Pushpak Mahanirvana-TantraZurück WeiterNews

Kapitel 14 - Die Errichtung und Weihe des Shiva-Linga

Die heilige Göttin sprach:
Oh Herr des Mitgefühls, ich bin so dankbar, daß du über die verschiedenen Wege der Verehrung der ursprünglichen Göttin Kalika und anderer Götterwesen gesprochen hast. Du erwähntest dabei die Weihe eines beweglichen (bzw. transportablen) Shiva-Lingas. Was ist das Ziel davon, und was sind die Riten dafür? Oh Herr der Welten, bitte erkläre mir dies ausführlich. Wen sonst könnte ich dazu befragen? Wer sonst wäre so allwissend, mitfühlend, allgegenwärtig und leicht zu erfreuen wie du, der Beschützer der Demütigen und die Freude meines Lebens?

Und der ewiggütige Shiva sprach:
Was soll ich dir über den Verdienst sagen, ein Shiva-Linga zu errichten? Ein Mensch kann von allen Sünden gereinigt werden und das Höchste erreichen. Wahrlich, ein Shiva-Linga mit ganzer Hingabe zu widmen, bringt millionenmal mehr Verdienst als die ganze Erde mit all ihrem Gold hinzugeben, als tausende Pferdeopfer, als Wasserstellen in einem ausgetrockneten Land oder das Versorgen von Armen und Kranken. Oh Kalika, wo Mahadeva als Gottheit in einem Linga wohnt, erscheinen Brahma, Vishnu, Indra und alle anderen Götter wie von selbst. Wo Shiva verweilt, entstehen Millionen bekannte und unbekannte Pilgerstätten und andere heilige Orte, und das Land im Umkreis von hunderten Ellen um ein Linga gilt als höchst heiliges Shiva-Feld (geistiges bzw. spirituelles Feld). Es ist vorzüglicher als die Vorzüglichsten der heiligen Orte, denn hier sind alle Unsterblichen und alle heiligen Orte anwesend. Wer mit hingebungsvollem Geist dort wohnt, sei es auch nur für kurze Zeit, wird von allen Sünden gereinigt und erhebt sich nach dem Tod in den Himmel von Shiva. Alles Große und Kleine, was in diesem Shiva-Feld getan wird, vervielfacht sich durch die Majestät von Shiva. Die Sünden, die man von außen mitbringt, verschwinden, aber die Sünden, die man im Shiva-Feld begeht, treffen den Menschen um so härter, wie der Donnerblitz. Die Verdienste, die man dort durch die Rezitation von Mantras und Gottesnamen, durch Wohltätigkeit, Ahnenopfer, Gelübde und andere tugendhafte Taten ansammelt, werden unvergänglich. Nur ein Mantra in der Nähe von Shiva bringt bereits das gleiche Verdienst wie hundert Mantras während einer Sonnen- oder Mondfinsternis. Nur ein Reisbällchen (Pinda) für die Ahnen im Shiva-Feld bringt die gleiche Frucht wie millionen Pindas in Gaya, an der Ganga oder in Prayaga. Selbst ein großer Sünder, dessen Totenopfer im Shiva-Feld dargebracht wird, kann zum Himmel aufsteigen. Wo der Herr des Universums mit der großen Göttin in seiner Linga-Form wohnt, sind alle vierzehn Regionen (Lokas), von der tiefsten Unterwelt über die Erde bis zum höchsten Himmel anwesend.

Damit habe ich nur kurz über die Macht der ewigen Gottheit in seiner Linga-Gestalt gesprochen. Die Heiligkeit des unvergänglichen Lingas ist jenseits aller Worte. Oh Gelübdetreue, selbst deine ausdruckvollsten Bilder werden an den heiligsten Plätzen unrein, wenn sie eine unreine Person berührt. Doch die einfache Linga-Gestalt der Gottheit kann niemals unrein werden. Oh göttliche Kalika, wie es innerhalb des spirituellen Chakra-Kreises keine Verunreinigung gibt, so gibt es auch keine Verunreinigung im heiligen Tempel des Shiva-Feldes. Was könnte ich darüber noch sagen? Die Wahrheit ist, daß selbst ich nicht fähig bin, die Herrlichkeit, Majestät und Heiligkeit des Shivas-Lingas zu beschreiben. Ob das Linga mit einem Sockel (Vedi, das Symbol der Göttin, oft in Gestalt einer Yoni als Mutterschoß) verbunden ist oder nicht, wer es mit Hingabe verehrt, dem wird es alle Wünsche erfüllen.

Shiva-Linga mit Sockel und Bullen
Zur tieferen Symbolik siehe auch Shiva-Purana 2.5.

Bereits die (im Folgenden beschriebene) Adhivasa-Verehrung der Gottheit kann dem vorzüglichen Verehrer schon vor den eigentlichen Weiheriten das Verdienst von tausend Pferdeopfern gewähren. Die zwanzig Utensilien, die man im Adhivasa-Ritus verwendet, sind Erde, Duft, Stein, Reis, Durva-Gras, Blüten, Früchte, Dickmilch, geklärte Butter, Swastika, Zinnober, Muschelhorn, Kollyrium, Rochana (gelbe Farbe), weißer Senfsamen, Silber, Gold, Kupfer, Lichter und Spiegel. Man erhebt jeden Artikel, murmelt die Maya-Keimsilbe („hrīṁ“) und das Brahma-Gayatri-Mantra, spricht „Mit diesem möge der vorzügliche Ritus vollbracht werden!“ und berührt damit, angefangen mit der Erde, den Kopf des Lingas. Dann erhebt man den vorzüglichen Opferkrug, mit dem der Weihe-Ritus ausgeführt werden soll, und berührt damit dreimal den Kopf des Lingas. Nachdem der kundige Verehrer auf diese Weise den Adhivasa-Ritus für die Gottheit vollbracht hat, sollte das göttliche Linga mit Milch und allen anderen Flüssigkeiten gebadet werden, welche im Ritus zur Tempel-Weihe bereits erklärt wurden. Danach wird das Linga mit einem Stück Stoff trockengerieben und auf seinen Platz gestellt. Es folgen die Verehrungen von Ganesha und den anderen Göttern nach den erklärten Regeln, das Kara- und Anga-Nyasa (Hand- und Glieder-Berührung, siehe Kapitel 5.5.) sowie das Pranayama (die Atemzügelung) mit dem heiligen OM. Danach sollte man wie folgt über den ewigseienden Shiva meditieren:

Er ruht gelassen, strahlend wie zehn Millionen Monde, in ein Tigerfell gekleidet, mit einer Schlange als heiliger Schnur, sein ganzer Körper von Asche bedeckt und mit Schlangen als Schmuck. Seine fünf Köpfe sind dunkelrot, gelb, orange, weiß und rot. Er hat drei Augen und trägt verfilzte Locken. Er ist allgegenwärtig, hält die Ganga auf seinem Kopf, und auf seiner Stirn strahlt die Mondsichel. Er hat zehn Arme. In seinen linken Händen hält er Totenkopf, Schlinge, Pinaka-Bogen und Axt. In seinen rechten Händen hält er Dreizack, Donnerblitz, Pfeil und zeigt die Geste des Segnens. Er wird von allen Göttern und Heiligen gepriesen. Seine Augen sind halb geschlossen und verkünden höchste Seligkeit. Sein Körper ist weiß wie Schnee, die Kunda-Blüte oder der Mond. Er sitzt auf einem Bullen und wird Tag und Nacht von heiligen Siddhas, himmlischen Musikern und Nymphen umringt, die ihn mit Hymnen, Gesang und Tanz verehren. Er ist der große Gott der großen Göttin und stets dem Schutz seiner Verehrer gewidmet.

Nachdem man auf diese Weise über Mahadeva, den großen Gott, meditiert und ihn im Geiste verehrt hat, sollte er in das Linga eingeladen und nach den erklärten Geboten mit besten Kräften auch äußerlich verehrt werden. Die Mantras und Gebete für die Darbringung eines Sitzes und aller anderen Dinge habe ich bereits verkündet. Höre nun über das Wurzelmantra des großen Gottes. Dazu verbindet man Maya, Tara und die Shiva-Keimsilbe, und das ist:

hrīṁ oṁ hauṁ

Dann bedeckt man Shivas Körper mit Kleidung und Girlanden aus duftenden Blüten, setzt ihn auf einen schönen Sitz und weiht auch den Sockel (Vedi, das Symbol der Göttin, oft in Gestalt einer Yoni als Mutterschoß). In diesem Sockel sollte die Göttin mit der Maya-Keimsilbe („hrīṁ“), Kara- und Anga-Nyasa (Hand- und Glieder-Berührung, siehe Kapitel 5.5.) sowie Pranayama (Atemzügelung) verehrt werden. Danach meditiert man nach besten Kräften wie folgt über die Göttin:

Ich meditiere über die Reine und Unbefleckte. Ihr Glanz gleicht tausend aufgehenden Sonnen, ihre drei Augen sind wie Sonne, Mond und Feuer, und ihr lächelndes Lotusgesicht ist mit goldenen Ohrringen und Ketten aus Perlen geschmückt. Mit ihren vier Lotushänden zeigt sie die Gesten des Segnens und Schutzgewährens und hält Diskus und Lotus. Ihre Brüste sind groß und rund. Sie ist in safranfarbene Kleider gehüllt und kann jede Gefahr zerstreuen.

Nachdem man auf diese Weise über sie meditiert hat, werden die zehn Wächter der Himmelsrichtungen und der Bulle (als Reittier von Shiva) mit ganzer Hingabe verehrt.

Höre nun über das Mantra der Bhagavati, womit die weltendurchdringende Göttin verehrt werden sollte. Aus der Maya- und Lakshmi-Keimsilbe zusammen mit der Feuer-Shakti entsteht das Mantra:

hrīṁ śrīṁ hūṁ svāhā

Dann erfreut man die Göttin wie bereits beschrieben mit Kleidung und Girlanden und opfert allen Göttern eine Mischung aus Bohnen, Reis, Dickmilch und Zucker. Dieses Opfer sollte in der Ishana-Ecke (Nordost) aufgestellt, mit der Varuna-Keimsilbe („va“) gereinigt und mit Duft, Blüten und dem folgenden Gebet dargebracht werden:

Oh Götter, Heilige, Gandharvas, Nagas, Rakshasas, Gespenster, Mütter, Yakshas, Geisterwesen, Ahnen, Rishis und andere himmlische Wesen, seid gnädig, nehmt dieses Opfer an und lebt im Kreise des großen Gottes und der Göttin.

Dann sollte man so oft man kann das Mantra der großen Göttin murmeln und mit schöner Musik und vorzüglichem Gesang diese Zeremonie abschließen.

Nachdem man diese vorbereitende Zeremonie auf beschriebene Weise beendet hat, beginnt man den folgenden Tag mit den üblichen Reinigungsriten, konzentriert sich auf das Ziel und verehrt die fünf Götter mit Brahma beginnend. Dann folgen die Verehrung der Mütter und der Vasus, das Ahnen-Opfer und die Verehrung der Torhüter des Gottes mit hingebungsvollem und gelassenem Geist. Die vier wohlbewaffneten Torhüter von Shiva sind Nandi, Mahabala, Kishavadana und Gananayaka. Nun bringt man das Shiva-Linga und den Sockel und setzt sie (getrennt) auf ein Sarvato-Bhadra Mandala (siehe Kapitel 10.1.) und einen anderen vorzüglichen Sitz. Dann badet man den großen Gott mit acht Krügen Wasser, während man das Tryambaka-Mantra rezitiert, und verehrt ihn mit den sechzehn Dingen der Verehrung. Danach badet und verehrt man die große Göttin in gleicher Weise mit ihrem Wurzelmantra, und im Anschluß sollte der vorzügliche Verehrer mit gefalteten Händen beten:

Oh gütiger Gott, vor dem sich alle anderen Götter verneigen. Auch ich verneige mich vor dir, und bitte dich als Träger des Dreizacks, Herr von Allem und allumfassender Gott hier zu erscheinen. Oh gütiger Gott, der du deinen Verehrern Segen verleihst, komm in deiner Güte und verweile in diesem Tempel mit der Göttin. Ich verneige mich vor dir wieder und immer wieder. Oh Mutter und Göttin der großen Illusion, die du das Wohlergehen aller Wesen suchst, bitte sei freundlich mit dem Gott vereint. Ich verneige mich vor dir, oh Geliebte von Shiva. Komm in dieses Haus, oh Göttin, die alle Segen gewähren kann. Sei gnädig und gewähre uns allen Wohlstand. Erhebe dich, oh Königin der Götter, und wohne mit deinem Gefolge freudig an diesem Ort. Möget ihr beide vereint zufrieden sein und stets freundlich zu euren Verehrern.

Nachdem man auf diese Weise zu Shiva und der Göttin gebetet hat, sollten sie dreimal rechtsherum mit Freudenrufen und Gesang um den Tempel getragen und danach wieder innen aufgestellt werden. Dann wiederholt man das Wurzelmantra, und mit folgendem Gebet sollte ein Drittel des Lingas in ein entsprechendes Loch im Sockel aus Stein oder Ton versenkt werden:

Oh Mahadeva, großer Gott, ich verneige mich und bitte dich, verweile hier solange Mond und Sonne mit der Erde und den Ozeanen bestehen.

Nachdem der ewiggütige Shiva auf diese Weise mit der Göttin vereint wurde, richtet man ihre Spitze nach Norden aus und betet:

Oh Mutter des Universums, führe das Werk der Schöpfung, Erhaltung und Auflösung fort. Verweile hier solange Sonne und Mond existieren.

Nachdem der Sockel ausgerichtet wurde, sollte man das Linga berühren und beten:

Ich rufe die dreiäugige unvergängliche Gottheit, die auf dem Lotusthron sitzt, in dessem Kreis sich alle Wesen versammeln, die Geister, Gespenster, Nagas, Dämonen und Götter, Vishnu, Brahma und Rudra, die himmlischen Mütter und die Heiligen, der himmlische Baumeister Vrihaspati und alle Geschöpfe der Lüfte, des Wassers und der Erde. So komm, oh Gottheit, in dieses Bildnis, das von Brahma zum Wohle, zur Freude und zum Himmel für alle Wesen geschaffen wurde.

Oh Geliebte, danach sollte Shiva nach den Geboten der Weihe von Götterbildnissen gebadet, in genannter Weise meditiert und mit geistigen Gaben verehrt werden. Dann bringt man ein besonderes Gastgeschenk (Arghya) dar, ehrt die Geisterschar von Shiva, meditiert über die Gottheit, legt Blüten auf das Linga und belebt es mit folgendem Mantra:

āṁ hrīṁ krōṁ yaṁ raṁ laṁ vaṁ śaṁ ṣaṁ saṁ hauṁ haṁsaḥ

Dann wird der Mann von der Tochter der Berge mit Sandel, Aloe und Safran eingerieben, mit den sechzehn Darbringungen verehrt und mit dem Geburtsritus, Namensritus und anderen Riten initiiert. Nach diesen Riten entsprechend den erklärten Geboten und nach der Verehrung der Göttin im Sockel sollten die acht Namen und Formen von Shiva sorgsam verehrt werden:

Verehrung dem Sharva in Verbindung mit der Erde, dem Bhava mit dem Wasser, dem Rudra mit dem Feuer, dem Ugra mit dem Wind, dem Bhima mit dem Raum, dem Pashupati (Herr der Tiere) mit dem Opfernden, dem Mahadeva mit dem Nektargebenden (Mond) und Ishana mit der Sonne.

Jeder von ihnen sollte nacheinander in der jeweiligen Richtung von Ost bis Nordost eingeladen werden. Dazu rezitiert man am Anfang das OM und am Ende das Namah. Dann folgt die Verehrung von Indra mit den anderen Wächtern der Himmelsrichtungen und den acht göttlichen Müttern mit Brahmi beginnend sowie die Widmung eines Bullen als Reittier, eines Sonnendachs, eines Tempels und ähnlichem. Danach betet er mit gefalteten Händen und ganzer Hingabe wie folgt zum Mann der Parvati:

Oh Ozean des Mitgefühls, oh höchster Herr, ich bitte dich, in diesem Linga zu leben. Sei befriedet, oh großer Gott, als Ursache aller Ursachen, und wohne in diesem Haus solange die Erde mit ihren Ozeanen und Sonne und Mond bestehen. Ich verbeuge mich demütig vor dir, oh Träger der drei Welten, und bitte dich, mir jede Schuld zu vergeben, falls durch dieses Bildnis und den Ritus versehentlich irgendwelche Wesen verletzt oder getötet wurden.

Schließlich umrundet der Verehrer das Linga zu seiner Rechten, verneigt sich vor der Gottheit und geht nach Hause. Am nächsten Morgen sollte er zurückkehren und erneut einen Bade-Ritus für Shiva, den Träger der Mondsichel, durchführen. Zuerst wird er mit fünf nektargleichen Flüssigkeiten und hundert Krügen Duftwasser gebadet, dann nach besten Kräften verehrt und wie folgt gebeten:

Oh Herr der Uma, falls sich in diese Verehrung irgendwelche Fehler, Unterlassungen oder nachlassende Hingabe eingeschlichen haben, so vergib mir und wandle diese Schwächen zum Guten. Möge sich mein Verdienst in dieser Welt unvergänglich ausbreiten, so lange die Erde mit ihren Ozeanen und Mond und Sonne bestehen. Ich verneige mich vor dem dreiäugigen Rudra mit dem hervorragenden Dreizack, der von Vishnu, Brahma, Indra, dem Sonnengott Surya und allen anderen Göttern verehrt wird. Ich verneige mich wieder und wieder.

Dann möge der Verehrer Geschenke geben und Brahmanen, Kulas und Bedürftige speisen. Nun sollte man die Gottheit jeden Tag so gut man kann verehren und das aufgestellte Shiva-Linga nie wieder entfernen. Oh große Göttin, damit habe ich dir kurzgefaßt die Riten bezüglich der Weihe von beweglichen Shiva-Lingas als Essenz aller Agamas (tantrischen Gebote) erklärt.

Da sprach die heilige Göttin:
Oh Herr, bitte sag, was soll der Verehrer tun, wenn man ungewollt die tägliche Götterverehrung versäumt? Erkläre bitte auch, durch welche Fehler ein Bildnis für die Götterverehrung unbrauchbar wird und zurückgewiesen werden sollte. Und was soll man daraufhin tun?

Und der ewiggütige Shiva sprach:
Die unbeabsichtigte Vernachlässigungen der Götterverehrung über einen Tag bereinigt man durch zwei zusätzliche Verehrungen. Über zwei Tage sind vier angebracht und über drei Tage acht. Dauert die Vernachlässigung länger als drei Tage, aber kürzer als sechs Monate, dann sollte der Kluge das Bildnis der Gottheit mit acht Krügen Wasser reinigen und weiterhin verehren. Wird die Verehrung länger als sechs Monate vernachlässigt, sollte der Kenner der Gebote die oben beschriebene Weihe-Zeremonie achtsam wiederholen und die Verehrung fortsetzen.

Der Kluge sollte kein Götterbildnis verehren, das zerbrochen oder verunstaltet wurde, von einem Aussätzigen berührt oder auf einen unreinen Platz gefallen ist. Ein zerbrochenes oder verunstaltetes Bildnis sollte dem Wasser übergeben und versenkt werden. Ein verunreinigtes Bildnis sollte erneut geweiht und weiter verehrt werden. Die Lingas jedoch, die im Boden als Symbol der Göttin fest verankert wurden, sind immer von jedem Makel frei und können stets verehrt werden, um die große Glückseligkeit zu erreichen.

14.1. Der Weg der höchsten Befreiung

Oh Mahamaya, alles, was du zum Wohle der Menschen gefragt hast, die mit der Absicht auf Früchte handeln, habe ich dir ausführlich beantwortet. Solche Menschen können keinen Augenblick ohne Handeln leben. Selbst wenn sie es gar nicht wollen, werden sie von der Energie ihres angesammelten Karmas zum Handeln getrieben. Durch Handeln erfreuen sie sich an Glück, und durch Handeln treffen sie auf Leiden. Sie werden geboren, leben und sterben als Sklaven ihrer Taten. Für sie habe ich die verschiedenen Riten voller Verehrung erklärt, um die geistig Schwachen auf den Pfad des Dharmas zu führen, damit sie nicht im sündhaften Handeln versinken. Denn für sie gibt es zwei Arten des Handelns, verdienstvolles und sündhaftes. Die Wirkung des sündhaften Handelns ist schweres Leiden, das den Menschen trifft. Doch selbst jene, oh Göttin, die verdienstvoll handeln, aber nach den Früchten greifen, werden von ihrem Karma gebunden und müssen immer wieder in diese Welt zurückkehren. Denn solange das angesammelte Karma einer Person nicht erloschen ist, solange kann sie auch in hunderten Zeitaltern keine Erlösung finden. So wie man mit goldenen oder eisernen Ketten gebunden werden kann, so auch mit guten oder schlechten Taten.

Solange ein Mensch kein wahres Wissen erreicht, kann er keine Befreiung finden, auch wenn er den ganzen Tag religiöse Riten und hunderte Askeseübungen vollbringt. Die Erkenntnis des Weisen mit reiner Seele, der von der Dunkelheit der Illusion befreit wurde, entsteht durch beständige Meditation über das Höchste Brahman und aus dem Handeln, ohne nach den Früchten zu greifen. Er erkennt, wie alles, vom kleinsten Grashalm bis zum Schöpfergott aus Illusion (Maya) entsteht, und daß das Brahman das Eine und die höchste Wahrheit ist. Wer Namen und Formen loslassen kann und die vollkommene Erkenntnis des ewigen und unwandelbaren Brahman erreicht, wird von den Ketten des Handelns befreit. Diese Befreiung kommt nicht von Mantramurmeln, Feueropfern oder endlosem Fasten. Der Mensch wird befreit, wenn er wahrhaft erkennt: „Ich bin das Brahman.“ Wer die höchste Seele (Atman) als ewigen Zeugen erkennt, als Wahrheit, als das allumfassende Eine ohne ein Zweites, als das Höchste von allem, der erreicht die große Befreiung, das Nirvana.

Die Vorstellungen von Namen und Formen sind wie das Spiel kleiner Kinder. Wer dieses Kinderspiel aufgeben und sich dem Brahman hingeben kann, wird zweifellos befreit. Wenn gedankliche Vorstellungen zur Befreiung führen könnten, dann würde jeder, der im Traum ein Königreich gewonnen hat, auch ein König sein. So bleibt auch die Verehrung erfolglos und die befreiende Erkenntnis unerreichbar, wenn man die Gottheit nur in geweihten Bildnissen aus Erde, Stein, Metall oder Holz sieht und nicht in allen Geschöpfen. Auch führt weder das Abzehren noch das Sättigen des Körpers zur Befreiung, ohne die Erkenntnis der Einheit des Brahman. Denn wenn das Gelübde, sich nur von Luft, Blättern, aufgesammelten Körnern oder Wasser zu ernähren, zur Befreiung führen würde, dann müßten Schlangen, Kühe, Vögel oder Fische diesem Ziel viel näher sein.

Die äußerliche Verehrung ist der erste Schritt, dann folgt das Lobpreisen und Mantramurmeln, danach die Erfahrung in der Meditation, und der höchste Zustand des Geistes ist die alldurchdringende Erkenntnis des All-Einen, des Brahman. Yoga ist die Vereinigung der individuellen Seele mit der Höchsten Seele, und das Verehrungsritual (Puja) ist die Vereinigung des Verehrers mit dem Verehrten. Wer jedoch die Einheit des Brahman in Allem erkennt, benötigt weder Yoga noch Ritual. Wer die höchste Erkenntnis im Brahman erreicht hat, wozu braucht er noch Mantramurmeln, Opfer, Entsagung, Zügelung und Gelübde? Wer das Brahman erkennt, die Wahrheit, das reine Bewußtsein, die Glückseligkeit und das Eine, vereint sich wesenhaft mit dem Brahman. Welchen Nutzen hätten für ihn noch Verehrungsritus, Mediation und Konzentration? Wer das all-eine Brahman erkannt hat, überwindet Sünde und Verdienst sowie Himmel und Wiedergeburt. Da gibt es weder etwas, worüber man meditieren müßte, noch irgend jemanden, der meditiert. Der Geist, der von jeder Anhaftung an die Dinge befreit ist, ist grundlegend befreit. Was könnte ihn noch binden? Wovon müßte er sich befreien, wie es Unwissende versuchen?

Er wohnt in diesem Universum, das durch Illusion geschaffen wurde, die selbst Götter nicht durchdringen können, als würde er existieren, aber existiert nicht. Der höchste Geist als ewiger Zeuge ist in seinem Wesen wie der Raum, der in allen Dingen außerhalb und innerhalb besteht und weder Geburt, noch Kindheit, Jugend, Alter und Tod kennt. Der höchste Geist ist reines Bewußtsein, immer vollkommen und kann weder entstehen noch vergehen. Es ist nur die körperliche Hülle, die geboren wird, wächst und vergeht. Diesen Körper sehen die von Illusion getäuschten Menschen und erkennen nicht das wahre Wesen. Wie die Sonne sich in Gewässern spiegelt und vielfach erscheint, so erscheint durch Illusion der eine Geist vielfach in verschiedenen Körpern. Wie sich der reflektierte Mond auf den Wellen von aufgewühltem Wassers bewegt, so scheint sich auch der Geist auf den Wellen der aufgewühlten Gedanken zu bewegen. Und wie der Raum innerhalb eines Kruges immer noch der gleiche bleibt, wenn der Krug zerbricht, so bleibt auch der Geist der gleiche, wenn der Körper vergeht.

Oh Göttin, die Erkenntnis des wahren Geistes, auch Selbsterkenntnis genannt, ist der Weg zur höchsten Befreiung, und wer sie erreicht, ist wahrlich und vollkommen befreit, selbst wenn er noch in dieser Welt lebt. Daran gibt es keinen Zweifel. Weder durch Taten, noch durch Nachkommenschaft oder Eigentum kann man diese Befreiung erlangen, nur der Geist allein kann sie dem Geist gewähren. Denn es ist der Geist, der alles liebt, und es gibt nichts Liebenswerteres als den Geist. Oh Shiva-Shakti, nur durch die Einheit des Geistes können sich die Wesen gegenseitig lieben. Durch die Kraft der Illusion (Maya) erscheinen Wissen, Wissender und Objekt des Wissens als drei unterschiedliche Dinge. Doch wer es tiefer untersucht, wird nur den Geist finden. Das Wissen ist Geist, der Wissende ist Geist und das Objekt ist ebenfalls Geist. Wer das erkennt, erkennt den wahren Geist, das ewige Selbst, das Brahman.

Damit habe ich über die Erkenntnis gesprochen, welche die wahre Ursache der höchsten Befreiung ist, dem Nirvana. Dies ist der höchst vorzüglichste Reichtum aller vier Arten der Asketen (der Avadhutas).

Da fragte die heilige Göttin:
Du sprachst bereits von den zwei Lebensweisen der Menschen als Hausväter und Bettelmönche. Was ist nun diese seltsame Unterscheidung in die vier Arten der Asketen, die du erwähntest? Ich möchte die Unterschiede klar und deutlich verstehen. Sei so gütig, oh Herr, und sprich ausführlich darüber.

14.2. Die vier Arten der Asketen und das große Mantra

Und der heilige und ewiggütige Shiva sprach:
Oh verehrte Göttin der Kulas, alle Brahmanen, Kshatriyas und anderen Menschen, die das Brahman-Mantra üben und das Brahman verehren, sollten als Asketen (Avadhutas) betrachtet werden, selbst wenn sie das Leben der Hausväter führen. Und jene Menschen, die (darüber hinaus) mit der Kula-Initiation (Purnabhisheka) geweiht wurden, sollten als Shiva-Asketen anerkannt werden. Beide, die Brahma- und Shiva-Asketen sollten in ihrer jeweiligen Lebensweise alle Handlungen nach den Geboten vollbringen, die ich aufgestellt habe. Sie sollten berauschende Speisen oder Getränke in angemessener Weise nur verzehren, wenn sie dem Brahman oder geistigem Kreis (Chakra) geopfert wurden. Oh schöne Göttin, die Kula-Gebote, die dem Dharma entsprechen, habe ich bereits ausführlich erklärt. Brahma- und Shiva-Asketen sollten ihre täglichen Reinigungen, die Morgen- und Abendgebete, Essen und Trinken, Wohltätigkeit und den Verkehr mit ihren Ehefrauen entsprechend diesen Tantra-Regeln (Agamas) ausrichten.

Oh Geliebte, die genannten Asketen sind wiederum von zweierlei Art, die verwirklichten (vom egoistischen Anhaften befreit) und die angehenden. Der Verwirklichte wird Paramahamsa (höchster Schwan) genannt und der Angehende Parivrat (allein Wandernder). Wer die Weihe als Asket erhalten, aber die vollkommene Erkenntnis noch nicht erreicht hat, sollte sein Leben in der Welt nutzen, um den Geist zu reinigen. Er sollte die Zeichen seiner Kaste tragen, die Kula-Riten üben und sich beständig dem Brahman widmen, um die höchste Erkenntnis zu erreichen. Er sollte seinen Geist von jeglicher Anhaftung befreien, während er seine weltlichen Aufgaben vollbringt, beständig das Mantra „Om Tat Sat“ („OM - Das Eine Sein“) murmeln und die Einsicht „So'ham“ („Er ist Ich“) pflegen. Indem er seine weltlichen Aufgaben ohne Anhaftung erfüllt, wie ein Wassertropfen auf einem Lotusblatt, durchschaut er die bindenden Prinzipien der Natur (Tattwas) und kann den Geist reinigen und befreien. Sei es ein Hausvater oder Asket, wer seine Taten mit dem Mantra „Om Tat Sat“ vollbringt, wird immer erfolgreich sein. Selbst Mantramurmeln, Feueropfer, Weiheriten und alle anderen heiligen Zeremonien werden mit „Om Tat Sat“ zweifellos von allen Fehlern gereinigt. Wozu benötigte man noch andere Mantras? Wozu bräuchte man noch andere geistige Übung? Mit diesem Brahman-Mantra kann man alle Riten beenden. Oh große Mutter, dieses Mantra ist einfach, leicht zu üben und kann vollkommenen Erfolg gewähren. Dieses große Mantra ist der höchste Weg. Wer dieses Mantra mit seinem Körper verbindet, als würde er es auf alle Teile seines Hauses schreiben, dem wird dieses körperliche Haus zu einem heiligen Ort.

Oh große Göttin, ich sage dir wahrlich die Wahrheit, wenn ich das Mantra „Om Tat Sat“ mit meinen Worten über die Essenz der Essenzen aller Nigamas, Agamas und anderer Tantra-Schriften erhebe. Dieses höchst vorzügliche Mantra „Om Tat Sat“ durchbricht Gaumen, Schädel und Krone von Brahma, Vishnu und Shiva und manifestiert sich selbst. Wenn die vier Arten der Nahrung und andere Dinge mit diesem Mantra geweiht werden, dann bedürfen sie keiner weiteren Weihe. Wer das große Mantra „Om Tat Sat“ beständig übt und überall das große Wesen erkennt, wird zum König der Kulas, und mit reinem Herzen handelt er stets, wie es sein soll. Durch Wiederholung dieses Mantras wird der Mensch zum Heiligen, durch Erkenntnis seiner Bedeutung zum Befreiten und durch die Verwirklichung von beidem zum Brahman in verkörperter Form. Dieses große, dreisilbige Mantra ist der Urgrund von allem, und durch seine Übung läßt sich sogar der Tod überwinden. Wie man das Mantra auch murmelt, ob mit drei Silben, zwei oder einer Silbe, der Verehrer wird mit Erfolg gesegnet.

Oh höchste Göttin, wer durch die Weihe zum Shiva-Asketen gereinigt wurde und sich von der Anhaftung am Handeln löst, (verliert jede Schuld und) muß keine Riten mehr für die Götter, Rishis und Ahnen durchführen. Er wird zum Verwirklichten unter den Asketen und verdient den Namen Hamsa (weißer Schwan), während die anderen drei Arten noch Askese üben und Erfolg suchen. Doch sie sind auf dem Weg und im Grunde bereits befreit und dem Shiva gleich (dem reinen Geist). Ein Hamsa muß weder mit Frauen verkehren noch Metall berühren (Waffen, Werkzeuge, Schmuck usw.). Von allen Bindungen gelöst wandert er frei über die Erde und ist mit dem zufrieden, was ihm gegeben wird. Ein Hamsa, der im Brahman eins geworden ist, kann die Zeichen seiner Kaste und die Aufgaben als Hausvater ablegen und ohne Ziel und Kampf durch diese Welt gehen. Stets zufrieden im Geist ist er frei von Sorge und Illusion, heimat- und furchtlos, voller Mitgefühl und ein Freund aller Wesen. Er benötigt weder Essen noch Trinken, weder Mediation noch Konzentration. Als Heiliger ist er befreit von egoistischer Anhaftung, erlöst von den Zwängen der Gegensätze und erhebt sich wie ein weißer Schwan.

Oh Göttin, damit habe ich dir ausführlich die Merkmale der vier Arten der Kula-Asketen erklärt, die nichts anderes als meine Verkörperungen sind. Wer sie sieht oder berührt, mit ihnen spricht oder sie beschenkt, erntet die Frucht einer Pilgereise zu allen heiligen Plätzen. Denn wahrlich, oh Geliebte, alle Heiligtümer und Pilgerstätten dieser Welt wohnen im Körper eines Kula-Heiligen. Wer sie verehrt und ihnen die Dinge der Kula-Verehrung widmet, ist wahrlich gesegnet und geheiligt, wird sein gewünschtes Ziel erreichen und die Frucht aller Opfer ernten. Denn allein durch die Berührung dieser Heiligen wird das Unreine rein, das Unberührbare berührbar und das Ungenießbare genießbar. Durch ihre Berührung werden selbst die Lasterhaften, Grausamen, Bösartigen, Barbaren oder Räuber gereinigt. Wer sonst wäre verehrungswürdiger als solche Heiligen? Wer nur einmal einen Kula-Heiligen mit den geweihten Kula-Tattwas (den Dingen, die uns gewöhnlich binden, wie Wein, Fleisch usw.) auf dem Kula-Weg verehrt, verdient bereits höchstes Lob in dieser Welt.

Oh Göttin mit dem Lotusgesicht, kein Dharma ist höher als das Kula-Dharma (der Einheit). Wer darin Zuflucht sucht, auch wenn er aus der untersten Kaste stammt, wird gereinigt und kann ein Kula-Heiliger werden. Wie die Fußabdrücke aller Tiere in den Fußabdruck eines Elefanten passen, so passen alle heiligen Gebote in das Kula-Gebot (der Einheit).

Oh Geliebte, so heilig sind die Kula-Heiligen wie die Götterbilder in den heiligen Tempeln. Allein durch ihre Anwesenheit können sie sogar die niedersten Menschen reinigen. Wie fremdes Wasser in die Ganga fließt und zur Ganga wird, so können alle Menschen, die dem Kula-Weg folgen zu Kula-Heiligen werden. Und wie die Flüsse in den Ozean münden, dabei ihr Getrenntsein verlieren und mit dem Ozean eins werden, so kann der Mensch in den Kula-Ozean eingehen, seine egoistische Anhaftung verlieren und zum Kula-Heiligen werden. Alle Menschen können unabhängig von ihrer Kaste oder Geburt diesen Kula-Weg der Einheit gehen. Wer diesen Weg kennt, aber bewußt ablehnt, der mißachtet das Dharma, trennt sich von der Tugend und geht den Weg abwärts. So soll auch ein Kula in die dunkelste und schrecklichste Hölle sinken, der andere belügt und jene täuscht, die den Kula-Weg suchen. Und nicht anders soll es dem Kula ergehen, der einen Kastenlosen, Barbaren oder auch eine Frau aus Mißachtung ablehnt und ihnen die Initiation in das Kula-Dharma verweigert. Denn der Verdienst einer Initiation in das Kula-Dharma ist millionenfach größer als hunderte Waschungen oder sonstige Riten.

Welcher Kaste man auch angehört und welcher Religion man auch folgt, wer den Kula-Weg geht, befreit sich von seinen Fesseln und erhebt sich zum Höchsten. Die Kulas, die den Geboten von Shiva (dem reinen Geist) folgen, werden zu heiligen Stätten und zu Shiva selbst. Sie ehren und achten alle Wesen voller Zuneigung, Mitgefühl und großer Liebe. Was wäre sonst noch zu sagen? Ich spreche die Wahrheit zu dir, wenn ich den Kula-Weg der Einheit als einzige Brücke über den Ozean der Existenzen bezeichne. Es gibt keinen anderen Weg zur Befreiung. Das Kula-Dharma schlägt alle Zweifel an der Wurzel ab, vernichtet angesammelte Sünden und den ganzen Berg des Karmas. Höchst vorzüglich sind alle Kulas, die voller Wahrhaftigkeit und Vertrauen in das Brahman aus Mitgefühl andere Menschen einladen, sich auf dem Kula-Weg zu reinigen.

Oh Göttin, damit habe ich dir den ersten Teil des Mahanirvana-Tantra für das Heil der Menschen (im Kali-Zeitalter) verkündet. Er enthält den Kern aller Religionen. Wer es täglich hört oder liest, kann von allen Sünden befreit werden und das Nirvana, die höchste Befreiung erreichen.

Ein Mensch, der diesen König der Tantras versteht, welcher die höchste Essenz aller Tantras enthält, wird auch alle anderen heiligen Bücher verstehen. Wer dieses große Tantra verinnerlicht, wird von allen Fesseln des Handelns befreit. Welchen Nutzen hätte er noch von Pilgerreisen, Mantramurmeln, Opfern oder religiösen Riten? Oh Kalika, wer dieses Tantra (das Netz der geistigen Verbundenheit) erkennt, versteht alle heiligen Schriften, verwirklicht Dharma und Weisheit, erkennt das Brahman und ist ein Heiliger. Wer dieses Tantra kennt, kennt alles und bedarf keiner Veden mehr, noch der Puranas, Smritis, Samhitas oder anderer Tantra-Schriften.

Oh Göttin der Natur, auf deinen Wunsch hin habe ich dir diese mystischen Riten und Übungen auf dem Weg zur höchsten Erkenntnis über die Prinzipien dieser Welt (Tattwa-Jnana) offenbart. Oh Tugendhafte, wie du mir als höchst vorzügliche Brahma-Energie besonders lieb bist, so ist mir auch dieses Mahanirvana-Tantra lieb. Wie der Himalaya unter den Bergen, der Mond unter den Sternen und die Sonne unter allen Lichtern so ist dieses Tantra der König unter allen Tantras. In diesem Tantra ist das gesamte Dharma enthalten. Es ist der vorzüglichste Weg zur Erkenntnis des Brahman. Wer es hört oder liest und verwirklicht, wird zweifellos diese Erkenntnis erreichen. In einer Familie, wo dieses Tantra lebendig ist, wird es keinen Lasterhaften geben. Wer auch immer in der Dunkelheit der Illusion erblindet ist, in den Schlingen seiner Taten gefangen und von Trägheit überwältigt, dieses große Tantra kann das angesammelte Karma auflösen. Oh große Göttin, durch Hören, Studieren, Lernen, Verehren und Hingabe führt dieses Tantra zur höchsten Befreiung, zum Nirvana. Schritt für Schritt habe ich dir den umfassenden Tantra-Weg erklärt, der alle anderen spirituellen Wege enthält. Es gibt keinen höheren Weg.

Im zweiten Teil dieses Tantras werden die Kreise der unteren, irdischen und himmlischen Welten erklärt (Patala-Chakra, Bhu-Chakra und Jyotish-Chakra, unsere Verbindung mit der Unterwelt, der Erde und dem Kosmos mit den Göttern und der Astrologie der Planeten und Sterne). Wer diese durchschaut, durchschaut zweifellos alles. Wahrlich, wer dieses Tantra mit der zweiten Hälfte meistert, durchschaut die drei Zeiten von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und alle drei Welten. (Ob es einen zweiten Teil in Textform gibt oder gab, ist unklar. Zumindest konnten ihn weder Manmatha Nath Dutt noch Sir John Woodroffe in die Hände bekommen.)

Es gibt viele Arten der Tantras und viele andere heilige Schriften, und sie alle sind in diesem Mahanirvana-Tantra vereint wie die sechzehn Teile (die Muhurtas in einem ganzen Tag). Was könnte ich dir noch über die Größe dieses Werkes sagen? Es führt den Menschen durch Erkenntnis zum Brahman-Nirvana, zur Höchsten Befreiung.

OM - Damit endet diese Übersetzung des Mahanirvana-Tantra. - Unseren Kindern und Enkelkindern gewidmet. - OM Shanti OM


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