Pushpak Mahanirvana-TantraZurück WeiterNews

Kapitel 11 - Verbindung von Sünde und Schuld, Buße und Bestrafung

Als die heilige Göttin diese Worte von Shiva über das Dharma hörte, war sie höchst erfreut und fragte:
Oh Herr, du hast mir aus Zuneigung und Allwissenheit die Gebote der verschiedenen Kasten, Lebensweisen, Reinigungsriten und Initiationen zum Wohle der Welt erklärt. Doch die Menschen im Kali-Zeitalter sind übelgesinnt, leidenschaftlich, blind vor Haß und Begierde, gottlos, unruhig und süchtig nach Sinnesgenuß und werden deinen Geboten in ihrer Unwissenheit nicht freiwillig folgen. Oh großer Gott, wie können sie Befreiung erreichen?

Und der ewiggütige Shiva sprach:
Oh Göttin und Mutter der Welt, die stets das Wohlergehen aller Welten sucht, deine Frage ist gut. Du bist Durga (die Dunkle und schwer Verständliche) und befreist die Menschen von den Fesseln der Geburt und dem Leiden dieser Welt. Du bist die Ursprüngliche und nährst und beschützt alle Wesen. Du bist größer als das Größte und der Urgrund für das ganze belebte und unbelebte Universum. Du bist das Wesen der Erde mit dem Geruch, das Wasserwesen mit dem Geschmack, das Feuerwesen mit den sichtbaren Formen, das Windwesen mit den Gefühlen und das Raumwesen mit dem Klang sowie das Ichbewußtsein mit den Gedanken und die universale Intelligenz mit der Vernunft. Du bist die Seele der Welt und die große Göttin des Lernens durch das Bewußtsein der Sinne, durch die Gedanken und die Vernunft. Du bist das Leben und die Existenz des ganzen Universums. Du bist die Veden, das heilige OM, die Gesetze, Lehren und Tantras. Du durchdringst alle weltlichen Gebote und wirkst stets zum Wohle aller Wesen. Du bist Mahakali, Mahalakshmi, Mahanila-Sarasvati, Mahodari, Mahamaya, Maharaudri und Maheshvari. Du bist allwissend, die Quelle allen Wissens und nichts bleibt dir verborgen.

Oh Weise, weil du mich gefragt hast, werde ich zu deinem Wohl sprechen. Oh Göttin, was du von den Wegen der Menschen gesagt hast, ist wahr. Obwohl sie im Inneren wissen, was gut für sie ist, werden sie von den sündhaften Begierden geblendet, die kurzfristiges Glück versprechen. So können sie nicht mehr zwischen Recht und Unrecht unterscheiden und verlassen den Dharma-Weg der Tugend und Gerechtigkeit. So höre nun, was ich zu ihrer Befreiung verkünde.

Unheilsames Handeln und das Zurückweisen heilsamer Taten führen zur Sünde, und die Sünde führt zu Sorgen, Leid und Unglück. Oh Kula-Göttin, wisse, daß die Sünde zweifach ist, und sowohl zum eigenen Leiden wie auch zum Leiden anderer führt. Die Sünde, die sich nach außen richtet und andere verletzt, wird mit der gerechten Bestrafung durch den König gereinigt. Die Sünde, die sich nach innen richtet und einen selbst verletzt, wird durch Askese, Entsagung und Buße gereinigt. Ein Sünder, der weder durch Bestrafung noch Buße gereinigt wurde, wird zwangsläufig in die Hölle sinken und in der kommenden Welt auf entsprechend schreckliche Qualen treffen.

Oh Erste der Göttinnen, ich werde nun zuerst über die Gebote für die Bestrafung durch Könige sprechen. Der König, der diese Pflicht versäumt, wird mit seinem Volk untergehen. In der Ausübung des Rechts sollte der König mit gleichen Augen auf Diener, Söhne, Asketen, Freunde und Feinde blicken. Wenn der König selbst einer Sünde schuldig wird oder einen Unschuldigen verletzt hat, dann sollte er sich durch Fasten oder Geschenke an den Verletzten reinigen. Und wenn der König erkennt, daß er einer Sünde schuldig wurde, welche die Todesstrafe fordert, dann sollte er seinem Königreich und allem Reichtum entsagen, in die Wälder gehen und härteste Askese üben, um sich durch Buße von dieser Schuld zu befreien. Ein König sollte stets mit Vernunft bestrafen, und weder ein kleines Vergehen mit großer Strafe richten noch ein großes Vergehen mit zu kleiner Strafe. Eine große Strafe für ein kleines Vergehen ist nur im Ausnahmefall gerechtfertigt, wenn er damit viele andere von der gleichen Straftat abhalten kann. So ist im Ausnahmefall auch eine kleine Strafe für ein großes Vergehen erlaubt, wenn es ein Einzelfall war, der Täter Scham und Reue zeigt und darüber hinaus ein tugendhafter Mensch ist. Und falls ein heiliger Kula oder Brahmane trotz seiner Ehrwürdigkeit eines kleinen Vergehens schuldig wurde, dann sollte er vom König zumindest mit einer Rüge getadelt werden. Denn ein König, der nicht vernünftig und angemessenen bestraft, nachdem er sich mit seinen Ministern beraten hat, wird zu einem großem Sünder.

Wie ein Sohn seine Eltern nicht verlassen sollte oder eine Frau ihren Ehemann, so sollten die Untertanen ihren König nicht verlassen, auch wenn er gelegentlich unfreundlich erscheint. Im Gegenteil, die Untertanen sollten das Königreich, den Besitz und das Leben ihres rechtmäßigen Königs beschützen, ansonsten werden sie mit ihm gemeinsam untergehen.

Oh Shiva-Shakti, wer seine Mutter, Schwester oder Tochter schändet, begeht eine sehr große Sünde, als würde er mit Absicht seinen geistigen Lehrer töteten oder das Kula-Gelübde nehmen, um es zu verleumden und das Vertrauen zu brechen, und verdient die Todesstrafe. Der sündhafte Mann, der mit lustvoller Begierde ins Bett blutsverwandter Frauen (bzgl. Inzest), der Frau oder Tochter seines Lehrers oder eines unverheirateten Mädchens steigt, sollte mit Kastration bestraft werden (dem Abschneiden des Penis). In gleicher Weise sollte auch die Frau bestraft werden, die sich solcher Sünde mit Lust hingibt, indem man ihre Nase abschneidet und sie aus dem Haus wirft, um sie von ihrer Sünde zu reinigen. Der Mann, der mit der Frau oder Tochter eines Sapindas (bzgl. Inzest) oder der Frau eines Freundes schläft, sollte mit der Wegnahme seines ganzen Besitzes und dem Scheren seines Kopfes bestraft werden. Wer aus Unwissenheit eine Frau in der Brahma-, Shiva- oder anderen Form der Hochzeit heiratet, die den Sapinda Regeln (bzgl. Inzest) unterliegt, sollte sich von ihr trennen, sobald es ihm bekannt wird. Ein Mann, der die Ehefrau eines Mannes aus seiner Kaste oder einer niederen Kaste begattet, sollte mit einer Hunger-Buße für einen Monat bestraft werden. Ein Kshatriya, Vaisya, Shudra oder Samanya, der wissentlich mit der Ehefrau eines Brahmanen oder Kula-Heiligen schläft, verdient die Kastration, und die Ehefrau sollte geschieden und aus dem Königreich verbannt werden. Alle anderen Männer, die sich an Ehefrauen höherer Kasten vergehen, sollte der Könige mit einer Hunger-Buße über drei Monate bestrafen. Und falls sich die Frau solcher Sünde lustvoll hingegeben hat, verdient sie die gleiche Strafe. Wurde die Frau schwanger, sollte sich der Übeltäter zurückziehen, aber für den Unterhalt sorgen. Darüber hinaus kann der Ehemann seine rechtmäßig geheiratete Frau jederzeit verstoßen, wenn sie von einem anderen Mann mit oder gegen ihren Willen begattet wurde.

Oh Göttin, wer es mit Prostituierten, Kühen oder anderen Tieren treibt, sollte durch eine Hunger-Buße über drei Tage gereinigt werden. Wer jedoch eine Frau auf unmenschliche Weise schändet und quält, verdient vom König die Todesstrafe, selbst wenn sie den ausgestoßenen Chandalas angehört. Das ist Shivas Gebot. Ein Mann sollte nur jene als seine Frau betrachten, die er auf Brahma- oder Shiva-Art rechtmäßig geheiratet hat. Alle anderen Frauen gehören anderen. Wer voller Begierde auf die Frau eines anderen schaut, sollte einen Tag fasten, um sich selbst zu reinigen. Wer sie an einem einsamen Ort belästigt, sollte zwei Tage fasten. Wer sie berührt, drei Tage, und wer sie umarmt, acht Tage, um sich von seiner Begierde zu reinigen. Die gleichen Gebote der Reinigung gelten auch für Frauen, die mit lustvollem Geist andere Männer begehren.

Wer eine andere Frau mit anzüglichen Worten anspricht, auf ihre entblößten Glieder starrt oder sie verspottet, sollte für zwei Tage fasten. Wer seinen nackten Körper anderen zeigt oder andere entblößt, sollten ebenfalls für zwei Tage fasten. Wenn der Ehemann feststellt, daß seine Frau fremdgeht, sollte der König sie und ihren Liebhaber nach den gegebenen Gesetzen bestrafen. Wenn der Ehemann sich der Treue seiner Frau nicht sicher ist, sollte er sich von ihr zurückhalten und sie beobachten. Wenn der Ehemann seine Frau in flagranti ertappt und in seinem Zorn einen Mord verübt, dann sollte der König nachsichtig sein und ihn nicht mit dem Tode bestrafen. Eine treue Ehefrau sollte ihrem Mann vertrauen, und falls er ihr den Kontakt mit bestimmten Personen verbietet, dann sollte sie ihm folgen.

Wenn nach dem Tode des Ehemanns die Witwe bei dessen Verwandten oder den Verwandten ihres Vaters lebt und dort das Leben einer Witwe führt, denn verdient sie das Erbe ihres Ehemanns. Eine Witwe sollte nicht zweimal am Tag essen und nur jene Speise, die von ihren Verwandten gekocht wurde. Sie sollte der sexuellen Lust entsagen, kein Fleisch mehr essen, keinen Schmuck oder bunte Kleider tragen und weiche Betten meiden. Eine Witwe, die dem Dharma vertraut, hebt sich nicht mit duftenden Salben hervor, meidet den Tratsch des Dorfes und verbringt ihre Zeit mit der Verehrung der Götter und der Befolgung heilsamer Gelübde.

Für ein Kind, das Vater und Mutter verloren hat, und der väterliche Großvater nicht mehr lebt, sind die mütterlichen Verwandten der beste Schutz. Oh Mutter der Welt, jeder Hausvater sollte entsprechend seinen Mitteln die bedürftigen Eltern und Großeltern versorgen sowie alle Witwen, die keinen Sohn haben, der sie unterstützt. Dies kann der König sogar von ihm fordern.

Wer seine Ehefrau beschimpft, sollte einen Tag fasten, wer sie schlägt, drei Tage, und wenn sie dabei noch blutet, sieben Tage. Wer seine Ehefrau aus Narrheit Mutter, Schwester oder Tochter nennt, sollte sieben Tage fasten, um sich davon zu reinigen. Wenn eine Frau an einen impotenten Mann verheiratet wurde, kann der König sie erneut verheiraten lassen, selbst wenn diese Impotenz erst nach einiger Zeit offensichtlich wurde. Das ist Shivas Gebot. Wenn eine verheiratete Jungfrau zur Witwe wird, bevor sie begattet wurde, kann sie ebenfalls erneut heiraten. Auch das ist Shivas Gebot. Eine Ehefrau, die innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Hochzeit ein Kind gebiert oder nach einem Jahr nach ihres Mannes Tod, gilt nicht als Ehefrau, und das Kind gehört nicht zum Stamm des Ehemannes.

Eine Frau, die ihr Kind in den ersten fünf Monaten abtreibt, und jene, die ihr dabei behilflich sind, verdienen eine schwere Strafe durch den König. Eine Frau, die ihr Kind nach dem fünften Monat abtreibt, und jene, die ihr dabei behilflich sind, werden des Mordes an einem Menschen schuldig. Und der boshafte Mensch, der mit Absicht einen anderen Menschen tötet, sollte vom König zum Tode verurteilt werden. Wer am Tod eines anderen Menschen ungewollt oder im Affekt schuldig wurde, sollte vom König zumindest mit der Beschlagnahmung seines Eigentums und schmerzlicher Prügel bestraft werden. Die gleiche Strafe verdient jeder, der versucht, sich selbst zu töten. Wer dagegen einen Angreifer im Zweikampf oder einen Feind im Krieg tötet, sollte als unschuldig gelten.

Wer andere verstümmelt, sollte vom König mit Verstümmelung bestraft werden, und wer andere schlägt, mit Schlägen. Wer einen Knüppel erhebt, um einen Brahmanen oder anderen Heiligen zu schlagen, sollte zuerst mit der Beschlagnahmung seines Eigentums und danach mit dem Brennen seiner Hand bestraft werden. Wenn ein Mensch durch die Wunde einer Waffe erst nach sechs Monaten stirbt, sollte der Täter vom König zwar hart bestraft werden, aber nicht mit dem Tode.

Wenn ein König jene bestraft oder sogar tötet, die seine Herrschaft untergraben, sein Königreich ausspionieren oder angreifen, die als seine Diener im Geheimen anderen Königen dienen, die seine Armee spalten, den Krieg suchen oder als Räuber leben, dann sammelt er damit keine Sünde an. So sollte auch der Soldat ohne Schuld sein, der auf Befehl seines Königs tötet. Das ist Shivas Gebot.

Der König sollte auch jene Übelgesinnten bestrafen, die seinen Befehl mißachten, in seiner Gegenwart überheblich sprechen oder über die Gottheit lästern. Der König sollte jene verbannen, die anvertrautes Gut veruntreuen, wie auch die Bösartigen, Betrüger, Verleumder und Streitsüchtigen. Er sollte auch jene üblen Menschen verbannen, die ihre Söhne und Töchter für Geld in die Ehe verkaufen oder ihre Töchter an impotente Männer verheiraten.

Wer andere grundlos quält, sollte von einem gerechten König mit ähnlichen Qualen und Schmerzensgeld für das Opfer bestraft werden. Wer Juwelen, Perlen, Gold und andere Edelmetalle stielt, sollte entsprechen dem Wert mit dem Abhacken seiner Hand oder des ganzen Armes bestraft werden. Die gleiche Strafe verdient der Dieb von Büffeln, Kühen, Pferden oder ihren Jungtieren. Wer Speise und weniger wertvolle Dinge stiehlt, verdient eine Hunger-Buße von ein bis zwei Wochen.

Oh verehrte Göttin, ein Mensch ohne Reue kann niemals Befreiung durch Opfer, Gelübde, Buße, Wohltätigkeit und andere Reinigungsriten erreichen. Nachdem ihn der König mehrfach bestraft hat, sollte er aus dem Königreich verbannt werden, wie auch jene, die vor Gericht falsch aussagen oder bestechlich sind. Sechs bis drei normale Zeugen sind genug, um einen Beweis zu geben. Falls die Zeugen für ihre Tugend bekannt sind, genügen auch schon zwei. Wenn sich aber die Zeugen bezüglich Ort, Zeit und anderen sachdienlichen Details widersprechen, dann sollten sie zurückgewiesen werden. Oh Geliebte, die Worte und Gesten von Blinden oder Dummen sollten nur bedingt als Beweise gelten. In allen Rechtsstreitigkeiten sind die Augenzeugen die Besten. Wer allerdings falsch Zeugnis ablegt für seinen oder den Nutzen eines anderen, sollte entsprechend bestraft werden. Darüber hinaus sollte der Schwur eines tugendhaften Menschen mehr Wert haben als das Wort mehrere Zeugen.

Oh Parvati, wie alle Tugenden in der Wahrheit gründen, so entstehen alle Laster aus der Lüge. Deshalb sollte der König vor allem die Lügner bestrafen, welche die Untugend im Land fördern. Das ist Shivas Gebot. Oh Göttin, wer spricht „Ich sage die Wahrheit!“ und gleichzeitig einen Kula-Heiligen, Guru oder Brahmanen, oder auch das Wasser der Ganga, das Bild eines Gottes, ein heiliges Buch, geheiligten Nektar oder eine göttliche Opfergabe berührt, der leistet damit einen Schwur. Falls er dann eine Lüge spricht, wird er zweifellos in die tiefste Hölle fallen und sich über den ganzen Schöpfungszyklus nicht befreien können. Auch jedes andere Versprechen sollte unter allen Umständen gehalten werden, selbst wenn es leidvoll erscheint. Wer trotzdem ein Versprechen bricht, sollte sich durch zwei Wochen Fasten davon reinigen, und wenn es aus Versehen gebrochen wurde, mit zwölf Tagen. Oh Göttin, wer den Weg des Kula-Dharma gehen möchte, sollte in jeder Hinsicht die Wahrheit pflegen, sonst sammelt er immer mehr Sünde an und entfernt sich immer weiter von der Glückseligkeit der höchsten Befreiung.

Der Wein (auch symbolisch für das weltliche Leben) ist die Göttin selbst in fließender Verkörperung, um die Wesen zu retten. Sie ist die natürliche Mutter des Glücks und der Befreiung, hilft uns, durch Gefahren und Krankheit die angehäuften Berge an Sünde zu verbrennen, und reinigt die Welt. Oh Geliebte, sie gewährt jegliche Erfahrung, jeden Erfolg und führt zu Lernen, Vernunft und Erkenntnis. Ihr dienen alle Könige und Götter, um ihre Ziele zu erreichen. Sie wird von den Heiligen verehrt, und wer sich die Glückseligkeit der Befreiung wünscht, sollte sie ebenfalls verehren. Sterbliche, die diesen Wein (der Welt) mit selbstgezügeltem Geist nach den (Dharma-) Geboten trinken, können wie Himmlische über diese Erde wandern. Wer nur eines der Tattwas auf diese Weise verzehrt, wird bereits dem Shiva gleich. Daran gibt es keinen Zweifel. Entsprechend unbeschreiblich ist das Ergebnis aller fünf Tattwas.

Wer dagegen diesen Wein der Göttin in Mißachtung der Gebote trinkt, der zerstört seine Vernunft, seine Tugend, allen menschlichen Reichtum und das Leben. Wer voller Leidenschaft diesen Wein übermäßig trinkt, vernebelt und betäubt seinen Geist, mit dem er die vier großen Lebensziele menschlicher Existenz erreichen sollte (Tugend, Reichtum, Liebe und Befreiung). Wessen Geist vernebelt ist, der kann nicht zwischen Recht und Unrecht unterscheiden, weiß nicht, was er tun oder lassen sollte, und schadet auf jedem Schritt sich selbst und anderen.

Deshalb sollte der Herr des Kula-Kreises jene mit körperlicher Buße strafen, die dem Wein oder anderen Leidenschaften übermäßig anhaften und verfallen. Wie sehr der menschliche Geist vom Wein vernebelt wird, ist abhängig von der Menge, von den verschiedenen Qualitäten des Weines, von den Eigenschaften der Person sowie von der Umgebung und der Zeit. Ein Zuviel erkennt man an der abnehmenden Beherrschung, die sich in der Rede, in der Bewegung, im Handeln und in der Sicht zeigt.

Wer sich als Mensch im Wein ertränkt, seine Sinne nicht zügelt, seine Pflichten gegenüber den Göttern und Lehrern versäumt, zum Schrecken der Gesellschaft wird, eine Quelle der Dummheit und Sünde, die Gebote der Vernunft mißachtet und sich selbst ruiniert, sollte vom König mit körperlicher Züchtigung und Buße bestraft werden. Wer wiederholt betrunken, torkelnd, lallend, verwirrt und unbeherrscht angetroffen wird, verdient eine entsprechend härtere Strafe. Denn ein König, der das Wohlergehen seines Volkes sucht, sollte jede Sucht zügeln, die zu Untugend, Lüge, Gewalt und Ungerechtigkeit führt.

Oh Göttin der Kulas, auch wenn er hundertmal als Kula initiiert wurde - wer wiederholt der Sucht verfällt, sollte als ein leidenschaftlicher Mensch gelten und aus dem Kula-Kreis verbannt werden. Ein Kula, der leidenschaftlich Wein trinkt, sei er geheiligt oder nicht, sollte von allen Kulas gemieden und vom König bestraft werden.

Wer als Zweifachgeborener seine Frau zum übermäßigen Weintrinken verführt, sollte sich und seine Frau durch eine Hunger-Buße über fünf Tage reinigen. Wer ungeweihten Wein trinkt, sollte drei Tage fasten, wer ungeweihtes Fleisch ist, zwei Tage, und ungeweihten Fisch oder Körner, einen Tag. Wer gegen die Gebote auf ungeweihte Weise das fünfte Tattwa (die sexuelle Vereinigung) übt, verdient die entsprechenden (oben genannten) Strafen vom König. Das Fleisch der Kühe sollte so tabu sein wie das der Menschen, und wer wissentlich davon gegessen hat, sollte zwei Wochen fasten. Dies ist die Sühne für diese Sünde. Wer das Fleisch von menschenähnlichen Tieren (wie Affen) oder Raubtieren gegessen hat, sollte sich mit Fasten von drei Tagen reinigen. Wer Speise gegessen hat, die von Barbaren, Ausgestoßenen oder sonstig gefallenen Menschen gekocht wurde, die dem Kula-Weg feindlich gesinnt sind, reinigt sich mit Fasten von zwei Wochen. Wer bewußt die Rester von den Tellern solcher Leute gegessen hat, sollte einen Monat fasten, und unbewußt, zwei Wochen. Wer Speise gegessen hat, die von Männern aus niederen Kasten gekocht wurde, sollte sich mit einem Fasten von drei Tagen reinigen. So ist das Gebot.

Wer dagegen die Speise von Barbaren, Ausgestoßenen oder sonstig gefallenen Menschen ißt, die im Kula-Kreis dargebracht wurde oder durch die Hand eines Kula-Heiligen ging, sammelt keine Sünde an. Wer verbotene Nahrung in Notzeiten ißt, um den Körper vor dem Hungerstod zu bewahren, bleibt ebenfalls von Sünde frei.

Zum Essen sollte man einen reinen Platz suchen, der vor bösen Blicken geschützt ist, auf einem schweren Stein- oder Holzpodest, das nur viele Männer wegtragen könnten, als säße er auf dem Rücken eines Elefanten. Tiere, deren Fleisch verboten ist, oder erkrankte Tiere sollten nicht getötet werden, nicht einmal für ein Götteropfer. Wer solche Tiere tötet, sammelt Sünde an. Wer wissentlich eine Kuh tötet, sollte sich nach Shivas Gebot mit folgender Buße reinigen, und wer sie unabsichtlich tötet, mit einem Teil dieser Buße. Solange diese Buße nicht beendet ist, sollte er sich weder die Haare und Nägel schneiden noch reine Kleider anziehen. Oh Göttin, er sollte einen Monat fasten, einen Monat nur von Getreide leben und den dritten Monat von Almosen. Dies nennt man das Krichchhra-Gelübde. Am Ende der Buße sollte er sich die Haare rasieren und sich von der Sünde des Tötens einer Kuh reinigen, indem er Kulas, Verwandte und Freunde bewirtet. Wenn der Tod der Kuh versehentlich herbeigeführt wurde, ist die Buße für Brahmanen acht Tage und für die jeweils niederen Kasten sechs, vier und zwei Tage.

Oh Kula-Göttin, die Sünde des bewußten Tötens eines Elefanten, Kamels, Büffels oder Pferdes sollte mit drei Tagen Fasten bereinigt werden. Wer ein Reh oder Schaf, eine Ziege oder Katze getötet hat, sollte einen Tag und eine Nacht fasten. Wer einen Pfau, Papagei oder eine Gans getötet hat, sollte bis zum Sonnuntergang fasten, um sich zu reinigen. Wer ein noch niederes Wesen getötet hat, das Knochen besitzt, sollte für eine Nacht vegetarisch leben. Und den Tod eines knochenlosen Wesens reinigt man durch eine reuevolle Bitte um Vergebung. Für Könige ist es dagegen keine Sünde, auf einer Jagd Tiere der Erde, des Wassers und des Himmels zu töten, denn die Jagd ist ein uraltes Recht für Könige.

Oh Verehrte, grundloses Töten sollte stets vermieden werden. Wenn der Tod eines Tieres trotzdem nötig ist, sollte es entsprechend den Geboten und im Sinne eines göttlichen Opfers geschehen, um größere Sünde zu vermeiden.

Wer ein begonnenes Gelübde abbricht, auf die Opferreste für einen Gott tritt oder ungereinigt ein Götterbild berührt, sollte sich in diesen und ähnlichen Fällen mit dem Gayatri-Mantra reinigen. Vater, Mutter und der geistige Lehrer gelten als die großen Lehrer. Wer schlecht über sie spricht oder sie beleidigt, sollte fünf Tage fasten, um sich davon zu reinigen. Wer über Kulas oder Brahmanen schlecht spricht oder sie beleidigt, sollte zweieinhalb Tage fasten.

Wer als Händler in fremde Länder reist, sollte jene Länder vermeiden, in denen die Kula-Riten verboten sind. Denn wer freiwillig ein solches Land betritt, verliert seine Ehre und sollte durch eine erneute Kula-Initiation gereinigt werden.

In der Buße bedeutet das Fasten den Verzicht auf Nahrung vom Sonnenaufgang an über acht Yamas (wahrscheinlich bis zum Sonnenuntergang). Eine Handvoll Wasser ist erlaubt, und ansonsten sollte man nur von Luft leben, um sein Leben zu erhalten. Wer aus Alters- oder Krankheitsgründen dazu nicht fähig ist, sollte anstatt des Fastens zwölf Brahmanen speisen.

Die Sünde, schlecht über andere zu sprechen und sich selbst zu loben, schlechte Gewohnheiten oder unheilsame Worte oder Taten sollte man durch eigene Reue bereinigen. Und viele andere Sünden, bewußt oder unbewußt begangen, können mit dem Gayatri-Mantra oder dem Speisen von Kula-Verehren bereinigt werden.

Das sind die allgemeinen Gebote für Männer, Frauen und Eunuchen. Der einzige Unterschied besteht darin, daß für Ehefrauen der Ehemann ihr Maha-Guru („großer Lehrer“) ist.

Menschen, die von schweren Krankheiten oder chronischen Leiden betroffen sind, können sich durch die Riten für Götter und Ahnen und dem Schenken von Gold reinigen. Ein Haus, das durch einen unnatürlichen Tod entehrt oder vom Blitz getroffen wurde, sollte durch hundert Vyahriti-Opfer (siehe Kapitel 9.2) von Sünde gereinigt werden.

Wenn die Leiche eines Menschen oder Tieres mit Knochen in einem Teich, Brunnen oder sonstiger Wasserstelle gefunden wurde, sollten diese entfernt und zur Reinigung einundzwanzig Krüge mit reinem Wasser, die mit dem Mantra der Kula-Initiation geheiligt wurden, hineingeschüttet werden. Wenn die Wasserstelle nur wenig Wasser enthält, und dieses vom Gestank der Leiche verseucht wurde, dann möge man das Wasser zuvor ausschöpfen und den losen Schlamm herausräumen. Und wenn die Wasserstelle so groß ist, daß man einen Elefanten baden könnte, dann sollte man vor der Reinigungszeremonie hundert Krüge Wasser ausschöpfen. Wenn die von der Leiche verunreinigte Wasserstelle nicht gereinigt wird, ist das Wasser untrinkbar und verliert auch die Kraft zur Reinigung. Das Baden darin ist nutzlos, und alle Riten mit diesem Wasser bleiben unfruchtbar. Wer auch immer dieses Wasser irgendwie verwendet hat, sollte für einen Tag fasten und sich dann mit Panchamrita (Zucker, Honig, Milch, geklärte Butter und Dickmilch zu gleichen Teilen) reinigen.

Wer einen Reichen beim Betteln erblickt, einen Krieger aus dem Kampf fliehen, einen Verleumder des Kula-Dharma, eine weintrinkende Familienmutter, einen gemeinen Verräter oder einen sündhaften Gelehrten, der sollte sich in jedem Fall reinigen, den Blick zur Sonne richten, den Namen von Vishnu murmeln und ein Reinigungsbad mit der Kleidung nehmen, die er in diesem Moment getragen hatte. Wenn Zweifachgeborene Esel, Hühner oder Schweine verkaufen oder sich in ähnlich niederen Werken betätigen, sollten sie sich mit einem Gelübde über drei Tage reinigen. Dieses Drei-Tage-Gelübde ist wie folgt: Den ersten Tag verbringt man mit Fasten, den zweiten Tag lebt man nur von Getreide und den dritten Tag nur von Wasser.

Wer ohne Erlaubnis einen Raum betritt, dessen Tür geschlossen ist, oder wer ein Geheimnis verrät, das ihm anvertraut wurde, sollte fünf Tage fasten. Wer sich nicht erhebt, wenn ein Verehrungswürdiger auf ihn zukommt, oder wenn er sieht, wie besonders heilige Dinge gebracht werden, sollte einen Tag ohne Nahrung verbringen, um sich selbst zu reinigen.

Dies sind Shivas Gebote. Wer für eigensüchtige Zwecke ihren Sinn verkehrt, wird in die niederen Bereiche der Natur sinken. Oh Göttin, damit habe ich dir die Essenz der Essenzen erklärt, das höchst Vorzügliche, was zum Wohlergehen in dieser und der kommenden Welt führt, was sowohl reinigend als auch segensreich entsprechend dem Dharma ist.


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