Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 22 - Parvatis Buße

Brahma erzählte:
Nach deiner Abreise, oh Narada, war Parvati voller Hoffnung und überzeugt, daß Shiva durch Askese zu erlangen wäre. Und entschlossen zog sie erst ihre Mägde Jaya und Vijaya (weltlicher und geistiger Sieg) ins Vertrauen und sandte diese zuerst zu ihrem Vater, damit er ihre demütige Bitte vernehme.

Die Mägde sprachen zum Himavat:
Oh König, höre durch uns die Worte deiner Tochter. Sie möchte, daß ihre Geburt, ihre Schönheit und die Ehre der Familie Früchte tragen. Und das kann nur durch Buße erreicht werden. Oh bester Berg, gib freundlich deine Zustimmung. Laß Parvati in den Wald gehen und dort enthaltsam leben.

Sorgfältig nachdenkend antwortete der Berg:
Es scheint mir nützlich. Und Menaka sollte es auch gut heißen, denn gibt es einen besseren Weg? Kein Zweifel, daß mein Haus glücklich sein wird. Wenn ihre Mutter auch zustimmt, gibt es nicht Glücksverheißenderes.

So gingen die beiden Dienerinnen zur Mutter, verbeugten sich vor ihr und sprachen voller Respekt:
Oh sanfte Dame, Mutter von Parvati, bitte höre die Bitte deiner Tochter. Verehrung sei dir. Höre uns in Frieden an und handle entsprechend. Um Shiva zu erlangen, wünscht deine Tochter, Entsagung zu üben. Ihr Vater ist einverstanden. Und nun möchte sie auch deine Zustimmung. Oh fromme Dame, sie möchte ihre Schönheit fruchtbar machen. Wenn du einverstanden bist, kann sie mit der Askese beginnen.

Dann warteten die Mägde schweigend auf die Antwort der Königin. Doch Menaka war bekümmert und wollte dem Vorschlag nicht zustimmen. So ging Parvati selbst zu ihrer Mutter, faltete demütig die Hände und dachte an die Lotusfüße Shivas.

Parvati sprach:
Liebe Mutter, ich sollte gleich morgen gehen und mit meiner Buße für Shiva beginnen. Bitte erlaube mir, meine Aufgabe zu erfüllen.

Doch immer noch war Mena voller Sorgen. Sie rief ihre Tochter ganz nah zu sich und sprach zweifelnd:
Ach Tochter, wenn du unruhig bist und Askese üben willst, dann mach es hier und nicht im Wald. Wohin willst du dich wenden? Alle Götter sind hier in unserem Heim, auch alle heiligen Tempel und Orte. Sei nicht stur, liebe Tochter. Du solltest nicht aus unserem Haus gehen. Was war der Lohn, als du letztens den Palast verließest? Und was ist es, was du nun erreichen willst? Liebes Kind, dein Körper ist zart und hart die Askese. Daher führe deine Buße hier aus. Geh nicht fort. Wir haben niemals von einer Frau gehört, die für die Erfüllung ihrer Wünsche in den Wald ging, um Askese zu üben. Bleib also hier, liebe Tochter.

Brahma fuhr fort:
Zwar versuchte die Mutter auf vielerlei Art, ihre Tochter zu überzeugen, doch Parvati fand weder Freude noch Frieden, wenn sie nicht Shiva gnädig stimmen konnte. Seither wird sie Uma genannt, weil ihre Mutter ihr zuerst die Askese verbot (U Ma = Oh nein). Doch als Mena sah, wie Parvati keine Freude kannte, da stimmte sie doch zu. Und Parvati dachte an Shiva, war froh und erleichtert und verließ mit ihren Mägden den Palast. Sie trennte sich von all ihren schönen Kleidern und hüllte sich in Bast und eine Kordel aus Munjagras. Sie legte ihren Schmuck ab und nahm dafür ein Hirschfell als Kleid. Dann ging sie in den Hain, in dem Shiva Askese geübt und Kama verbrannt hatte. Doch ohne Shiva war der Anblick des Waldes eine Qual für Parvati, die Mutter des Universums. Für eine Weile stand sie verloren an dem Ort, an dem Shiva in Meditation versunken gesessen hatte, und der Trennungsschmerz überkam sie erneut. Sie klagte ängstlich und traurig „Weh Shiva“, doch dann unterdrückte sie die Unruhe in ihrem Geist und bereitete sich auf die Rituale der Buße vor.

Sie übte ihre Buße an dem heiligen Ort Sringitirtha, der später nach ihrer Askese Gauri-Sikhara genannt wurde. Im Laufe der Zeit pflanzte Parvati viele schöne und heilige Pflanzen an dem Ort, um den Fortschritt ihrer Askese zu prüfen.

Doch zuerst säuberte sie sorgfältig den Boden, errichtete einen Altar und begann mit einer Buße, die sogar für Heilige schwer zu ertragen war. Mit ihrem Geist zügelte sie ihre Sinne. Im Sommer umgab sie sich mit lodernden Feuern und murmelte beständig ihr Mantra. In der Regenzeit saß sie ununterbrochen auf einem Stein und ließ sich vom Regen durchweichen. Im Winter verweilte sie geduldig und hingebungsvoll im Wasser. Wenn es schneite und des Nachts fastete sie. Und immerzu sang sie das Mantra und meditierte über Shiva, den Erfüller aller ersehnten Wünsche. Täglich wässerte sie die von ihr gepflanzten Bäume und ertrug eisige Winde, kalte Schauer und unerträgliche Hitze mit Gleichmut. Alle Arten von Kümmernissen konnten sie nicht aus der Ruhe bringen. Sie konzentrierte sich einzig und allein auf Shiva, und so blieb ihr Geist standhaft und gezügelt.

Im ersten Jahr ernährte sie sich von Früchten, im zweiten von Blättern, und nach vielen Jahren verzichtete sie sogar auf die Blätter und aß gar nichts mehr, so vertieft war sie in ihre Buße. Da nannten sie die Götter Aparna (blattlos). Dann stand Parvati auf einem Bein, immerzu an Shiva denkend und sein Mantra murmelnd. Mit ihren verfilzten Haaren, der dürftigen Kleidung aus Bast und der harten Askese übertraf sie sogar heilige Weise. 3.000 Jahre vergingen so für Parvati und ihre völlige Hingabe an die Enthaltsamkeit.

Einmal ging sie genau an die Stelle, an der Shiva für 60.000 Jahre meditiert hatte, und dachte bei sich:
Weiß der höchste Herr nichts von meiner Askese? Warum zeigte er sich nicht? In den Veden und allen Schriften wird Shiva von den Weisen als Verleiher von Wohlstand, allwissend, alldurchdringend und alles beherrschend besungen. Der Herr verleiht alle Früchte, gestaltet alle Gefühle, erfüllt alle Sehnsüchte seiner Verehrer und zerstreut alle Sorgen. Wenn ich dem Herrn mit dem Bullen im Banner hingegeben bin und alle Begierden abwerfe, dann möge er mit mir zufrieden sein. Wenn ich das fünfsilbige Mantra unaufhörlich wiederhole, möge er mit mir zufrieden sein. Wenn ich seine Verehrerin bin ohne jede Ablenkung, dann möge er mit mir zufrieden sein.

So überlegte Parvati häufig, verfolgte ihre Askese mit gesenktem Haupt, und hielt sowohl ihren Körper als auch ihren Geist beständig. Ihre Askese war so hart, daß die Menschen ganz erstaunt waren. Sie kamen, um ihre Buße zu schauen, erachteten sich als gesegnet und lobten ihre Mühe:
Dem Verhalten der Tugendhaften zu folgen, führt zu wahrer Größe. Buße kennt keine Grenzen, und Tugend sollte immer geehrt werden, wenn man weise ist. Wer von der Askese dieser Dame gehört hat, fragt sich, welche Askese ein Mann machen sollte. Nie gab es größere Enthaltsamkeit und wird es auch nicht geben.

So priesen sie Parvati und kehrten freudig in ihre Heime zurück. Selbst Menschen von starker Statur lobten ihre Buße. Und höre, oh Narada, was es noch für eine erstaunliche Wirkung von Parvatis Buße gab. Rings um ihre Einsiedelei vertrugen sich alle Tiere, auch diejenigen, die von Natur aus Feinde waren. Löwen und Kühe liebten einander und verloren Haß und Furcht - so mächtig war Parvatis Askese geworden. Geborene Feinde wie Katzen und Mäuse zeigten keine Aggression mehr, und die Bäume, Büsche und Blumen blühten und trugen Früchte in Menge. Der ganze Wald war so schön wie der Kailash als Ergebnis ihrer Buße.


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