Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 22 - Sati und Shiva im Himalaya

Brahma erzählte weiter:
Als einmal viele, schwere Wolken über dem Fuß des Kailash hingen, wandte sich Sati an Shiva.

Sati sprach:
Oh Herr der Götter, mein geliebter Ehemann, bitte höre mich an und handle entsprechend, du Gewährer von Ehren. Die rauhe Regenzeit ist gekommen mit vielfarbigen Wolken und lautem Getöse im Himmel aus allen Richtungen. Die schnellen Windböen schütten Regentropfen aus, die sich mit dem süßen Nektar der Kadamba Blumen vermischt haben. Wessen Geist würde nicht erzittern bei solchem röhrenden Donnergrollen aus den Wolken, die schwere Regenschauer niedergehen lassen und zuckende Blitze verteilen? Weder Sonne noch Mond kann man sehen. Der Tag ist so dunkel wie die Nacht und legt sich schwer aufs Gemüt derer, die von ihren Lieben getrennt sind. Oh Shiva, der Wind treibt die brüllenden Wolken ständig umher, nie stehen sie still, und es scheint mir, sie fallen den Menschen auf den Kopf. Riesige Bäume hat der Sturm schon gefällt. Sie tanzen im Wind, ängstigen den Feigling und erfreuen nur den tollkühn Liebenden. In den Wolken kann man die Scharen von Kranichen nur erahnen, wie sie funkeln und glänzen, als ob Schaum über die Yamuna weht. Inmitten der Dunkelheit erinnern die kreisenden Blitze an das gräßliche, unterseeische Feuer, welches im Ozean auf das Ende der Welten wartet. Oh dreiäugiger Shiva, wie in den Gärten der Tempel, wachsen nun die Pflanzen überall auf Erden. Wenn die roten, silbernen und grauen Wolken am Mandara Gipfel hängenbleiben, dann erscheint der Himalaya wie der Milchozean, über den bunte Vögel kreisen. Unvergleichliche Schönheit besucht den Kinsuka Baum mit seinen fade duftenden Blüten, als würde Lakshmi, die Göttin des Wohlstandes, die Guten verlassen und Übelgesinnte besuchen. Die Pfauen begrüßen aufgeregt die donnernden Regenwolken über dem Mandara Berg, und mit fröhlichem Gackern und weit ausgebreiteten Schwanzfedern zeigen sie den Übermut in ihrem Herzen. Die süßen Rufe der regenliebenden Chataka Vögel fallen über den Wanderer ebenso her, wie die unablässig peitschenden Regentropfen. Sieh nur, wie das Wasser meinem Körper Übel tut, denn es ist mit Hagelschauern vermischt. Nur die Pfauen und Chatakas folgen gern den Wolken und vermissen die Sonne wenig. Doch die Schwäne ziehen lieber zum fernen Manasa See.

In dieser beschwerlichen Zeit bauen die Vögel ihre Nester. Doch du tust nicht dergleichen. Wie kannst du glücklich sein ohne ein festes Heim? Oh du Dreizacktragender, gestatte den furchterregenden Wolken nicht, uns zu bedrängen. Und trage Sorge für ein Heim. Bitte achte meine Worte und zögere nicht. Oh Gott mit dem Bullen im Zeichen, errichte entweder auf dem Kailash, im Himalaya oder in Mahakasi auf Erden eine angenehme Wohnstätte.

Da lachte Shiva laut, so daß sogar der Mond auf seinem Haupt zu lächeln schien. Doch hochbeseelt, wie der Herr ist, sprach er freundlich und tröstend zu Sati:
Oh meine geliebte und wunderschöne Gattin, die Wolken werden den Ort, an dem ich ein Heim für dich errichte, nicht erreichen. Oh du hübsche Maid, die Wolken wandern nur an den Hängen des Himalaya, meine Zarte, sie gelangen lediglich bis zum Fuße des Kailash, erreichen nicht den Gipfel des Meru und schaffen es nur bis zum Fuße des Jambu. Höher kommen sie nicht und kehren dann wieder um. Wähle von den eben genannten Bergen. Sage mir schnell, wo du zu wohnen wünschst. In den Bergen des Himalaya werden die Lieder der Bienen deine Neugier und Freude erregen, wenn sie summend herumfliegen. Die Frauen der Siddhas werden dir gerne juwelenbesetzte Throne anbieten und dir Früchte und viele Geschenke machen. Die Töchter des Schlangenkönigs und all die himmlischen Damen der Berge werden dich umschweben und dir dienen. Sie werden ihre eigene Schönheit vergessen und nur dich, dein glänzendes Antlitz und deinen makellosen Körper anstarren. Menaka, die Frau des Königs der Berge, die in den drei Welten berühmt ist für ihre Schönheit und guten Eigenschaften, wird dich mit schmeichelnden Worten erfreuen. Und die edlen Damen in ihrem Gefolge werden dir mit gutem Rat helfen, wenn du ihn benötigst, und dir alle Vergnügungen gewähren.

Oh Geliebte, möchtest du im Himalaya leben, wo es immer Frühling ist mit satten, grünen Hecken und Hainen, den lieblichen Rufen der Vögel und schönen, klaren Seen mit unübertroffenen Lotusblüten? Es gibt dort so viele grasige Ebenen und stattliche Bäume, die den wunscherfüllenden Kalpa Bäumen in Indras Garten in Nichts nachstehen. Deine Blicke werden auf allen Arten von Blumen und Tieren ruhen. Hier sind die Raubtiere zahm, und es gibt viele Asketen und heilige Weise. Es ist die Heimat der Götter, in der auch Scharen von anmutigen Rehen wandern. Du wirst dich an ganzen Bergen von Kristallen, Gold und Silber weiden und die schönen Seen wie den Manasa kennenlernen. Unter ihren Matten von Lotuspflanzen mit goldenen Stielen und vielfarbigen Blüten tummeln sich Krokodile, bunte Fische und sanfte Schildkröten. Oh Göttin der Götter, die blauen Lotusblumen duften ganz besonders fein, genau wie die Safranblüten, und machen das Wasser süß. Mit ihren schwingenden Ästen scheinen die Aprikosenbäume zu tanzen und dem Gott der Liebe Kühlung zuzufächeln. Es gibt Sarasa Vögel und beschwingte Chakravakas, welche die Sinne berauschen.

Die verschiedenen Regionen des Berges Meru hallen von Vogelgesang und Bienengesumm wider und mehren das liebende Sehnen Götter wie Indra, Kuvera, Yama, Varuna, Agni, Nirriti, Vayu und Ishana. Das Reich der Götter, auch Himmel genannt, befindet sich auf dem Gipfel des Meru, wo auch die Städte der Wächter der Himmelsrichtungen sind. Sie funkeln und sind mit wunderschönen, himmlischen Nymphen gefüllt. Möchtest du auf diesem Berg vergnüglich leben, welcher die Essenz aller Berge ist? Dort wird die Göttin Sachi dir aufwarten mit all ihrem Gefolge.

Oder möchtest du lieber auf meinem Berg, dem großartigen Kailash leben, der den Guten Zuflucht gewährt und von der schönen Stadt Kuveras geschmückt wird? Sag schnell, schöne Dame, wo du weilen möchtest - auf dem reinen und heiligen Kailash, auf dem die funkelnden Ströme der Ganga fließen? Oder auf dem schönen Berg Meru, wo die Heiligen in Höhlen oder Hainen voller Hirsche Hymnen singen? Ich werde alles Weitere erledigen.

Und Sati antwortete langsam und bedächtig:
Ich möchte mit dir im Himalaya leben. Bitte erschaffe auf dem Berg eine passende Wohnstatt.

Von ihrer Antwort war Shiva ganz verzaubert, und er begab sich mit ihr zu den Gipfeln des Himalaya. Er brachte sie zu dem schönen Ort, an dem die Siddhas leben, der von keinem Vogel mehr erreicht werden konnte und der mit bezaubernden Seen und Wäldern wie die aufgehende Sonne strahlte. Überall glänzten Juwelen in allen Farben und Formen. Unweit der herrlichen Stadt des Himalaya lebte nun Shiva mit Sati für eine lange Zeit inmitten kristallener Wolken, blühender Bäume und grasbedeckter Plateaus. Die Blumen blühten immerzu und wurden fleißig von summenden Bienen bevölkert. Die Vögel sangen bezaubernd, und schöne, himmlische Wesen tummelten sich allerliebst. Sie spielten Musik und tanzten enthusiastisch. An diesem paradiesischen Ort vergnügte sich Shiva mit Sati für 10.000 himmlische Jahre. Manchmal begab sich Shiva zum Meru, wo die Götter lebten. Manchmal durchstreifte er die Kontinente, Wälder und Gärten auf Erden. Und nach einiger Zeit kehrte er zu Sati zurück und lebte wieder mit ihr auf dem Himalaya. Dabei fand er keine Freude in vedischen Opfern oder Buße, sondern nur mit ihr. Tag und Nacht sah der große Herr in ihr Gesicht, und Sati starrte ebenfalls in das Antlitz des Gottes. So nährten die beiden den Baum der Liebe mit dem Wasser ihrer Zuneigung.


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