Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 8 - Gespräch zwischen Narada und Himavat

Da fragte Brahma:
Erinnerst du dich noch, on Narada, wie du einst von Shiva gesandt voller Liebe Himavat besuchtest? Du bist ein wahrer Kenner des himmlischen Wirkens Shivas, und als er dich sah, verbeugte sich der König der Berge vor dir, ehrte dich, rief seine Tochter herbei und bat sie, sich vor dir niederzuwerfen. Dann verbeugte er sich nochmals, legte die Hände ehrend aneinander und sprach pflichtbewußt zu dir:
Oh weiser Narada, du Wissender, bester Sohn Brahmas und hoher Herr, du bist allwissend, mitfühlend und immer hilfsbereit. Bitte lies für meine Tochter die Zeichen, und sage mir, was sie Gutes und Schlechtes zu erwarten hat. Wessen geliebte Gattin wird meine Tochter einmal werden?

Du, oh Narada, kamst seiner Bitte gerne nach. Du schautest die Handflächen von Parvati an, auch ihre Glieder und Miene, denn du bist weise und weißt vieles. Und gewandt gabst du zur Antwort:
Oh Mena und Himavat, eure Tochter zeigt alle glücksverheißenden Zeichen. Sie wird an Glanz wachsen wie der Mond. Ihren Ehemann wird sie erfreuen und ihren Eltern Ruhm bringen. Sie wird eine große, tugendhafte Dame sein. Sie wird jedem Glückseligkeit gewähren. All diese guten Zeichen sehe ich in ihrer Hand. Doch es gibt auch eine außergewöhnliche Linie hier. Höre, König der Berge, wie ich sie dir deute. Ihr Ehemann wird ein nackter Yogi ohne alle Qualitäten sein. Er ist von Lust befreit, hat weder Vater noch Mutter, und Ehre und Ruhm bedeuten ihm nichts. Sein Aussehen und sein Betragen werden ganz unvorteilhaft erscheinen.

Als die Eltern diese Worte hörten, nahmen sie sie sehr ernst und waren verstört. Doch Parvati schlußfolgerte, daß deine Worte auf Shiva gemünzt waren, und ihre Freude kannte keine Grenzen. Und da sie annahm, daß deine Worte niemals falsch sein würden, kehrte in ihr Herz eine tiefe und demütige Liebe für Shiva ein.

Ihr Vater Himavat bekümmerte sich allerdings sehr und erkundigte sich bei dir:
Oh Narada, geht das zu vermeiden? Du Weiser, was soll ich tun? Weh, das ist ein großes Elend.

Doch du ermuntertest Himavat mit lieben Worten und sprachst tröstend:
Oh Herr der Berge, höre freundlich auf meine Worte, denn sie sind wahr. Sie können nicht falsch sein. Denn die Linien in der Handfläche kommen von Brahma, und daher stimmen sie immer. Es gibt keinen Zweifel, daß ihr Ehemann solch eine Person darstellt. Doch höre, was zu tun ist, damit du wieder froh wirst. Der Bräutigam ist Shiva, der spielerisch einen Körper annahm. In ihm sind alle schlechten Eigenschaften ebenso latent wie die guten. Doch in einer herrschaftlichen Person führt ein Fehler nicht zum Leiden, wie in unwissenden Menschen. Beispiele dafür sind die Sonne, das Feuer oder die Ganga. So gib deine Tochter dem Shiva zur Ehefrau. Das ist ein weiser Schritt. Shiva ist der einzige Herr, unveränderlich, ohne Verwirrung und aller Zuflucht würdig. Durch Enthaltsamkeit ist er schnell besänftigt, und so wird er sie bestimmt annehmen. Er ist die beste Wahl in jeder Hinsicht, denn ihn schlägt nicht mal der himmlische Donnerblitz. Er ist der Herr von allem, auch Brahma und den anderen Göttern.

Und weiter sprachst du zum Herrn der Berge, ihn besänftigend und erfreuend:
Oh Himavat, deine Tochter wird die Gattin Shivas und für immer sein Liebling sein. Sie wird eine tugendhafte Dame mit guten Riten werden und die Freude ihrer Eltern vermehren. Wenn sie Askese übt, wird sie Shivas Geist an sich binden. Und er wird niemals eine andere heiraten. Eine Liebe wie zwischen diesen beiden gibt es nirgendwo anders, weder in der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft. Oh bester Berg, das Paar wird das göttliche Werk vollbringen. Sie werden denen Leben geben, die ihren letzten Atemzug getan haben. Wenn sich die beiden wieder begegnen, wird Glückseligkeit sein. Shiva wird das Männliche und das Weibliche in sich vereinen, indem er deine Tochter in seinen Körper aufnimmt. Ja, deine Tochter wird zur Hälfte Shiva sein, wenn sie ihre Askese vollbracht und ihn damit erfreut hat. Außerdem wird sie den Glanz des Goldes ausstrahlen, als Svarnagauri (oder Gauri) bekannt werden und ein so reines Antlitz haben wie die helle Sonne (svarna = gold, gauri = schön). Und Vishnu, Brahma und die anderen Göttern werden sie besonders achten. Du sollst sie keinem anderen geben. Oh König der Berge, dies ist ein Geheimnis der Götter, und niemandem sonst sollte es bekannt sein.

Da antwortete dir der König der Berge gewandt:
Oh kluger und weiser Narada, ich muß dich etwas fragen. Bitte höre mich liebevoll an und kläre meine Zweifel. Wir haben gehört, daß der große Gott mit vollkommener Selbstzügelung keine Anhaftung kennt. Er ist völlig in Askese versunken und sogar außer Reichweite der Götter. Oh himmlischer Weiser, er geht den Pfad der Meditation. Wie wird er seinen Geist vom höchsten Brahman abziehen? Dazu plagt mich ein großer Zweifel. Das hohe Brahman ist groß, unvergänglich, wird Sadashiva genannt und kennt keine Verwirrung des Geistes. Es ist jenseits der Qualitäten, hat kein Begehren und keine Merkmale. Seine Schau geht nach innen und nicht nach außen. Das haben wir von den Kinnaras gehört, die oft hierherkommen. Kann das denn unwahr sein? Und außerdem wurde uns erzählt, daß Shiva einst Sati einen Schwur leistete. Er versprach ihr: „Oh Sati, meine Geliebte, ich werde niemals eine andere Frau zur Gattin nehmen als dich. Ich sage die Wahrheit.“ Das hat er ihr geschworen, doch nun ist sie tot. Wie kann er nun eine andere Frau heiraten?

Nach diesen Fragen wartete der König der Berge schweigend auf eine Antwort. Und du enthülltest ihm die Wahrheit:
Oh Himavat, du Kluger, mach dir keine Sorgen. Deine Tochter Parvati war einst Sati, die Tochter Dakshas. Ja, Sati heiratete damals Rudra, und legte dann zürnend ihren Körper ab, weil ihr Vater sie und Shiva mißachtete. Doch nun wurde sie wiedergeboren, in deinem Haus und als Parvati. Es gibt keinen Zweifel daran, daß sie Shiva heiraten wird.

Brahma fuhr fort:
Als du all diese Details dem König der Berge erklärtest, wurde Parvatis Freude immer größer, und auch ihre Eltern haderten nicht länger mit dem Schicksal. Parvati verbeugte sich schüchtern vor dir, doch ihr Lächeln ließ ihre Schönheit erst recht erstrahlen. Ihr Vater streichelte sie zärtlich, küßte ihr Haupt und hob sie auf seinen Sitz. Und freudig sprachst du zur ganzen Familie:
Oh König der Berge, sie wird sogar einen noch besseren Thron bekommen, als diesen hier, denn Shivas Oberschenkel wird ihre Bleibe sein. Und wenn sie auf seinem Schoß sitzt, dann geht deine Tochter in eine Welt ein, die weder Augen noch Gedanken erreichen können.

Nach diesen Worten begabst du dich zum Himmel, oh Narada, und ließest Himavat in großer Freude in seinem Palast zurück.


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