Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

3.41. Vishnus Verkörperung als Menschlöwe

Vaisampayana sprach:
Oh König, nachdem ich dir die Eber-Verkörperung von Vishnu beschrieben habe, höre nun von der Verkörperung als Menschlöwe (Narasimha), in deren Gestalt der Herr den Dämon Hiranyakashipu tötete. Dieser König und Stammvater zahlloser Dämonen übte während des goldenen Krita Zeitalters harte Askese. Über 11.500 Jahre verweilte er bewegungslos im Wasser und beachtete das Schweigegelübde. Brahma war höchst zufrieden mit seiner Selbstbeherrschung, Sinneszügelung und Keuschheit. So erschien ihm der Schöpfergott in seinem sonnengleichen Wagen, der von weißen Schwänen gezogen wurde, zusammen mit allen Göttern und himmlischen Wesen sowie den Himmelsrichtungen, Flüssen, Ozeanen, Sternen, Zeiteinheiten, allen Heiligen und anderen Geschöpfen. Und Brahma sprach:
Oh Gelübdetreuer, ich bin mit deiner asketischen Hingabe sehr zufrieden. Möge dir Gutes geschehen! So bitte um einen Segen und empfange das Gewünschte.

Darauf antwortete der Dämonenkönig Hiranyakashipu voller Freude und mit gefalteten Händen:
Oh Herr, möge ich vor allen Göttern, Dämonen, Gandharvas, Yakshas, Nagas, Rakshasas, Menschen und Geistern unschlagbar sein. Oh Großer Vater aller Wesen, mögen mich die Heiligen niemals im Zorn verfluchen können. Das ist der Segen, den ich für meine Askese wünsche. Keiner soll mich je mit Waffen, Felsen, Bäumen, Festem oder Flüssigem töten können. Möge ich weder im Himmel, in der Luft, auf der Erde oder in der Unterwelt, weder am Tag noch in der Nacht auf meinen Tod treffen. Nur der, der mich mit allen Gefolgsleuten, Dienern und Verwandten mit der bloßen Hand schlagen kann, soll mein Tod sein. Möge ich Sonne, Mond, Wind, Feuer, Wasser, Luft, Sterne und alle zehn Himmelsrichtungen sein. Möge ich Kama, der König der Liebe, Krodha, der König des Zorns, Varuna, der König der Gewässer, Indra, der König der Götter, Yama, der König der Toten, und Kuvera, der König der Reichtümer, sein. Mögen im Kampf alle Waffen in verkörperter Form zu meinem Dienst erscheinen. Oh höchster Gott und Vater aller Welten, das sei mein Wunsch!

Und der Große Vater sprach:
Oh mein Sohn, ich gewähre dir diesen wundervollen und himmlischen Segen. Zweifellos wirst du alles Gewünschte, was gewöhnlich schwer zu erreichen ist, mit nur wenig Anstrengung erhalten.

Nach diesen Worten kehrte Brahma in den Himmel zurück, seiner Heimstatt, die von den Heiligen verehrt wird. Doch als die Götter, Nagas und Gandharvas von diesem Segen hörten, begaben sie sich zum Großen Vater und sprachen:
Oh Herr, durch die Macht dieses Segens wird uns der Dämon unterdrücken. Sei gnädig und bedenke auch die Mittel seines Untergangs.

Darauf antwortete der Schöpfergott zum Wohle aller Wesen:
Oh ihr Himmlischen, er muß die Früchte seiner Askese erhalten. Wenn er sie genossen hat und sein Verdienst schwindet, wird Vishnu ihn schlagen.

Als die Götter diese Worte des lotusgeborenen Gottes hörten, waren sie zufrieden und kehrten voller Freude in ihre jeweiligen Bereiche zurück. Und schon nach kurzer Zeit erhob sich in Hiranyakashipu der Stolz auf seinen Segen, und der Dämonenkönig begann, die Geschöpfe zu tyrannisieren. Der mächtige Sohn der Diti quälte sogar die Munis in ihren Einsiedeleien und die wahrhaften und selbstbeherrschten Brahmanen. Er besiegte alle Götter in den drei Welten, brachte sie unter seine Herrschaft und lebte auf Erden wie im Himmel. Vom Schicksal getrieben und vom Stolz über seinen Segen berauscht, beraubte Hiranyakashipu die Götter ihrer Opferanteile und übergab sie den Dämonen. Daraufhin näherten sich die Götter mit allen Himmlischen dem höchst mächtigen und ewigen Vishnu, der zu allen Zeiten in allen Welten verehrt wird, und suchten in der Gottheit Zuflucht, die das unvergängliche Brahman und Höchste Opfer ist.

Die Götter sprachen:
Oh Narayana, wir bitten um deinen Schutz. Oh Herr, du bist der höchste Erhalter und Lehrer. Du bist der Gott der Götter und unsere alleinige Zuflucht. Oh Lotusäugiger, du vernichtest die Feinde und erfreust die Freunde. Hilf uns, und zügle die Macht der Dämonen. Rette uns, und schlage den Dämonenkönig Hiranyakashipu.

Darauf antwortete Vishnu:
Oh ihr Unsterblichen, werft alle Furcht ab, ich werde euch beschützen. Ihr werdet in Kürze eure himmlischen Regionen zurückgewinnen. Ich werde den Dämonenkönig mit seinem Gefolge schlagen, der durch den Segen so stolz und überheblich wurde und selbst durch Götterhand unschlagbar ist.

So sprach der Allmächtige, entließ die Himmlischen und richtete seine Gedanken auf den Untergang von Hiranyakashipu. Im gleichen Moment erreichte der Herr den Himavat und überlegte: „In welcher Gestalt sollte ich den mächtigen Dämon schlagen und den Wunsch der Götter erfüllen?“ Da nahm der unvergängliche Vishnu die für Dämonen unschlagbare Gestalt eines Menschlöwen an, die nie zuvor gesehen wurde, und betrat mit Hilfe des heiligen OM den Palast von Hiranyakashipu. Er erschien wie die strahlende Sonne und der herrliche Mond, halb Mensch und halb Löwe. Dann rieb er sich die Hände und betrachtete den riesigen, himmlischen und wunderschönen Palast, der jeglichen Genuß gewähren konnte. Er war 100 Yojanas breit, 150 Yojanas lang und ragte 5 Yojanas in den Himmel. Hier gab es weder Krankheit noch Kummer oder Müdigkeit. Er war von Visvakarma, dem himmlischen Architekten, massiv erbaut, herrlich und höchst vorzüglich. In der juwelenverzierten Versammlungshalle stand sein strahlender Thron, und ringsherum sah man Wasserspiele und blühende Bäume mit vielen Früchten. Alles war bunt bemalt in blau, gelb, weiß, schwarz und rot, und mit einem Meer von Blumen verziert. Die große Versammlungshalle ragte wie eine riesige Wolke in den Himmel, strahlend, herrlich, voll herrschaftlicher Sitze und in himmlischen Duft gehüllt, der jedem Besucher die Sinne stahl. Wer diesen wundervollen Palast erreichte, wurde von den Gegensätzen des Glücks und Leids, der Kälte und Wärme wie auch des Hungers und Durstes befreit. Die Wände waren mit schönen Bildern bemalt und die Säulen mit himmlischen Juwelen geschmückt. Alles erschien höchst beständig, und nirgendwo erblickte man Vergänglichkeit. Der ganze Palast erstrahlte im ewigen Glanz wie Sonne, Mond und Feuer. Hier erfüllten sich alle Wünsche, die irdischen wie die himmlischen. Hier gab es im Übermaß erquickende Getränke und schmackhafte Speisen. Die Bäume trugen über das ganze Jahr duftende Blüten und süße Früchte. Der Palast war im Sommer kühl und im Winter warm. Hier erblickte der Herr wunderschöne Flüsse und Teiche mit bequemen Badestellen, die von Bäumen beschattet und mit großer Blütenpracht verziert waren. Die reinen Gewässer waren mit weißen und roten Lotusblumen mit hunderten von Blättern sowie blauen und weißen Wasserlilien bedeckt. Hier spielten Enten, Gänse, Kraniche, Schwäne und viele andere Wasservögel, und wie der Blütenduft so erfüllte auch ihr lieblicher Gesang die erfrischende Luft. Hier sah der Herr alle erdenklichen Arten von Bäumen, Palmen und Büschen erblühen und reiche Früchte tragen (die lange Namensliste ersparen wir uns hier). In ihrem Geäst vergnügten sich bunte Singvögel und erfreuten mit ihren Liedern die Bewohner.


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