Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 19 - Kama wird verbrannt

Da fragte Narada:
Oh seliger Brahma, was geschah dann? Oh erzähl weiter, denn die Geschichte verbrennt alle Sünden.

Brahma sprach:
Nun mein Lieber, höre, was als nächstes geschah. Aus Liebe erzähle ich dir vom Wirken Shivas, das große Freude bringt. Als er die Zerstreuung seiner Konzentration bemerkt hatte, überlegte der Yogi staunend:
Wie kam es, daß ein Hindernis in meiner Askese auftauchte, während ich meditierte? Wer könnte diese hinterhältige Person sein, die meinen Geist verwirren wollte? Mit Begehren sprach ich auf schlechte Weise über eine Frau und verstieß dabei gegen die Tugend und die Zügelung der Veden.

So blickte Shiva, der große Yogi und das Ziel aller Guten, um sich, denn ein Verdacht hatte sich in ihm erhoben. Sogleich sah er Kama an seiner linken Seite stehen, einen Blumenpfeil auf dem voll gespannten Bogen und so überheblich in seiner Macht, daß er keine Vernunft erkennen ließ. Als Shiva Kama in dieser Gesinnung sah, erhob sich sofort Zorn in der Höchsten Seele. Und Kama, der hoch in der Luft stand, entließ auch noch zielsicher den Pfeil auf Shiva. Doch diesmal blieb die unfehlbare Waffe völlig wirkungslos. Still und friedlich gab sie sich im Angesicht des großen Herrn. Kama begann ernüchtert und ängstlich zu zittern, als er erst seine bedeutungslose Waffe und dann Lord Shiva ansah. Er dachte an Indra und die anderen Götter, welche sofort erschienen, sich vor Shiva verneigten und ihn priesen. Doch eine fürchterliche Flamme schoß aus Shivas drittem Auge hervor, ballte sich vor seiner Stirn, stieg erst gen Himmel, fiel dann zur Erde herab und rollte hin und her. Und bevor die Göttern bitten konnten: „Vergib ihm, entschuldige sein Verhalten...“, da hatte das grelle Feuer Kama schon zu Asche verbrannt.

Die Götter fühlten großen Kummer, weinten und klagten laut, und waren völlig aufgeregt. Parvati kehrte bleich und zitternd mit ihren Dienerinnen in den Palast ihres Vaters zurück. Und Rati, die geliebte Gattin Kamas, fiel verzweifelt und wie tot zu Boden. Als sie nach einer Weile aus ihrer Ohnmacht erwachte, weinte sie laut und klagte traurig:
Was soll ich tun? Wohin mich wenden? Was taten die Götter nur, daß mein geliebter Gatte zum Opfer wurde? Sie riefen ihn her und vernichteten ihn. Oh Kama, mein Herr, du bist mir lieber als mein Lebensatem, du Spender aller Freuden, was ist nur geschehen? Weh mein Geliebter!

Brahma fuhr fort:
Sie schrie und jammerte, schlug sich mit den Fäusten auf die Brust, stampfte mit den Füßen und riß sich die Haare aus in ihrer Verzweiflung. Kein Wesen des Waldes, und schien es auch gänzlich ohne Leben zu sein, weder Busch noch Baum konnte sich ihren Klagen entziehen, und alles wurde traurig.

Doch die Götter nebst Indra dachten an Shiva und trösteten Rati:
Nimm etwas von seiner Asche und bewahre sie gut. Gib dir Mühe und zügle deine Furcht. Der Herr wird deinen Geliebten wieder zum Leben erwecken. Du wirst wieder mit ihm vereint sein. Niemand gibt uns Elend oder Glück. Wir alle erleben die Früchte unserer Taten. Vergebens fluchst du den Göttern.

Nachdem Rati ein wenig beruhigt war, traten die Götter vor Shiva und sprachen demütig zu ihm:
Oh Herr, großer Gott, der du immer denen geneigt bist, die dich bitten, bitte höre unsere wohlgemeinten Worte. Oh Shiva, sei besänftigt, und bedenke die Taten Kamas. Da war kein Hauch von Egoismus in dem, was Kama tat. Er wurde von uns gebeten, denn wir Götter leiden sehr unter dem Dämonen Taraka. Bitte erkenne, das es nicht anders war. Oh Herr, die treue Rati ist nun einsam und elend. Sie versinkt im Kummer, bitte tröste sie. Hast du im Zorn Vernichtung im Sinn? Ratis Trauer und Kamas Ende lähmt alle Götter, so bitte zerstreue ihren Kummer.

Als er ihnen zuhörte, war Shiva wieder zufrieden, und er antwortete den Göttern:
Hört mir aufmerksam zu, ihr Götter und Weisen. Was in meinem Zorn geschah, kann nicht verändert werden. Der Gott Kama, der Ehemann der Rati, soll solange körperlos bleiben, bis sich Vishnu als Krishna auf Erden verkörpert und Rukmini heiratet. Krishna wird mit Rukmini einen Sohn bekommen, wenn er nach Dwaraka geht und eine Familie gründet. Dieser Sohn wird Kama sein und Pradyumna genannt werden. In frühester Jugend wird ihn der Dämon Sambara entführen, ins Meer werfen und ihn törichterweise für tot halten. Bis dahin sollte Rati in Sambaras Stadt weilen, denn nur so wird sie ihren Ehemann als Pradyumna wiedergewinnen. Pradyumna wird den Dämonen Sambara töten, seine Gattin Rati zurückbekommen und glücklich sein. Mit Sambaras Schätzen wird er nach Dwaraka heimkehren und seine Gemahlin mit sich nehmen. Dies ist die Wahrheit.

Nach diesen Worten Shivas seufzten die Götter erleichtert auf. Freudig falteten sie ihre Hände und ehrten sich verbeugend den Herrn:
Oh großer Herr, du Gott der Götter, du Ozean an Gnade, bitte gib Kama schnell sein Leben wieder und rette das Leben von Rati.

Dies nun erfreute Lord Shiva außerordentlich, und er sprach entzückt:
Ihr Götter, ich bin hoch erfreut. Ich werde Kama in mir wiederbeleben. Er wird einer meiner Geister sein und sich vergnügen. Oh ihr Götter, diese Geschichte sollte unser Geheimnis bleiben. Kehrt nun in eure Regionen zurück, und ich sorge für das Ende eures Kummers.

Brahma sprach:
Und während ihn die Götter noch priesen, verschwand Rudra vor aller Augen. Die Götter waren wieder froh, und alle ihre Sorgen waren verflogen. Noch einmal verneigten sie sich vor Shiva, trösteten Rati mit Shivas Nachricht und kehrten in ihre Heime zurück. Und Rati begab sich in die genannte Stadt und wartete auf die Begebenheit, von der Shiva gesprochen hatte.


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