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3.28. Die Askese der Götter

Vaisampayana sprach:
Von Heiterkeit erfüllt hatte Vishnu den Wunsch, sich in die nördliche Region zu begeben. Dort übte der lotusäugige Gott auf dem Gipfel des heiligen und fruchtbaren Berges, der von edlen Erzen glänzte, für zehntausend Jahre in Pushkara härteste Askese. Der Eine, aus dem Brahma geboren wurde, stand zum Wohle der Welt unbeweglich mit konzentriertem Geist auf einem Bein und ertrug strengste Entsagung.

Und wie Vishnu, so übte auch Soma, der Mondgott, für neuntausend Jahre strenge Askese mit aschebedecktem Körper. Durch die Kraft seiner Entsagung übertraf er an Glanz alle Planeten und Sterne und erleuchtete mit reinem Yoga-Geist die ganze Welt. Dieser wunderbare Mond wurde Meister seiner Gedanken und vollendet im Yoga-Dharma. So erreichte er die Vollkommenheit des Brahman, und erfüllt nun mit seinem Glanz den Himmel, die Erde und den Luftraum, wo die Vielfalt der Formen zu Hause ist.

Auch Maheshvara übte als großer Yogi für neuntausend Jahre strenge Entsagung und Konzentration in der Einsamkeit. Er hob seinen rechten Fuß, lebte von Luft allein und vollbrachte härteste Askese im Lotusland von Brahma. Seine Atemluft verdickte sich, wurde von seinem Stier eingeatmet und tropfte als Schaum von dessen Maul. Dieser Schaum war von den Qualitäten des Höchsten Geistes erfüllt und weder flüssig noch fest. Er tropfte auf die Erde und wurde zu Wasser. Dann stieg er als Nebel gen Himmel und wurde zu Wolken, die den Himmel bedecken und wiederum fruchtbaren Regen ergießen.

Wie Shiva, so übte auch Vayu, der Windgott, der in seinem Wesen freibeweglich ist, über tausend Jahre harte Askese und erreichte die Einheit des Brahman. Auch Agni, der Gott des Feuers, erschien als Brahmane mit verfilzten Locken, in Tigerfell und Bast gekleidet, und übte viertauend Jahre strenge Entsagung in Pushkara, dem Lotusland von Brahma, indem er ein Fasten- und Schweigegelübde beachtete. Aus seiner Hitze wurde das große Sonnenlicht geboren, das am Himmel scheint und weithin die Dunkelheit zerstreut. Es ist die Wirkung der Askese des Feuer-Brahmanen am Himmel und dazu bestimmt, den Lebewesen in der Welt das Licht zu schenken. Nachdem die Erde, auf der die Menschen wohnen, von Dunkelheit regiert wurde, scheint nun die wunderbare Sonne und fördert mit ihren Strahlen das Leben. So sind der Brahmane und das Feuer zwei Quellen des Lichtes, die durch Yoga-Kraft gestärkt werden. Dieses strahlende Paar vertreibt die Dunkelheit, die in der Nacht so mächtig ist.

Wie der Feuergott, so übten auch die strahlenden Yakshas (die Diener vom Gott des Reichtums), die sich nach Belieben überall bewegen können, mit gezügelten Sinnen, konzentriertem Geist und Liebe zum Dharma Askese im Land von Pushkara. Die Jahre, die sie mit diesem heiligen Dienst verbrachten, waren so zahlreich wie die Regenfälle, die sich über dem Gipfel des Mandara ergossen und in Strömen hinab zur Erde flossen. Sie knieten auf der Erde, richteten ihren Blick beständig gen Himmel zum Sonnengott und verweilten über tausend Jahre. Daraufhin erglänzten sie in abertausend Lichtstrahlen wie die Sonne im Zenit, und funkelnder Glanz krönte sie wie Blitze die dunklen Wolken. Wenn das Karma eines Körpers schwindet oder die universale Auflösung am Ende der Yugas naht, kommt dieses Feuer herab, das durch tausendjährige Askese so mächtig geworden ist, und verbrennt das Irdische. Sogar Kuvera, der Gott des Reichtums, der auf den Schultern der Menschen getragen wird, verließ mit den Yakshas den Gipfel des Meru. Dieser Gott, der das Spiel mit den Apsaras liebt und das Feuer der Begierde schürt, zügelte nun seine Sinne und wurde zum Vorbild in Geduld und Demut. Doch im Grunde war es Vishnu, der sich im Glanz dieser Askese zeigte. Denn niemand in den drei Welten kann solche harte Askese üben, außer Vishnu selbst.

Auch Vasuki, der vielköpfige König der Schlangen, unterwarf sich der Stille, zügelte seine Sinne und übte harte Askese. Und Sesha, die mächtige und tugendhafte Urschlange, der Sohn von Kasyapa, hing sich im heiligen Eifer mit dem Kopf nach unten an einen Baum, so daß das Gift von seiner Zunge tropfte. Über tausend Jahre verweilte er in dieser Stellung, fastete und kasteite sich. Dieses schwarze Gift (Kalakuta) verbrennt die Welt und quält die Wesen. Es befindet sich nicht nur im Mund der Schlangen, sondern in allen Lebewesen. In Form von gegensätzlicher Feindseligkeit und giftigem Zorn verbrennt es die Körper ichhafter Wesen. Für die Heilung von diesem Gift erschuf Brahma zum Wohle der Welt mächtige Mantras aus heiligen Silben.

Dann übte auch Garuda harte Askese und stand über tausend Jahre unbeweglich mit ausgebreiteten Schwingen und harmlosen Krallen, bis Wasser und Erde unter seinen Flügeln vollkommen ausgetrocknet waren. Nun beschützt er durch die Kraft seiner Askese mit mächtigen Schwingen und scharfen Krallen die Erde wie den Himmel. Er lebt in allen Wesen und bringt der Erde großen Segen. Er verzehrt die leidigen Schlangen und erlöst die Wesen von ihrem Gift. Und ohne Gift ist die Erde vorzüglich, wie der Himmel unter der Herrschaft von Indra.

Auch Himavat, der König der Berge, übte Askese und stand während des Winters in Pushkara im Wasser, bis die Fische durch sein Haar schwammen. Er zügelte seine Gedanken und wandernden Sinne und verweilte in der Einsamkeit. Er drückte die Erde nieder, die einen noch mächtigeren Körper hatte als er, hielt seine rechte Hand erhoben, lebte von Luft allein, konzentrierte seinen Geist im Yoga und meditierte über das höchste Wesen für eintausend und einhundert Jahre. Er erkannte Brahma, den Gott, der alles schöpft und weder Anfang noch Ende hat. Er erkannte Vishnu, den Höchsten Geist, allein und ohne Form, der während des Tages erstrahlt und während der Nacht ruht, der Schatz von Wahrheit, Weisheit und Güte. Dieser göttliche Arm, der die Erde trägt und mit ihr zu verschmelzen scheint, erstrahlt in der Dunkelheit wie eine Sonne, die den Bereich des Mondes, der Planeten und Sterne erfüllt. Der Schatten dieser rechten Hand von Vishnu erstreckt sich bis zur Mondscheibe, wo er seine Spuren hinterläßt. Damit wird die Erde befruchtet und empfängt durch die Umarmung von Vishnu das Leben.

So verehrte auch Prithivi, die Göttin der Erde, die Füße von Vishnu, übte für lange Zeit Askese und stand unbewegt, bis sie von den Sonnenstrahlen ganz ausgetrocknet war und zu versinken drohte, wie zur Zeit der universalen Auflösung. Da erschien aus den Sonnenstrahlen ein mächtiger Strom, der wie aus Gold und Kristall schien und den Glanz der Sonne hatte. Kein Auge konnte diese Göttin anschauen, die aus dieser strahlenden Scheibe geboren wurde. Doch bald trennte sie sich von ihrem leuchtenden Heim und stürzte in gewaltigen Strömen herab. Sie zeigte sich als himmlische Ganga mit schattigen Ufern, duftenden Bäumen und lieblichen Lotusblüten. Das Gold war ihre Halskette, die Kristalle ihr Gürtel, der Lotusblütenstaub ihr Parfüm, die Wildgänse ihre Ohrringe, der dunkle Lotus ihr Haar und die anderen Blüten ihr Schmuck. So erschien die Ganga durch die Askese der Erde wie eine wunderschöne Dame in Pushkara mit himmlischem Duft und der Anmut des Mondes. Und wie Ganga so kam auch Sarasvati, deren klare Stimme göttliche Hymnen sang, mit bedächtigem Lauf von dem Gipfel des großen Berges Mandara herab. Sie rezitierte die Rik, Yajur und Saman Veden, die sich auf vier Metren stützen und voller Weisheit sind. Die Rishis, die wie Feuer strahlen und ihre Sünden in den Flammen der Askese verbrannt haben, wiederholen diese wunderbaren Gesänge zu den Füßen der Berge, und alle hören respektvoll zu, denn der Berg Mandara ist für gewöhnliche Menschen nicht sichtbar. Während der Weltennacht schwieg diese Göttin und verkündete ihre tugendhaften Worte nicht. So schwiegen auch alle Wesen, und nirgends erhob sich ein Wort. Nun wurde die heilige Sarasvati durch Yoga erweckt, zeigte Mitgefühl mit den Wesen, sprach und machte ihre Stimme hörbar, damit alle ihre heilige Lehre empfangen konnten. Die Adityas, Vasus, Rudras, Maruts und Aswins trugen verfilzte Locken, Bastkleidung mit einem Gürtel aus Schilf und rezitierten diese Hymnen. Auch die Gandharvas, Kinnaras, Nagas, Gewässer, Insekten, Vögel, Reptilien und schließlich alle Wesen in Pushkara wiederholten ihre Gesänge, sammelten gemeinsam Weisheit und trockneten ihre Körperlichkeit durch strenge Askese aus.

So wurde Vishnu zum ersten der Yogis und Beschützer aller Wesen, in denen er wohnt. Dann teilte er sich in Nara und Narayana, und widmete sich in Pushkara tausenden liebevollen Spielen, wie ein vom Rauch umhülltes Feuer. Die Flamme, die aus seinem Willen geboren wurde, füllte eine große Scheibe von zehn Yojanas, um die Erde zu erwärmen. Die ausgehenden Strahlen glichen einem Herdfeuer, das mit trockenen Blättern genährt wird. Die Augen konnten es kaum ertragen, denn es war so hell wie die Sonne. So kraftvoll war diese Flamme und glich dem Feuer, das die Priester im Opfer entfachen. Diese Flamme, die sich mit wirbelndem Rauch umgibt, vermehrte sich durch die Askese von Vishnu. Aus der Asche formte der Gott eine Kugel, aus der er selbst in Gestalt der Schlange Balahaka mit hundert Körpern hervorging. Dann ergoß Balahaka aus diesem wunderbaren Feuer, das aufloderte und aus dem gleichen Wesen wie er selbst geboren war, zum Wohle der Welt eine fruchtbare Welle. Dafür übte er, geehrt von den Siddhas, als großer Yogi in Pushkara Askese, beherrschte seine Sinne und Gedanken, zügelte seinen Körper mit allen Gliedern und verweilte still und unbewegt. Wahrlich, diese Art der Askese, die mit Vertrauen und Beständigkeit geübt wird, ist für alle Wesen dieser und der kommenden Welt dienlich und passend.

Oh Janamejaya, auch die Dämonen, die von Vishnu bereits besiegt wurden, sammelten sich, schwangen ihre Waffen und suchten Schutz in ihren Festungen verschiedenster Formen, die aus Illusion gebaut wurden. Diese mächtigen Giganten überschütteten dieses wunderbare Feuer mit Steinen, und überwältig von dessen Kraft nutzten sie ihre magischen Künste, verwandelten sich in Gewitterwolken und stürzten als Regen in verzweifelter Attacke über diese Flamme her. Doch die Strahlen des Gottes verschlangen Steine und Wasser so schnell, wie die Sonne am Ende der Yugas die Wesen verzehrt. Die Dämonen konnten mit all ihren Kräften das Feuer aus dem Mund Gottes nicht besiegen, wie die Mandeha Rakshasas den Aufgang der Sonne nicht verhindern können (siehe auch Vishnu Purana 2.8). Sie erschöpften sich in sinnloser Anstrengung und fielen entmutigt auf den Berg Gandhamadana. Schließlich erhob sich dieses Feuer von Vishnu, das mit der Schnelligkeit des Blitzes über die Erde jagte, in den Himmel, um dort die Dämonen zu verbrennen. So ergoß die Schlange Balahaka eine fruchtbare Welle (der Nachkommenschaft) über die Erde wie die Wolken ihren Regen, und sorgte für ihr Wohlergehen in gleicher Weise wie Brahmanen ihre segensreichen Mantras rezitieren.


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