Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 17 - Segen für Sati

Brahma sprach:
Oh Weiser, so habe ich dir erzählt, wie die Götter Shiva um Segen baten und ihn bekamen. Und wie auch Sati einen Segen von Shiva erhielt, das erzähle ich dir jetzt. Höre genau zu. Es war im Monat Ashvin (Sept./Okt.), als Sati am 8. Tag der hellen Monatshälfte fastete und Shiva mit großer Demut verehrte. Am 9. Tag (zu Navami) waren ihre Nanda Riten beendet, und Shiva erschien ihr, während sie in Meditation vertieft war. Er war so schön anzusehen, mit fünf Gesichtern, drei Augen, der schmückenden Mondsichel an seiner Stirn, vier Armen und dem blauen Hals. Er war in fröhlicher Stimmung und hielt den Dreizack und das schützende Amulett (Brahmakavacha). Die heilige Asche auf ihm funkelte, und sein Haar glitzerte von der himmlischen Ganga. Sein ganzer Körper war schön und wohlgestaltet. Sein Gesicht strahlte wie Millionen Monde, und seine Ausstrahlung übertraf die des Liebesgottes, so daß er unwiderstehlich anziehend auf Frauen wirkte.

Als Sati Shiva direkt vor sich erblickte, da errötete sie schüchtern und beugte sich schnell zu seinen Füßen. Und obwohl er sich entschlossen hatte, sie zur Gattin zu nehmen, wollte er ihr doch zuerst die Früchte ihrer Enthaltsamkeit übergeben. Und so sprach er zur Bußevollen:
Oh Tochter des Daksha, ich bin entzückt, wie getreulich du deinen Riten folgtest. Wähle einen Segen. Ich werde ihn gewähren, was immer es sei.

Nun, Shiva, der Herr des Universums, wußte natürlich um ihren Wunsch, und doch sprach er zu ihr „Wähle einen Segen!“, denn er wollte ihre Rede hören.

Sie wiederum war sehr verlegen und konnte gar nicht sprechen vor lauter Schüchternheit. Und Shiva, der allseits gnädige Shankara, war sehr zufrieden und erfreut, weil er die Liebe in ihrem Herzen sah. Er fühlte sich von ihrer Hingabe angezogen und bat sie erneut, ihren Wunsch auszusprechen.

Endlich überwand sie ihre Verlegenheit und fand ihre Stimme wieder:
Oh Segensreicher, wenn du es wünschst, dann gewähre mir den gewünschten Ehemann ohne jegliche Hindernisse.

Noch bevor sie ausgesprochen hatte, antwortete Shiva:
Sei meine Gattin.

Als sie die Worte hörte, welche die Früchte ihres lang gehegten Wunsches umarmten, blieb sie stumm. Sie war so glücklich und aufgeregt, daß sie nur lieblich lächelnd vor dem liebenden Shiva stand. Nur einige, subtile Gesten führte sie aus, die ihre innersten Gefühle der Liebe verrieten. Beide fühlten nun sehnende Liebe in ihrem Herzen, und beide begannen zu strahlen, wie der Mond und der Stern Chitra.

Freudig und ehrfürchtig faltete nun Sati ihre Hände und sprach zum wohlwollenden Shiva:
Oh großer Herr der Devas, Lord des Universums, bitte heirate mich mit den traditionellen Riten und im Beisein meines Vaters.

Und mit einem zärtlichen Blick antwortete Shiva:
So sei es.

Dann verbeugte sich Sati hingebungsvoll, suchte und erhielt seine Erlaubnis und begab sich zu ihrer Mutter in heiterster Stimmung. Auch Shiva kehrte zu seinem Heim im Himalaya zurück und setzte sich zur Meditation nieder, welche ihm nur schwer gelang, denn schon fühlte er schmerzende Sehnsucht ohne sie. Er beruhigte seinen Geist, und dachte an mich, welcher ich sofort vor dem Gott mit dem Stier erschien, denn die Macht seiner Konzentration zog mich zu ihm. Gemeinsam mit meiner Gefährtin Sarasvati trat ich vor den Dreizack Tragenden, den Satis Liebe überwältigt hatte.

Shiva sprach zu mir:
Ich habe wohl in der Sache mit der Heirat ein wenig Eigennutz gezeigt, denn nun fühle ich eine Art Besessenheit. Nun, Sati hat mich mit Hingabe verehrt, und dank der von ihr ausgeführten Nanda Riten gewährte ich ihr einen Segen. Ihr Wunsch war ich als ihr Ehemann, und glücklich akzeptierte ich sie als meine Gemahlin. Auch bat sie darum, daß ich sie in Gegenwart ihres Vaters heiraten möge, was ich ihr ebenfalls gewährte, denn ich war mit ihrer Demut sehr zufrieden. Dann kehrte sie zu ihrer Mutter zurück, und ich kam hierher. So bitte ich dich, oh Brahma, geh zu Daksha und bitte bei ihm für mich um seine Tochter. Du bist ein Meister in der Anwendung jeglicher Mittel, so unternimm alles, damit unsere Tage der Trennung nicht allzu lang werden.

Nach diesen Worten blickte Shiva auf Sarasvati an meiner Seite und fühlte erneut die Schmerzen der Trennung von der Geliebten. Ich war über sein Gebot sehr froh und antwortete dem seinen Anhängern stets geneigten Gott:
Oh Lord Shiva mit dem Stier im Zeichen, es ist ganz gewiß, daß das Interesse der Götter auch mein Interesse ist. Daksha wird dir seine Tochter persönlich übergeben, wenn ich deinen Wunsch ihm gegenüber auch nur erwähne.

Dann begab ich mich in nur einem Moment zu Daksha.

Und Narada fragte sogleich:
Oh Brahma, du Kluger und Glücklicher, bitte sage mir geschwind: Was geschah bei Daksha, nachdem Sati nach Hause gegangen war?

Brahma antwortete ihm:
Die Askese beendet und den Herzenswunsch erfüllt - so kehrte Sati heim und verehrte ihre Eltern. Als diese die guten Neuigkeiten vernahmen, waren sie überglücklich und feierten ein großes Fest. Beide Eltern gaben reiche Geschenke an die Brahmanen und auch die Armen, Blinden und Bedürftigen. Die edle Mutter umarmte ihre Tochter zärtlich und lobte sie sehr. Und schon nach kurzer Zeit begann Daksha, darüber nachzudenken, wie er seine Tochter dem Shiva übergeben solle:
Der große Shiva kam ganz von selbst hierher und war erfreut. Doch nun ist er wieder verschwunden. Wird er noch einmal herkommen und um meine Tochter werben? Oder sollte jemand zu Shiva gesandt werden? Nein, das ist nicht angemessen. Und falls er das Angebot auf diese Weise ausschlägt, dann wird das eine fruchtlose Quälerei. Oder soll ich den großen Gott verehren? Den Wunsch meiner Tochter hat er ja gewährt. Und wenn er sich über meine Verehrung ebenso wie über die Buße meiner Tochter freut, dann wird vielleicht ein edler Gesandter tätig werden.

Und wie Daksha so hin und her überlegte, erschien ich vor ihm mit Sarasvati. Daksha grüßte respektvoll, bot einen Sitz an und stand wartend. Zwar hatten ihn seine Grübeleien verwirrt, doch mein Anblick war ihm eine große Freude. Er erkundigte sich nach dem Grund meines Besuchs und bat:
Oh Schöpfer, du Lehrer des Universums, sei gnädig und erkläre mir den Grund deines Besuchs. Kommst du aus Liebe zu deinem Sohn, oder gibt es eine Aufgabe zu erledigen? Ich freue mich sehr, dich zu sehen.

Als mein Sohn Daksha solcherart fragte, erwiderte ich ihm lächelnd:
Höre Daksha, ich werde dir sagen, was mich in deine Einsiedelei führt. Ich wünsche das Wohl deiner Nachkommenschaft genau wie du. Deine Tochter hat Shiva, den Herrscher über das Universum, zufriedengestellt und sich einen Segen gewonnen. Und der glückliche Moment der Erfüllung ist nun gekommen. Wegen deiner Tochter hat mich Shiva zu dir gesandt. So lausche deinen Pflichten und damit deinem Wohl. Shiva kehrte zwar heim, doch wegen der Trennung von deiner Tochter ringt er jetzt um geistigen Frieden. Kama konnte Shiva zwar nicht besiegen, denn seine Blumenpfeile fanden keinen verwundbaren Punkt. Doch nun kommt der Frieden der Meditation nur schwer zu Shiva, denn er muß ständig an deine Tochter denken. Es sieht aus, als ob er erregt ist wie ein gewöhnlicher Mensch. Ständig fragt er bangend sein Gefolge: Wo ist Sati? Und die Antwort sofort wieder vergessend, fragt er erneut. Nun mein Sohn, was ich mir einst von euch, Kama und den Weisen wünschte, ist nun eingetreten. Shiva wurde von deiner Tochter eingenommen. Und nun sitzt er auf dem Berg im Himalaya und möchte bei ihr sein, um sie zu trösten. Denn so wie deine Tochter Shiva mit reinen Gefühlen verehrte, so verehrt er sie nun. So übergib deine Tochter sogleich dem Gott, für den sie bestimmt ist. Und das wird dir, oh Daksha, Zufriedenheit und Erleichterung bringen. Durch Narada werde ich den Herrn herbitten. Und du kannst ihm deine Tochter übergeben.

Höchst entzückt rief Daksha sogleich:
So ist es! So ist es!

Auch ich kehrte erfreut zum wartenden Shiva zurück. Und Daksha, seine Gattin und Tochter waren beruhigt und zufrieden, als ob sie mit himmlischem Nektar erfüllt wären.


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