Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 36 - Gespräch zwischen Vishnu und Virabhadra

Brahma fuhr fort:
Indra jedoch spottete über Vishnu, der ganz in seine Gedanken vertieft war. Er war bereit, mit seinem Donnerblitz gegen Virabhadra zu kämpfen, und auch die anderen Götter standen bereit und wachsam: Indra auf seinem Elefanten, Agni auf seiner Ziege, Yama auf seinem Büffel, Nirriti auf einem Geist, Varuna auf seinem Krokodil, Vayu auf seinem Hirsch und Kuvera saß in seinem Wagen Pushpak. Auch die übrigen mächtigen Götter, Yakshas, Charanas und Guhyakas erklommen ihre Reittiere oder Wagen und machten sich bereit zum Kampf. Daksha schoß vor Aufregung das Blut ins Gesicht. Mit seiner Gattin trat er vor die Götter und rief:
Da ich einzig von eurer Kraft und Macht abhänge, begann ich dieses großes Opfer. Solch strahlende Wesen wie ihr seid die Garantie für jedes gute Unterfangen.

Nach diesen Worten Dakshas stellten sich die Götter mit Indra sofort den Anhängern Shivas. Und vollends verblendet von Shivas Maya kämpften sie mit ganzer Kraft. Was für eine große Schlacht begann nun, als die Kämpfer mit ihren Waffen aufeinanderprallten! Muschelhörner wurden geblasen und Trommeln geschlagen und ermutigten die Götter, gegen die Geisterwesen Shivas einen vernichtenden Schlag zu führen. Bhrigus Mantras machten sie stark, denn der wollte das Opfer fortführen und Daksha gefallen. Doch als Virabhadra sah, wie seine Heere zerschlagen wurden, erhob sich in ihm der kämpferische Zorn. Er bat die Kobolde und Geister, sich zurückzuziehen, und die auf den Stieren reitenden Krieger rückten in die erste Reihe vor. Mit ihnen warf sich Virabhadra nun in die Schlacht. Mit ihren Dreizacks und anderen Waffen schlugen sie die Götter, Yakshas und Guhyakas, so daß jene taumelnd sogar bis in den Himmel flohen, wenn sie nicht zuvor von scharfen Waffen gespalten wurden. Nur die Wächter der Himmelsrichtungen hielten nach dem Ansturm noch die Stellung, allerdings mit wenig Mut.

So begaben sich Indra, Varuna, Kuvera und Yama schnell zu Vrihaspati und erkundigten sich bei ihm:
Oh teurer Lehrer, du Kluger und Mitfühlender, sag uns schnell, wie wir siegreich sein können.

Vrihaspati erinnerte sich jedoch an Shiva, und sprach zu den verwirrten und bestürzten Wächtern der Himmel:
Oh Indra, was Vishnu vorausgesagt hat, ist nun eingetreten. Ich werde es euch genauer erklären. Hört mir aufmerksam zu. Die über alle Opfer herrschende Gottheit verteilt die Früchte eines jeden Opfers in Verehrung für den Opfernden. Doch sie ist nicht unabhängig vom Opfernden. Weder Mantras noch heilende Kräuter, schwarze Magie oder weltliche Aktivitäten, die heiligen Texte der Veden noch die verschiedenen Systeme der Philosophie können Shiva vollkommen erkennen. Das wissen wir seit Urzeiten. Lord Shiva kann nicht vollständig erkannt werden, allerdings erfahren ihn diejenigen, die ihm ganz und gar hingegeben sind. Ohne Hingabe sind da sämtliche Veden nutzlos. Sadashiva wird nur durch seinen eigenen Segen erkannt, wenn der Geist ruhig ist und die Schau ohne Ablenkungen und Störungen.

Doch in der Sache, was nun getan werden sollte oder nicht, erkläre ich euch den Teil über die Erfüllung von Wünschen. Hört mir zu in eurem eigenen Interesse. Es war kindische Narretei, die euch hier bei Dakshas Opfer anwesend sein ließ. Wozu nun euren Heldenmut herauskehren? Diese stürmischen Anhänger Shivas kamen, um das Opfer aufzuhalten, und dies werden sie unzweifelhaft tun. Es gibt kein Mittel, sie davon abzuhalten. Ich sage euch die Wahrheit.

Nach diesen Worten wurden Indra und die anderen Himmelswächter nachdenklich. Und Virabhadra, der immerzu an Shiva dachte, wandte sich von seinen heldenhaften Kriegern umgeben an die vier Götter:
Ein wirrer und kindischer Geist verleitete euch zu dieser glorreichen Tat. Ich werde euch nun bekämpfen. Kommt her zu mir. Oh Indra, Agni, Sonne, Mond, Kuvera, Varuna, Wind, Nirriti, Yama, Sesha und all ihre klugen Götter und Dämonen - kommt nur her. Ich werde euch so lange Kampf geben, bis dieser Segen euch ganz und gar sättigt.

Sprachs und deckte die Götter mit scharfen, reißenden Pfeilen ein. Schwer verwundet flohen nun auch Indra und die restlichen Götter in alle Richtungen davon. So näherte sich Virabhadra den Weisen, die rings um das Opfer saßen. Diese zitterten vor Furcht, verbeugten sich vor Vishnu und flehten:
Oh Herr der Lakshmi, großer Gott, Herr von uns allen, rette das Opfer von Daksha. Du bist doch das Opfer, der Opfernde, das verkörperte Opfer, seine Zutaten und der Beschützer des Ganzen. Bitte rette das Opfer. Niemand sonst kann es tun.

Die Kraft der Weisen ließ Vishnu sich erheben, zum Kampf rüsten und sich Virabhadra stellen. Dieser runzelte die Stirn, wurde erneut zornig wie der Gott des Todes, der einem Sünder gegenüber steht, und sprach:
Oh Vishnu, wie kam es, daß du deine Verbindung zu Shiva für nichtig hieltest? Warum wurdest du so niedrig? Wie konntest du es wagen, dich von Shiva zu entfernen? Wer bist du? Und wer in den drei Welten könnte dein Retter sein? Warum kamst du her und wurdest zum Wächter von Dakshas Opfer? Ich kann es mir nicht erklären, so sag es mir. Hast du nicht gesehen, was Sati tat? Hast du nicht gehört, was Dadhichi sprach? Auch du kamst zum Opfer wegen der Opfergaben. Darum werde ich dir Langarmigem nun ebenfalls den Kampf anbieten. Oh Vishnu, ich werde deine Brust mit meinem Dreizack spalten. Wer könnte dich vor mir bewahren? Ich werde dich zu Boden schleudern, dich mit Feuer verbrennen und zu Staub zermahlen. Oh Vishnu mit dem niederen Betragen, du Mißachter von Shiva, hast du die Größe und Heiligkeit von Lord Shiva vergessen? Du stehst mir kampfbereit von Angesicht zu Angesicht gegenüber, und so werde ich dich auslöschen, solange du noch standhaft sein kannst.

Vishnu lachte glücklich über Virabhadras Worte und antwortete ihm:
Oh Virabhadra, höre mich an. Ich bin ein Diener Shivas. Nenn mich nicht seinen Feind. Ja, Daksha hat mich töricht wieder und wieder gefragt, denn er hängt zu sehr an Ritualen und hat deren Essenz vergessen. Er bat mich, das Opfer zu beschützen. Und wie Lord Shiva seinen Anhängern geneigt ist, so ergeht es mir mit den meinen. Mein Lieber, Daksha ist mir zugetan, und so kam ich seinem Wunsch nach. Du Held bist aus dem Zorn Shivas geboren, trägst seine Züge und seinen Glanz. Du bist ganz und gar Eifer, und so höre meine Entschlossenheit. Ich werde dir widerstehen. Versuche, mich aufzuhalten. Möge geschehen, was geschehen soll. Ich werde mutig kämpfen.

Nun lächelte Virabhadra und sprach heiteren Sinnes:
Ich bin sehr froh zu hören, daß dir Shiva lieb ist.

Danach beugte sich der langarmige Held demütig und sprach erneut zu Vishnu:
Großer Herr, ich sprach dies zu dir, um deine Gesinnung zu prüfen. Doch nun höre, was ich dir im Ernst zu sagen habe. Wie Shiva ist, so bist du. Du bist, was er ist. Das verkünden die Veden auf Bitten Shivas. Oh Herr der Lakshmi, wir alle sind Diener Shivas und führen immerzu sein Gebot aus. Nur aus Respekt sprechen wir und streiten uns.

Auch Vishnu lächelte froh, als er zur Antwort gab:
Nun großer Held, kämpfe mit mir ohne zu zögern. Versenke deine Geschosse in meinem ganzen Körper. Dann werde ich in meine Einsiedelei zurückkehren.

Dann schwiegen die beiden Edlen und machten sich zum Kampf bereit.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter