Pushpak Markandeya PuranaZurück WeiterNews

Kapitel 99 - Die Hymne von Shanti an das Feuer

Markandeya sprach:
Höre nun im Folgenden vom Ursprung des Bhautya Manu, von den Göttern, Rishis, seinen Söhnen und den Königen.

Einst hatte Angiras einen höchst zornigen Schüler mit Namen Bhuti. Für jede Kleinigkeit pflegte er einen schrecklichen Fluch auszusprechen, und er wusste nicht, was freundliche Worte waren. In seiner Klause durfte der Wind nicht aufbrausen, die Sonne keine heftigen Strahlen entsenden, und die Wolken keinen Regen ablassen, der die Erde mit viel Schlamm überdeckt hätte. Selbst der Vollmond durfte seine sehr kühlen Strahlen nicht entfalten. In Furcht vor diesem aufbrausenden und zornigen Rishi verzichteten sogar die Jahreszeiten auf ihre natürliche Ordnung, und auf seinen Befehl hin, füllten sich alle Bäume um seine Klause herum mit den Früchten und Blüten aller Jahreszeiten. Besorgt wegen der großen Macht des Hochbeseelten, floss selbst das Wasser in der Nähe seiner Klause von selbst in sein Wassergefäß, um den Rishi nicht zu verärgern. Oh Brahmane, er war höchst erregbar und wollte nicht die kleinste Unannehmlichkeit ertragen. Doch dieser mächtige Mann hatte keine Nachkommen. Deshalb fasste er den Entschluss, seine einstige asketische Buße fortzusetzen.

Er dachte: „Mit dem Wunsch, einen Sohn zu haben, werde ich wieder Askese üben, durch enthaltsame Ernährung und durch das gleichmütige Ertragen von Kälte, Hitze und Wind.“ Und entsprechend richtete er seinen Geist auf dieses Ziel. Doch der Mond hielt seine kalten Strahlen zurück, die Sonne ihre heißen und der Wind wehte nur sanft, oh großer Muni. Aber ohne die Bedrängnis durch die Gegensätze, konnte Bhuti, der Erste der Munis, sein gewünschtes Ziel nicht erreichen, und so gab er seine asketische Buße wieder auf.

Da kam es, dass sein Bruder Suvarcha ein Opfer übernahm und ihn einlud, es durchzuführen. Mit dem Wunsch, dahin zu gehen, sprach er zu seinem höchst klugen Schüler Shanti, welcher von ruhigem Geist war, bescheiden, immer zum Dienst für seinen Lehrer bereit, von gütigem Verhalten, großzügig und damit der Erste der Munis.

Bhuti sprach: „Oh Shanti, ich werde beim Opfer meines Bruders Suvarcha anwesend sein. Höre, was du zu tun hast: Immer wachsam, sollst du mit ganzer Sorge das Feuer in meiner Klause so erhalten, dass es nicht erlöschen kann.“

Nach diesem Auftrag antwortete sein Schüler Shanti: „So sei es.“ Und sein Lehrer fuhr auf die Einladung seines älteren Bruders hin los, um bei dessen Opfer anwesend zu sein. Und Shanti begann aus Verehrung für seinen hochbeseelten Lehrer, Zweige, Blumen und Früchte im Wald zu sammeln. In dieser Hingabe zu seinem Lehrer war er so beschäftigt, dass das Feuer, welches von Bhuti zuvor bewahrt worden war, niederbrannte und erlosch. Als Shanti das erloschene Feuer sah, war er höchst betrübt, und aus Furcht vor Bhuti begann der Kluge hin und her zu überlegen: „Was soll ich tun? Was wird geschehen, wenn mein Lehrer zurückkommt? Wie sollte ich nun handeln, damit Gutes entsteht? Wenn durch das Schicksal mein Lehrer sein ausgelöschtes Feuer erblickt, wird er mich noch heute in schreckliches Elend schicken. Wenn ich aber ein anderes Feuer hier an diesem Platz entzünde, wird er mich sicher zu Asche verbrennen, weil er alles sieht. Sündig, wie ich bin, wurde ich auf diese Weise zum Untertan von beidem, der Wut und dem Fluch meines Lehrers. Ich gräme mich nicht so sehr um mich selbst, aber um die begangene Ungerechtigkeit meinem Lehrer gegenüber. Wahrlich, wenn der Lehrer das erloschene Feuer erblickt, wird er einen Fluch auf mich laden, oder das Feuer selbst wird im Zorn für den so mächtigen Zweifachgeborenen schrecklich auflodern. Er, nach dessen Willen sich sogar die Himmlischen aus Furcht vor seiner Macht beugen, aus welchem Grund sollte er mich nicht verfluchen, da ich eine solche Sünde begangen habe?“

So dachte er auf verschiedene Weise, und schließlich suchte er, der Erste der Intelligenten, in seiner Ehrfurcht vor dem Lehrer seine Zuflucht beim Feuergott Agni. Mit gesammeltem Geist kniete er nieder und begann, mit gefalteten Händen und vollkommener Hingabe folgendes Loblied zu rezitieren.

Shanti sprach: „OM! Gruß und Verehrung dem hochbeseelten Agni, welcher der Aufenthalt aller Wesen ist, und der im Rajasuya Opfer in sechsfacher Form wohnt. Verehrung dem heiligen Feuer, welches allen Göttern Nahrung gibt, welches als Sonne strahlend am Himmel steht und die Stütze der endlosen Welt ist.

Du bist der Mund aller Götter. Durch dich empfangen die Herren der Welt ihre Opfergaben, und du erfreust die ganze Heerschar der Himmlischen. Du bist das Leben aller Götter. Das dir angebotene Opfer erlangt höchste Reinheit und wandelt sich in fruchtbare Atmosphäre. Und durch das Wasser der Wolken wachsen die Pflanzen. Oh du Wagenlenker des Windes, all die Kreaturen leben glücklich von dieser endlosen Nahrung. Mit den von dir geschaffenen Pflanzen führen die Menschen ihre Opfer durch. Und durch diese Opfer, oh Feuer, werden die Götter, Dämonen und Rakshasas befriedet.

Oh Feuer, du bist die Stütze all dieser Opfer. Oh Feuer, du bist die Quelle von Allem und identisch mit Allem. Die Götter, Dämonen, Yakshas, Menschen, Tiere, Pflanzen und alle anderen Wesen werden durch dich erhalten und ernährt. Oh Feuer, aus dir entstehen sie alle und in dir treffen sie alle auf ihre Auflösung. Oh Gott, du bist es, der das Wasser schöpft, und du bist es, der es wieder austrinkt. Und alle Kreaturen, die durch dich vergehen, verwandeln sich in neue Nahrung für die Wesen.

Du wohnst wirklich als glühendes Licht unter den Göttern, als Herrlichkeit unter den Siddhas, als Gift in den Nagas und als Wind in allen Lebewesen. Du bist der Ärger in den Menschen und die Wildheit in den Tieren. Du bist der Trieb der Pflanzen und die Festigkeit der Erde. Oh Herr, du bist das Fließende im Wasser, der Wind in der Atmosphäre, der Raum im Himmel und die alldurchdringende Seele. Du wirkst in den Herzen aller Wesen und beschützt sie.

Oh Feuer, die Dichter preisen dich manchmal als Eines und manchmal als Drei (die drei Arten des Opferfeuers). Und dich als achtfach bezeichnend, vollbringt der Höchste Purusha (der Höchste Geist) das Opfer. Die großen Rishis sagen, dass dieses Weltall durch dich geschaffen wurde. Oh Feuer, ohne dich würde sich diese ganze Welt sofort auflösen. Indem er dich mit dem Opfer an die Götter und Ahnen unter der Rezitation von Swaha und Swadha verehrt, erreicht ein Zweifachgeborener sein Ziel gemäß seiner Handlungen. Du wirst sogar von den Unsterblichen angebetet.

Nachdem sich aus deiner Natur die Bewegung des Geistes, die Veränderlichkeit, die Schöpferkraft und die Seele der Wesen gebildet haben, trifft die ganze elementare Schöpfung wieder auf dein Feuer der Auflösung. Du bist wahrlich Jataveda, du bist die kraftvoll lodernde Flamme, du hast dieses Weltall geschaffen. Du bist der Autor der vedischen Riten und der Schöpfer des Weltalls, mit all seinen Elementen. Verehrung sei dir, oh Anala, oh Pingaksha, oh Hutasana. Verehrung sei dir, oh Reinheit, die der Anfang von Allem ist. Verehrung sei dir, oh Träger der Opfergaben.

In Wirklichkeit bist du es, der die Nahrung bereitet, alles was gegessen oder getrunken wird, und in Wirklichkeit bist du es, der das ganze Weltall wieder reinigt. Du lässt das Getreide reifen, du bist der Ernährer des Weltalls, die Wolken, der Wind und der Samen in den Körnern. Du ernährst alle Wesen und bist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Du bist das glühende Licht in allen Elementen. Du bist die wärmende Sonne und der strahlende Gott der Sonne. Du bist der Tag und die Nacht und die zwei Dämmerungen. Oh Agni, du bist der Ursprung und das feurige Wesen des Goldes. Du bist Hiranyagarbha, das goldene Ei Brahmas, und der strahlende Glanz des Goldes. Oh Herr des Weltalls, du bist der Moment und alle kleinen und großen Maße der Zeit. Du bist die Wirklichkeit aller zeitlichen Erscheinungen. Du bist die Ausdehnung des Universums und als Kala die zeitliche Auflösung von Allem.

Oh Herr, beschütze uns vor allen Ängsten, Sünden und großen Gefahren dieser und der kommenden Welt mit deiner flammenden Zunge, die Kali genannt wird, welche die Stütze von Kala (der Zeit) ist.

Beschütze uns vor allen Sünden und dem großen Terror dieser Welt mit deiner flammenden Zunge, die Karala (schrecklich) genannt wird, welche das Instrument der großen Auflösung ist.

Beschütze uns vor allen Sünden und der großen Todesangst des Lebens mit deiner flammenden Zunge, die Manojava (gedankenschnell) genannt wird, welche mit der Qualität des Lichtes begabt ist.

Beschütze uns vor allen Arten der Sünde und vor den großen Ängsten des Lebens mit deiner flammenden Zunge, die Sulohita (grellrot) genannt wird, und welche den Wesen ihre Wünsche gewährt.

Beschütze uns vor allen Sünden und der großen Angst in dieser Welt mit deiner flammenden Zunge, die Dhrumravarna (nebligtrüb) genannt wird, und welche die Ursache für die Krankheiten der Wesen ist.

Beschütze uns vor Sünde und der großen Angst vor dieser Welt mit deiner flammenden Zunge, die Sphulaga (funkensprühend) genannt wird, und welche die Wurzel des Wohlstandes der Wesen ist.

Beschütze uns vor Sünde und der großen Angst vor diesem Leben mit deiner Zunge, die Vishwa (vertrauenswürdig) genannt wird und allen Wesen Frieden gibt.

Du bist gelbäugig, rothäutig, schwarzfüßig und der Verzehrer aller Opfergaben. Errette mich von allen Sünden und der großen Gefahr dieser Welt. Oh Vahni, oh Saptarchi, oh Krishanu, oh Havyavahan, sei befriedet. Ich rezitiere deine acht Namen als Agni, Pavaka, Sukra und all die anderen. Sei besänftigt, oh Agni, oh Erstgeborener aller Elemente, oh Vibhavasu, oh Habyavaha, oh Ewiger, der du mit allen Hymnen verbunden bist. Du bist der ewige und unerkennbare Agni, reich, wild und schwer zu ertragen.

Oh Unvergänglicher, du bist höchst schrecklich und kannst alle Welten zerstören. Du bist höchst mächtig und die Kraft der Gestaltung. Du bist höchst strahlend und das Wesen jeglicher Energie, endlos und von allen angebetet. Durch dich konnte sich diese Welt entfalten, alles Belebte und Unbelebte.

Oh Hutashana, du bist Einheit und Vielfalt. Du bist allgegenwärtig, bist diese Erde mit Bergen und Wäldern, bist der Himmel mit Sonne und Mond, bist die Zeit mit Tag und Nacht und das alles verzehrende Feuer, das im Schoß des großen Ozeans schlummert. Mit deinem feurigen Glanz wohnst du in den Strahlen des Lichtes.

Die großen, selbstkontrollierten Heiligen beten dich immer als den Empfänger der Opfergaben im großen Opfer an. Eingeladen zum Opfer, bist du es, der nach der Rezitation des Vasatkara zum Wohle aller Wesen den Somasaft trinkt und die Opfergaben verdaut. Die Brahmanen verehren dich auf dieser Erde, um heilsame Früchte zu ernten. Du wirst in allen Veden und ihren Zweigen besungen. Mit der Absicht, dich zu ehren, meistern alle führenden Zweifachgeborenen die Veden. Du bist Brahma, immer zum Opfer bereit. Du bist Vishnu, Shiva, Indra, Aryaman und Varuna. Die Sonne, der Mond, die Götter und die Dämonen, alle opfern zu deiner Zufriedenheit und erhalten ihre gewünschten Früchte.

Oh heiliges Feuer, alle Dinge, auch die als unrein erscheinen, werden unverzüglich durch die Berührung deiner Strahlen gereinigt. Selbst durch das Abreiben mit deiner Asche erreicht man höchste Reinheit. Dafür verehren dich die Munis jeden Abend. Oh reines Feuer, sei besänftigt. Du bist das alles Reinigende, das Unbefleckte und das Höchste. Oh Empfänger aller Opfergaben, sei gnädig und rette mich. Wie ein Vater seinen eigenen Sohn beschützt, so beschütze uns, oh Agni, mit all deinen verheißungsvollen Formen und deinen sieben Zungen. Gepriesen sei dein Ruhm.“


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