Pushpak Shiva-Purana Buch 2Zurück WeiterNews

Buch 2 - Vidyeshvara Samhita

Kapitel 1 - Die Frage der Weisen

Mit Hingabe im Herzen meditiere ich über Shiva, den Herrn von Parvati, glücksverheißend von Anfang bis Ende, ohnegleichen, den strahlenden Lord, nie alternd und unsterblich, die Höchste Seele, den Fünfgesichtigen und den Zerstörer der fünf mächtigen Sünden.

Vyasa sprach:
Am Zusammenfluß von Ganga und Yamuna, nahe der heiligen Stadt Prayaga, gibt es einen heiligen Ort im Naimisha Wald, einen Pfad zum Reich Brahmas. Dort versammelten sich viele Weise mit hohen Seelen, mächtig und gesegnet, um mit wahrhaften Riten ein großes Opfer durchzuführen. Auch der große Weise Suta, ein Schüler Vyasas und exzellenter Gelehrter der Puranas, kam zu diesem Opfer, und wurde mit großer Verehrung von den Asketen willkommen geheißen. Nachdem alle Riten der Gastfreundschaft vollendet waren, wandten sich die höchst zufriedenen Weisen mit demütig zusammengelegten Händen an ihn.

Die Weisen sprachen:
Oh allwissender Suta (auch Lomaharshana), durch dein bedeutsames Schicksal leben in dir alle bedeutungsschweren Puranas von Vyasa. Du bist das tiefe Gefäß, das all diese wunderbaren und staunenswerten Geschichten bewahrt, genau wie der große Ozean all die Juwelen und Perlen von unermeßlichem Wert in sich trägt. Es gibt nichts in den drei Welten, was dir in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft unbekannt wäre. Und es ist ein großes Glück für uns, daß du gekommen bist, uns zu besuchen. So wäre es nicht angemessen von dir, uns wieder zu verlassen, ohne uns eine Gunst zu erweisen. Es ist wahr, wir allen haben schon viel vom Heilsamen und Unheilsamen gehört. Doch wir sind nicht gesättigt damit, und möchten mehr und immer mehr davon hören. Nun, oh Suta mit der angenehmen Wesensart, wir möchten vor allem einen Punkt geklärt haben. Wenn du uns segnen möchtest, dann klär uns darüber auf, und wenn es auch das Geheimnis der Geheimnisse wäre.

Am Vorabend des schrecklichen Kali Zeitalters verlieren die Menschen zunehmend an Verdienst. Sie folgen üblen Lebenspfaden und haben sich von wahrhaften Beschäftigungen abgewandt. Sie machen sich gegenseitig das Leben schwer, beneiden den anderen um Wohlstand oder Weib und begehren ständig Unheilsames. Ihr höchstes Ziel scheint es zu sein, sich gegenseitig zu verletzen. Verwirrt wie sie sind, halten sie ihren physischen Körper für die Seele, sie glauben an keinen Gott mehr, was ihre Sinne verroht, sie hassen ihre Eltern, die Begierde wird zur Gottheit für sie, und sie sind Sklaven der Wollust. Die Brahmanen hängen in den Klauen der Habgier und verkaufen die Veden, um davon gut zu leben. Das Lernen ist für sie nur ein Mittel, um damit Geld zu machen, und falscher Stolz verwirrt ihre Sinne. Sie haben sich von den Pflichten ihrer Kaste abgewandt und sind beinahe zu Betrügern geworden. Sie beten und opfern nicht mehr dreimal am Tag, und es fehlt ihnen an vedischem Licht. Sie sind gnadenlos und machen viel Hehl um ihr bißchen Wissen. Viele Riten haben sie verworfen, ebenso wie den guten Lebenswandel. Manche haben die Landwirtschaft zu ihrem Beruf gemacht, Grausamkeit ist ihre zweite Natur, und ihre Ideen sind befleckt und schmutzig.

Mit den Kshatriyas ist es ähnlich. Auch sie folgen ihren Pflichten nicht mehr, verbünden sich mit üblen Menschen und suhlen sich in sündigen Taten. Laster und Ausschweifungen sind ihre höchsten Ziele im Leben. Sie sind nicht mehr heldenhaft, interessieren sich nicht für tugendhaften Kampf, fliehen das Schlachtfeld und folgen lieber den hinterhältigen Taktiken von Dieben und Feiglingen. Dabei sind sie Sklaven ihrer Leidenschaften. Sie beherrschen keine Wunderwaffen mehr, sie beschützen nicht mehr die Kühe, Brahmanen und Hilfsbedürftigen und verlieren sich in rohem Sex mit ihren Frauen. Die gute Tugend, ihre Untergebenen zu beschützen, haben sie über Bord geworfen. Nur sinnliche Vergnügen zählen noch für sie. Auch lieben sie es, lebende Wesen zu quälen, und dabei vernichten sie ihre eigenen Leute.

Die Vaisyas üben ebenfalls keine heiligen Riten mehr aus. Sie werfen ihre traditionellen Tugenden weg, und versuchen immer hinterhältigere Wege, nur, um an viel Geld zu kommen. Sie sind nun dafür berüchtigt, die Ware absichtlich mit falschem Maß zu wiegen. Ihren Lehrern sind sie nicht mehr ergeben, auch nicht den Göttern und Brahmanen, ihre Wahrnehmung ist verzerrt, und voller Geiz ernähren sie die Brahmanen nicht mehr. Sie erfreuen sich daran, die Liebhaber von schönen Frauen zu sein, sind armselig und schmutzig in ihren Gedanken, die Habsucht verwirrt sie zunehmend, und sie können nicht mehr klar denken. Sie haben ihren Eifer für Wohltätigkeit und heilige Riten vergessen, und so graben sie keine Wasserstellen mehr aus, pflanzen keine Bäume und legen keine Parks an.

Auch die meisten der Shudras sind verdorben. Manche von ihnen möchten nun ein Leben als Brahmane führen, in glänzenden Gewändern und mit schönem Antlitz. Auch sie haben mit verwirrtem Geist die Traditionen ihrer Kaste vergessen. In ihrem Sehnen nach brahmanischem Glanz üben sie sogar Enthaltsamkeit, doch wenn sie Mantras singen verursachen sie nur verfrühte Tode. Sie verehren den Salagrama Stein oder andere Dinge und bekunden sogar einiges Interesse am Homa Opfer, doch in ihren Gedanken und Taten tun sie genau das Gegenteil. Und so verleumden sie die Brahmanenschaft.

Reiche Menschen begehen Verbrechen, Gelehrte verlieren sich in endlosen Diskussionen, und die Menschen, welche Belehrungen über heilige Themen und tugendhafte Riten der Verehrung halten, leben in Wirklichkeit ohne jegliche Tugend. Arrogante Menschen geben sich äußerlich als edle Könige, und die noch freigebig andere beschenken, machen mit viel Stolz einen großen Wirbel darum und denken, sie sind große Herren. Dabei behandeln sie Brahmanen und andere wie Sklaven. Da die Menschen ihre Pflichten und Traditionen nicht mehr befolgen, vermischen sich die Kasten. Das vierfache System der Gesellschaft geht in die Brüche, denn die Menschen haben grausame Gedanken und sind von falscher Geltungssucht erfüllt. Wenn geblendete Menschen sich fälschlicherweise für hochgeboren halten, dann mögen sie gute Riten ausführen, aber das Resultat ist nur Niedergang. Auch die Frauen irren und verhalten sich schlecht. Sie vernachlässigen ihre Ehemänner, sind ihren Schwiegervätern feindlich gesinnt, und ruchlos üben sie schändliche Taten. Sie übertreiben die Koketterie und lassen sich von verliebten Stimmungen beherrschen. Ihr Betragen ist übel, sie pflegen verbotene Liebschaften und sind uneins mit ihren Ehegatten. Und was die Kinder betrifft, die sind hintertrieben und ohne jegliche Liebe zu ihren Eltern. Sie beschäftigen sich mit dummen Sachen und sind ständig leidend und krank.

Oh Suta, wie können diese verblendeten Menschen, die alle traditionellen Tugenden mißachten, je Erlösung erlangen? Damit beschäftigen sich unsere aufkommenden Gedanken immerzu. Denn es gibt keine größere Tugend, als anderen zu helfen. Du bist bekannt mit allen wichtigen Themen, bitte erkläre uns das einfachste Mittel, die Sünden der Menschen sofort zu vernichten.

Und Vyasa fuhr fort:
Nachdem Suta diese Worte der Weisen mit den geheiligten Seelen gehört hatte, da dachte er an Shiva und sprach wie folgt zu ihnen.


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