Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 11 - Hymne an Durga und Brahmas Segen

Narada sprach:
Oh Brahma, du Lieber und Kluger, bitte erzähl weiter, du Redegewandter. Nachdem Vishnu gegangen war, was geschah dann? Was hast du unternommen?

Brahma sprach:
Mein bester Sohn, höre aufmerksam zu, was ich tat, nachdem Lord Vishnu fort war. Ich sang ununterbrochen eine Lobeshymne an die von Shiva geliebte Göttin Durga, der Schöpferin des Universums, aus welcher sowohl Wissen als auch Nichtwissen kommen und die identisch ist mit dem reinen, höchsten Brahman.

Ich grüße die Göttin, die alldurchringend ist, ewig, niemals in Bedrängnis, niemals hilfesuchend, die Mutter der drei Götter, offenkundig und gleichzeitig formlos. Oh Göttin der Himmlischen, du bist vollkommene Erkenntnis, höchstes Glück und identisch mit der höchsten Seele. Sei gnädig. Gewähre mir die Erfüllung meiner Aufgabe. Verehrung sei dir.

Nach diesem Lob erschien die Göttin Durga (Chandika, Kali, Yoganidra) vor mir. Glanzvoll wie Kollyrium war ihr Teint, anmutig waren ihre Züge, himmlisch ihre vier Arme, und sie saß auf einem Löwen. Eine ihrer Hände zeigte die mystische Geste des Gewährens von Segen, und Perlen schmückten ihr wirres Haar. Ihr Gesicht strahlte wie der Herbstmond, und die Mondsichel zierte ihre Stirn. Sie hatte drei Augen, sah wunderschön aus, und die Nägel an ihren Lotusfüßen funkelten. Als ich die Göttin direkt vor mir sah, Shivas Energie selbst, da senkten sich meine sonst so stolz erhobenen Schultern, und ich verbeugte mich hingebungsvoll vor ihr, um sie nur immer weiter zu preisen.

Verehrung, Verehrung sei dir, du Form von Handeln und Nichthandeln, du Form von Schöpfung und Erhaltung des Universums. Du bist die ewige Energie der belebten und unbelebten Geschöpfe, die jeden verzaubern kann. Du hast dich als Shri manifestiert zum Schmuck für Vishnus Form, als Erde trägst du alles, als Große Göttin erschaffst und vernichtest du alles, und du bist jenseits von Eigenschaften. Du bist im kleinsten Teilchen anwesend, wirst von den Yogis liebevoll verehrt, und wenn sie durch Enthaltsamkeit gereinigt sind, nehmen sie dich im Herzen und auf dem Pfad ihrer Meditation wahr. Du bist das Wissen jeglicher Art. Du bist Glanz, Reinheit und Nichtanhaftung. Du bist unbeweglich, unmanifest und grenzenlos. Du bist die ewige Zeit, die alle Welten erhält. Oh Göttin, du bist die Ursache der drei Eigenschaften und jenseits der Eigenschaften. Doch wenn du dich mit den Eigenschaften verbindest, kannst du den Samen für jede Verwandlung wässern. Du bist die vierte zu den drei Eigenschaften Leidenschaft, Trägheit und Güte, und wirst von ihnen nicht beeinflußt, obwohl sie aus dir stammen. Du schöpfst, beschützt und verschlingst das ganze Universum. Ich zolle dir alle Ehre, oh Shivas Gefährtin, für das ewige Wohlergehen des Universums. O Same aller Welten, dich erkennt man als die Erkenntnis selbst.

Liebevoll antwortete da die Göttin auf meine gestammelten Worte:
Oh Brahma, warum lobst du mich so? Wenn dich etwas bedrängt, dann erzähle mir schnell davon. Da ich persönlich hier erschienen bin, sind deine Wünsche bereits gewährt. So laß mich dein Begehren hören, ich werde es sicher erfüllen.

Da sprach ich zu ihr:
Oh Göttin, sei mit mir zufrieden und höre. Ich spreche nur zu dir Allwissenden, weil du es mir geboten hast. Ach Göttin, Shiva, der Yogi, dein Ehemann, der sich einst als Rudra aus meiner Stirn manifestiert hat und nun auf dem Kailash lebt, dieser Herr der Geister und Kobolde übt immerzu und nur Askese. Er hat keine Gattin, denn er wünscht sich keine. Er ist völlig frei von jeglicher geistigen Ablenkung. Oh Göttin, verzaubere ihn, damit er wenigstens einen Blick auf eine Dame wirft. Nur du allein kannst ihn durch deine Schönheit bewegen. Oh Göttin, nimm deine Geburt als Dakshas Tochter und werde Rudras Gattin. Du hast schon als Lakshmi einen Körper angenommen und damit Vishnu erfreut, so tue es auch mit Rudra zum Wohle des Universums. Der Gott mit dem Stier im Banner tadelte mich scharf, nur weil ich sinnliche und liebevolle Gefühle für eine Frau empfand. Wie kann er nun selbst, aus eigenem Entschluß sich eine Frau nehmen? Oh Göttin, Shiva ist die Ursache des Universums zu Anfang, in der Mitte und am Ende. Wenn er ungebunden bleibt und sich keine Gemahlin nimmt, wie kann dann die verheißungsvolle Schöpfung in die Welt kommen? Dieser Gedanke quält mich sehr, und es gibt keine andere Zuflucht. Nur dich allein kann ich um das Gedeihen der Schöpfung bitten. Oh Mutter des Universums, weder Vishnu, Lakshmi, noch Kama oder ich können ihn beeinflussen. Das kannst nur du. So nimm deine Geburt als Dakshas Tochter Sati, große Göttin von himmlischer Schönheit. Möge meine Hingabe dich inspirieren, sei geneigt und werde seine Gattin. Bezaubere diesen Herrn, der zur Zeit keine Anhaftung an die Welt verspürt. Oh Göttin, Daksha übt schon Askese im Norden des Milchozeans mit kontrolliertem Geist, dir gewidmet und äußerst standhaft.

Die Göttin staunte über meine Worte und dachte eine Weile nach. Dann sprach sie, mehr zu sich selbst als zu mir:
Das ist sehr verwunderlich. Er ist der Verkünder der Veden und Schöpfer der Welten, und er hat großes Wissen. Und doch spricht er solche Sachen. Ihn muß eine große Verwirrung befallen haben, und seine Gedanken machen ihn unglücklich. Bestimmt ist dies der Grund, warum er sich wünscht, daß Shiva verzaubert werden soll, der doch völlig frei von Verzauberung ist. Brahma wünscht sich von mir die Macht, Shiva zu verwirren. Was gewinnt er dabei? Ein großer Herr ist immer ohne jegliche Anhaftung und Verwirrung.

Ich bin eine willige Dienerin Shivas, bin eins mit dem höchsten Brahman, dem eigenschaftslosen Gott und folge immer seinen Bitten. Und der unabhängige Shiva manifestierte sich als Rudra, einer perfekten Inkarnation, die ihre Verehrer erheben soll. Als wahrer Herr kann er niemals dem Shiva unterlegen sein, darum folgt er der Yoga Praxis mit ganzem Herzen. Er ist der Herr der Illusion, doch ihn kann sie niemals binden, denn er ist größer als das Größte. Brahma betrachtet ihn wohl als einen Gott neben anderen Göttern, und diese Verwirrung gibt ihm den Wunsch ein, Rudra auch zu verwirren. Doch wenn ich ihm seinen Wunsch verweigere, verstoße ich gegen uraltes Veda Gesetz. Also was kann ich tun, um nicht den Ärger des großen Herrn zu erregen?

So überlegte die Göttin, und dachte dann an Shiva. Und mit seiner Erlaubnis sprach sie zu mir:
Oh Brahma, was du sagst, ist wahr. Es gibt keine andere Dame, die Shiva bezaubern könnte. Und es ist auch eine große Wahrheit, daß die Schöpfung sich nicht entwickeln würde, wenn sich Shiva keine Frau nähme. Nun, ich werde mich mühen, um ihn zu gewinnen und zu verwirren. Ich werde Satis Körper annehmen und ihm dienen, wie Lakshmi, die geliebte Göttin des Glücks, dem Vishnu liebevoll dient. Es ist seine Gunst, oh Brahma, die mich ihn verzaubern läßt. Als Dakshas Tochter werde ich ihn hingebungsvoll erfreuen, und es wird scheinen, daß er wie ein Sterblicher auf Erden dem Zauber seiner Gattin erlegen ist.

Nach diesen Worten verschwand die Mutter des Universums, noch während ich sie anschaute. Und ich kehrte zu meinen Söhnen zurück und berichtete ihnen alles.


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