Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 8 - Die Geburt des Frühlings

Narada bat:
Oh Brahma, du bist ein gesegneter und kluger Anhänger Shivas und so ein guter Führer, um die großen Zusammenhänge zu verstehen. Du hast mir von Arundhati und ihrer vorherigen Form erzählt, und das erhöht meine Hingabe an Shiva. Doch, du Tugendhafter, bitte erzähl mir weiter über Shiva, all die Geschichten, welche Sünden tilgen und prächtige Segen ausschütten. Nachdem Kama glücklich verheiratet war, Sandhya ihre Buße begonnen hatte und alle anderen wieder heimgekehrt waren, was geschah als nächstes?

Zufrieden und erfreut über diese Bitte antwortete Brahma:
Nun, großer Brahmane, lausche mit Hingabe, wie Shiva auf himmlische Weise spielt. Denn auch du, oh Narada, bist ein großer und gesegneter Verehrer Shivas.

Also, mein Lieber, nachdem ich nach den für mich höchst unangenehmen Worten Shivas die Szene verlassen hatte, war ich bedrückt und begann zu grübeln, denn ich war immer noch in Illusion befangen. Lange wälzte ich die Gedanken hin und her, und nach einiger Zeit erhoben sich in mir Mißgunst und Groll gegen Shiva. Ich hegte dieses Gift, und auch dies war eine Täuschung von Shiva. Ich werde es dir erklären, höre nur gut zu.

Ich ging dann zu Daksha und den anderen, und als ich Kama mit Rati erblickte, war ich ein wenig erleichtert. Dann sprach ich irregeführt zu meinen Söhnen dort:
Oh Daksha, Marichi und all ihr anderen, hört meine Worte. Und wenn ihr alles vernommen habt, dann werdet ihr ein Heilmittel für meine Qualen finden. Nur, weil wir Begehren für eine Frau fühlten, schmähte uns Shiva sehr. Weil er der große Yogi ist, hat er uns hart getadelt. Doch nun fühle ich mich elend und finde keinen Frieden im Geist. Ich finde, wir sollten uns anstrengen, damit er sich auch eine Gattin nimmt. Ich werde erst wieder froh und unbeschwert sein, wenn auch er sich an eine Frau bindet. Doch wenn ich darüber nachdenke, finde ich es unmöglich, meinen Wunsch zu erfüllen. Schon, weil ich nur begehrlich an eine Frau dachte, tadelte er mich grob. Wie wird dieser Gezügelte sich je einer Frau zuwenden? Und wer könnte diese Frau in allen drei Welten sein, die seinen Geist heimsucht und ihn vom Pfad der Enthaltsamkeit abbringt? Ach, manchmal denke ich, daß sogar Kama es nicht schaffen würde, ihn zu blenden. Denn er ist der vollkommene Yogi, der nicht einmal an den Namen einer Frau denkt. Doch wenn das Ur-Wesen Shiva sich nicht sexuell mit einer Frau vereinigt, wird auch die ganze Schöpfung nicht dazu in der Lage sein. Es bedarf einer Wendung, wie es der Herr selbst gesagt hat. Vielleicht gibt es große Dämonen auf Erden, welche von Illusion gebunden sind, doch nicht Vishnu und Shiva. Dazu hat sich Shiva von der Welt abgewandt, und nichts kann ihn binden. Nur Kama kann es fügen, wie ich meine.

Dann warf ich bedeutungsvolle Blicke in die Runde, und sprach danach Kama und Rati mit einem strahlenden Lächeln an:
Oh Kama, du Trefflichster unter meinen Söhnen, du verleihst Glückseligkeit in jeder Hinsicht. Lausche aufmerksam meinen Worten zusammen mit deiner Gattin, mein mich liebender Sohn. Du strahlst so herrlich mit deiner Lebensgefährtin an deiner Seite. Und auch sie strahlt heller an deiner Seite. So wie Vishnu mit Lakshmi und Lakshmi mit Vishnu, wie der Mond mit der Nacht und die Nacht mit dem Mond, so erleuchtet ihr beide einander und pflegt euer Eheleben. Ihr seid das Banner der Welt, nein, des ganzen Kosmos! Mein Lieber, du sollst Shiva für das Wohl des Universums verzaubern, auf daß er sich eine Frau nehme. Sei es ein einsamer oder belebter Ort, das Gebirge oder ein See - folge ihm mit deiner Dame, wo immer er weilt, und bestricke ihn, der jetzt so gezügelt und Frauen ganz und gar nicht zugetan ist. Außer dir kann ihn niemand verführen. Oh Kama, nur wenn Shiva sich der Liebe zuneigt, wirst du von deinem Fluch erlöst werden. Darum tue auch, was gut für dich ist. Lord Shiva ist ein edles Wesen. Als solches wird er dich retten, doch nur, wenn er sich verliebt und eine Frau begehrt. So möge dein Weib dir helfen. Versucht gemeinsam, Shiva einzufangen. Gewinnt euch das Lob des Universums, nachdem ihr ihn verzaubert habt.

Nach diesen Worten von mir, seinem Vater und Herrn der Welten, antwortete Kama:
Oh Herr, ich werde auf dein Bitten Shiva verführen. Doch meine wichtigste Waffe ist eine Frau. So erschaffe, oh Vater, eine anmutige Maid. Und ersinne einen Plan, daß Shiva immer weiter bezaubert wird, nachdem ich den Anfang gemacht habe.

Nach diesem Vorschlag Kamas überlegten Daksha und ich:
Wer könnte Shiva bezaubern?

Als mich diese Frage bewegte, seufzte ich tief, und aus diesem Seufzer entstand der Frühling, der über und über mit Blumen bedeckt war. Er war so schön wie der rote Lotus, seine Augen glichen Lotusblüten, das Gesicht glänzte wie der volle Mond, der sich majestätisch aus dem Nebel erhebt. Seine Nase war wohlgeformt, seine Füße elegant gewölbt wie ein Bogen, sein Haar dunkel und lockig. Zwei Ohrringe zierten ihn, und er war so strahlend wie die Morgensonne. Sein Gang war so stolz wie der eines brünstigen Elefanten. Seine Arme waren lang und kräftig, seine Schultern gewölbt, und sein Nacken glich einer Muschel. Seine Brust war sehr breit, und seine Gesichtszüge waren angenehm und fein gezeichnet. Seine ganze Gestalt war anmutig, seine Haut dunkel, und er trug alle vorzüglichen Zeichen. So ein schöner Mann, der in der Lage war, einen jeden zu verzaubern und mit sehnender Liebe zu erfüllen!

Als der schöne Frühling, überbordend mit Blumen ins Leben kam, da wehte eine duftende Brise, und alle Bäume trugen Blüten. Hunderte von lieblich singenden Vögeln schmetterten ihre Lieder, und die klaren Teiche und Seen bedeckten ihre Oberfläche mit blühenden Lotuspflanzen.

Als ich dieses vorzügliche Wesen vor mir sah, sprach ich zu Kama:
Oh Liebesgott, dieser hier namens Vasanta wurde geboren, um dein steter Begleiter zu sein. Er gleicht dir ganz und gar und wird dir hervorragende Dienste leisten. So wie der Wind, der Freund des Feuers, ihm immerzu hilft, so wird der Frühling dir immer behilflich sein. Auch er ruft zärtliches Entzücken hervor, was im Innern wohnt, und so soll er Vasanta heißen. Seine Pflicht ist es, dir zu helfen und alle Wesen zu erfreuen. Möge die himmlische Brise, die Eleganz deiner Person, dich überallhin begleiten, so wie er unter deiner Kontrolle ist. Und diese koketten, weiblichen Gesten, wie zum Beispiel vorgetäuschte Laszivität und alle 64 feinen Künste im Liebesspiel sollen die Freunde deiner Gattin Rati sein. Oh Kama, in Begleitung von Rati, dem Frühling und deinen anderen Helfern sollst du dich mühen, Lord Shiva zu verzaubern.

Nun mein Lieber, werde ich noch die Idee einer lieblichen Frau empfangen und sie erschaffen, die ihn endgültig einfangen wird.

Nachdem Kama diese, meine Worte gehört hatte, war er höchst entzückt und fiel mit Rati verehrend zu meinen Füßen nieder. Auch verbeugte er sich vor Daksha und meinen anderen Söhnen. Und dann begab er sich an den Ort, an dem die Höchste Seele, Shiva, gegangen war.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter