ihn. Wenn du daran interessiert bist, dann werde ich es dir erzählen. Die keusche Sati warb einst um Shiva, und jeder weiß um ihre Verbindung. Ihr Vater Daksha lehnte seine Tochter ab, nachdem sie den Totenkopftragenden geheiratet hatte. Und er verbot Shiva sogar seinen Anteil am Opfer. Darüber hat sich Sati so aufgeregt, daß sie ihr Leben aufgab und damit auch Shiva.

Du bist ein Juwel unter den Frauen. Dein Vater ist der König der Berge. Warum sehnst du dich nach einer solchen Vereinigung und willst sie durch Buße erreichen? Du könntest eine Goldmünze haben, doch du begehrst eine Glasmurmel. Du verschmähst die kostbar duftende Sandelpaste und reibst deinen Körper mit Dreck ein. Das Sonnenlicht verachtend suchst du nach dem kleinen Funken des Glühwürmchens. Du wirfst feine Seide weg und hüllst dich in grobes Fell. Du verläßt dein gemütliches Heim für ein karges Leben im Walde. Oh Dame, du wirfst wahrlich einen Schatz fort und begehrst ein Stück rostiges Metall. Du rennst Shiva hinterher und an den größten Göttern vorbei. Ich kann es nicht anders ausdrücken, als: Es ist gegen die Konventionen dieser Welt. Du mit Augen wie Lotusblüten und Shiva mit seinen drei Augen? Du mit dem Gesicht des Mondes und Shiva mit seinen fünf Häuptern? Auf deinem Kopf schimmert seidenweiches Haar, und Shiva kann nur verfilzte Locken aufweisen. Auf deine Glieder gehört Sandelpaste, während sich Shiva mit Asche vom Verbrennungsplatz einreibt. Deine seidenen Kleider und sein strohiges Fell? Deine himmlischen Ornamente und Shivas zischende Schlangen? Die edlen Götter und die wilde Geisterschar? Der angenehme Klang des Tabor und der seltsame Ton der Damaru Trommel, die feinen Trompeten und sein schreckliches Horn, dein lieblicher Gesang und die Stimme aus seiner rauhen Kehle? Deine Perlenketten und seine Kette aus Totenschädeln? Deine duftenden Salben und seine Asche vom Leichenplatz? Deine Schönheit und seine Häßlichkeit passen einfach nicht zusammen. Er hat keinen Wohlstand, sonst müßte er nicht nackt herumlaufen und auf einem Stier reiten. Er hat ja nicht einmal einen Wagen. Shiva hat nicht eine einzige Eigenschaft, die Frauen gefallen könnte und von einem Bräutigam erwartet wird. Dein Freund Kama wurde von ihm verbrannt. Und er hat dich verletzt, als er dich verließ und verschwand. Er gehört zu keiner Kaste, hat weder Weisheit noch Wissen, seine Gefährten sind Geister, das Gift ist immer noch in seiner Kehle zu sehen. Und er wandelt allein herum, denn er haftet an nichts an. Du solltest deinen Geist nicht auf ihn richten. Oh himmlisch schöne Dame, alles, was euch beide betrifft, wie Aussehen und Gestalt, ist völlig unharmonisch. Ich schätze deinen Entschluß nicht. Doch tu, was du willst. Du hast wohl einen schlechten Geschmack entwickelt, so wende lieber deinen Geist von ihm ab. Und nun handle, wie es dir beliebt.

Als sie diese Worte des Brahmanen angehört hatte, wurde Parvati ärgerlich und gab entsprechend Antwort.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter