Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 26 - Gespräch zwischen Parvati und dem Asketen

Brahma sprach:
Nun wollte auch Shiva die Buße der Göttin prüfen und sie dafür selbst sehen. Mit freudigem Geist nahm er die Gestalt eines sehr alten, brahmanischen Asketen mit verfilzten Locken an (ein Jatila). Er trug einen Schirm, stützte sich auf einen Stock, und sein Körper strahlte. Langsam näherte er sich dem Wald und erblickte die Göttin mit ihren Mägden, so rein wie der Mond. Als Parvati den strahlenden Brahmanen kommen sah, grüßte sie ihn, ehrte ihn mit sorgfältig vorbereiteten Gaben der Gastfreundschaft, und erkundigte sich freudig und respektvoll nach seinen Wohlbefinden.

Parvati sprach:
Wer bist du und woher kommst du, oh gelübdetreuer Brahmane? Du läßt den Wald mit deinem Glanze erstrahlen. Bitte sprich, ob bester vedischer Gelehrter.

Der Brahmane sprach:
Ich bin ein alter Asket und wandere nach Belieben herum. Ich bin weise und kann anderen Glück und Hilfe angedeihen lassen. Doch wer bist du? Und wer sind deine Eltern? Warum folgst du dem Pfad der Askese in diesem einsamen Wald? Deine Enthaltsamkeit kann kein Weiser übertreffen. Dabei bist du weder ein kleines Kind noch eine weise, alte Frau. Du scheinst mir ein blühendes, junges Weib zu sein. Wie kommt es also, daß du dich unter strenger Askese marterst, während du noch nicht verheiratet bist? Oh sanfte Dame, oder bist du die Gattin eines Asketen, der dich nicht mit Nahrung und Unterkunft versorgt, weil er dich verlassen hat? Oh sag mir, was ist dein Ziel? Selig ist dein Interesse an der Askese und selig bist du. Oder bist du die Mutter der Veden, Lakshmi oder Sarasvati? Ich wage es kaum zu raten, wer du bist.

Parvati gab zur Antwort:
Oh Brahmane, ich bin weder Lakshmi oder Sarasvati noch die Mutter der Veden. Ich bin die Tochter des Himavat, und mein Name ist Parvati. Einst wurde ich als Sati geboren, Tochter des Daksha. Mit Yoga Kraft legte ich meinen Körper ab, weil mein Vater meinen Ehemann kränkte. Und in diesem Leben kam Shiva schon einmal zu mir, doch ein ungünstiges Schicksal ließ ihn den Liebesgott verbrennen, mich verlassen und verschwinden. Nachdem er gegangen war, verließ ich schwermütig das Haus meines Vaters, oh Brahmane, um hier am Ufer der heiligen Ganga standhafte Askese zu üben. Schon lange lebe ich enthaltsam, denke nur an ihn und konnte ihn doch nicht erreichen. Tatsächlich wollte ich mich eben dem Feuer übergeben, doch als ich dich sah, unterbrach ich mein Vorhaben, um dich zu ehren. Wenn du nun weitergehst, übergebe ich mich dem Feuer, denn Shiva hat mich in diesem Körper nicht angenommen. In jeder Geburt werde ich mich nur um ihn bemühen.

Der alte Brahmane riet ihr ab, doch Parvati sprang vor ihm ins Feuer. Nur wurden die Flammen kühl und angenehm aufgrund Shivas großer asketischer Macht. Als sie nun ihr Ziel weiterverfolgen wollte, stellte sich der Brahmane ihr in den Weg und fragte sie lachend:
Oh zarte Dame, du scheinst rein gar nichts zu verstehen. Deine Askese ist wunderbar. Dein Körper wurde vom Feuer nicht einmal angesengt. Doch dein Verlangen ist nicht gestillt. Laß mich dein Begehren erkennen, denn ich bin ein Brahmane, der Wohlergehen verleihen kann. Erzähl mir alles genau und der Reihe nach. Wir sind nun Freunde, und du brauchst vor mir nichts geheim halten. Ich sehe schon die Frucht deiner Askese in dir. Und so möchte ich dich fragen: Mit wem genau willst du dich verbinden? Ist deine Buße auf das Höchste gerichtet oder auf etwas anderes? Du hattest schon ein Juwel in der Hand, ließest es los, und nun klammerst du dich an schnöden Tand. Warum verfolgst du deine Buße? Warum verleumdest du deine Schönheit mit Bast und Fell anstelle von angemessener Kleidung und Schmuck? Sag mir den wahren Grund, damit ich, ein Brahmane, zufrieden sein kann.

Auf dieses Drängen bat Parvati ihr Magd Vijaya, dem ehrwürdigen Brahmanen zu antworten. Und diese wußte um alle guten Riten ihrer Herrin und sprach:
Oh heiliger Herr, bitte höre mich an, wie ich dir anstatt meiner Herrin alles über sie erzähle. Meine Herrin ist meine Freundin und die Tochter von Himavat und Mena. Einst wurde sie Kali getauft und ist jetzt auch als Parvati bekannt. Sie ist mit niemandem verheiratet, auch begehrt sie niemanden außer Shiva zum Ehemann. Seit 3.000 Jahren übt sie nun schon Askese, und der Grund dafür ist, daß sie sich mit keinem anderen Gott, sondern einzig und allein mit Shiva verbinden will. Zu Anfang hat sie viele Bäume gepflanzt, und sieh nur, sie sind alle gewachsen und tragen Früchte und Blüten. Die Askese führt meine Freundin auf Geheiß von Narada durch, damit ihre Schönheit nun Früchte trage, ihres Vaters Geschlecht erglänze und der Liebesgott Kama gesegnet würde. Sie widmet ihre Buße dem großen Herrn Shiva. Oh heiliger Asket, wie kann es nur sein, daß ihr Wunsch noch nicht erfüllt ist? Das ist es, wonach sie sich sehnt. Aus Zuneigung habe ich es dir erzählt, denn du wolltest es wissen. Möchtest du noch mehr erfahren?

Wieder sprach Shiva in Verkleidung des alten Asketen lachend:
Ich kann die Worte deiner Freundin kaum glauben. Wenn das wirklich wahr ist, soll die Dame für sich selbst sprechen.

Also ergriff Parvati noch einmal das Wort.


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