Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

3.4. Weitere Beschreibung des Kali-Yugas

Janamejaya fragte:
Wenn die ganze Welt auf diese Weise verfällt, wer wird die Menschen beschützen? Wie werden sie sich verhalten? Was werden sie essen, und wie werden sie leben? Was werden ihre Werke und Ziele sein? Wie lange werden sie noch leben? Und auf welchem Weg werden sie wieder das goldene Satya-Yuga erreichen?

Und Vyasa sprach:
Wenn das Dharma schwindet, geht das Gute in der Welt verloren, und die Menschen werden degeneriert, schwach und kurzlebig. Sie verlieren das innere Licht und entsprechend wachsen die Krankheiten, unter denen sie leiden. Doch mit zunehmendem Leiden wenden sie sich wieder von den weltlichen Dingen ab, üben Buße und entwickeln göttliches Bewußtsein. Daraus entsteht Selbsterkenntnis, und sie folgen wieder dem Dharma. Auf diesem Weg erreichen sie erneut das goldene Zeitalter, das Satya-Yuga.

Das Verhalten der Menschen im Kali-Yuga wird dreifach sein. Manche werden der Tugend oberflächlich folgen, andere weigern sich mit rationalen Argumenten, und viele werden hin- und hergerissen. Viele werden sich weise dünken und nur glauben, was sie sehen und messen. Wenige werden daraus höhere Schlüsse ziehen, und kaum noch einer vertraut auf die Veden. Die Menschen werden träge und unwissend, und voller Stolz auf ihr oberflächliches Wissen wenden sie sich vom Göttlichen ab und mißachten das Dharma. Weisheit und Weitsicht werden schwinden, und aus Egoismus zählen nur noch kursichtige und rationale Argumente. Wer jedoch in dieser Zeit des Niedergangs der Tugend und Gerechtigkeit die Reste der Tugend achtet, der handelt bereits verdienstvoll, übt Wohltätigkeit und stärkt sich in der Wahrheit. Im Laufe des Kali-Yugas werden die Menschen weder ihre Sinne noch ihre Ernährung zügeln können, denn ihr Geist ist schwach, träge und lasterhaft. Alle Kasten werden sich wie Bettler verhalten und wollen von Geschenken leben, was bisher den Brahmanen vorbehalten war. Dagegen können in dieser Zeit des geistigen Niedergangs all jene, die ein Leben der Entsagung führen, in kürzester Zeit ihre Sünde verbrennen und Vollkommenheit erreichen.

Im Laufe des Kali-Yugas wird es schreckliche Kriege und Unruhen sowie große Naturkatastrophen und Ängste geben. Das sind die Zeichen des sündhaften Niedergangs. Dämonen werden als Brahmanen erscheinen, und die Könige wollen wie Diebe den Reichtum der Welt genießen und mißachten die Gerechtigkeit. Die Brahmanen werden die Rezitation der heiligen Veden vernachlässigen, ihre Opfer nicht pflegen, dem Stolz verfallen und ungewidmete Speise essen. Die Zweifachgeborenen werden sinnlose Riten zelebrieren, unnütze Askese treiben, dumm, egoistisch, geizig und gemein sein. Sie werden vom ewigen Dharma abfallen und sich vor allem um ihre Ernährung und Kleidung kümmern. Mit dem Verfall im Kali-Yuga werden sich die Menschen gegenseitig ihre Juwelen, Reichtümer und Ehepartner stehlen und gierig, übelgesinnt, betrügerisch und leidenschaftlich leben. Wenn sich diese Eigenschaften überall verbreiten, werden sich die heiligen Asketen zurückziehen. Von den Menschen mit heiligen Geschichten und Gesängen verehrt, werden sie erst im goldenen Satya-Yuga als Verehrer der Gottheit wiedergeboren.

Im Kali-Yuga werden die Menschen Getreide, Kleidung, Speisen, Getränke und sogar getrockneten Kuhdung stehlen. Diebe werden Diebe berauben und Mörder werden Mörder töten. Erst wenn alle Diebe von anderen Dieben getötet wurden, wird es der Welt besser gehen. Wenn die Menschen verarmt sind, die heiligen Riten verschwinden, die Kastenordnung zerstört wurde, und das Volk unter der Steuerlast stöhnt, werden sie in die Einsamkeit der Wälder ziehen. Im Laufe des Kali-Yugas werden die Söhne ihre Väter anstellen und die Schwiegertöchter ihre Schwiegermütter. Die heiligen Opfer werden aufhören, und die Schüler ihre Lehrer mit scharfen Worten verletzen. Wenn die heiligen Opfer aufhören, werden Rakshasas, fleischfressende Tiere, Insekten, Ratten und Schlangen die Menschen anfallen. Oh König, am Ende des Yuga-Zyklus schwinden Frieden, Wohlstand, Freundschaft und Gesundheit. Dann ist jeder sein eigener Beschützer und sein eigener Dieb. In Horden werden sie durchs Land ziehen und wie Könige herrschen. Die Menschen werden von ihren heimatlichen Wohnstätten vertrieben und müssen mit ihren Freunden und Verwandten unter großen Entbehrungen und in der Hoffnung auf eine bessere Zeit umherwandern. Von Hunger und Angst getrieben werden sie ihr Heimatland mit ihren Kindern auf den Schultern verlassen und in den Gebieten von Anga, Banga, Kalinga, Kashmira, Mekala und Rishika sowie in den Bergen Zuflucht suchen. Sie werden mit den Mlechas (den barbarischen Stämmen) am Ufer des Salzozeans oder in den Wäldern leben. Am Ende des Kali-Yugas wird die Erde zwar noch Menschen tragen, aber nicht von ihnen belebt sein. Die Könige werden trotz aller Waffen nicht fähig sein, ihre Völker zu beschützen. Dann werden die Menschen von Rehen, Fischen, Vögeln, Raubtieren, Schlangen, Insekten, Kräutern, Früchten und Wurzeln leben. Sie werden sich wie Asketen in Bast, Blätter und Tierhäute kleiden. Sie werden in Höhlen oder kleinen Dörfern leben, Holz, Getreide und Samen sammeln sowie Ziegen, Schafe, Esel und Kamele halten. Die Menschen, die an den Flüssen leben, werden das Wasser anstauen und wie Nahrungsmittel untereinander verkaufen, und die Söhne werden um ihr Erbe kämpfen. Unter dem Einfluß des Zeitalters werden manche Familien übermäßig viele und andere gar keine Kinder haben. Sie werden unbarmherzig sein und ihren guten Ruf nicht achten. Unter dem Einfluß der Zeit werden sie einer niederen Tugend und Gerechtigkeit folgen, die von niederen Menschen gepredigt wird. Mit vierzig Jahren werden die Menschen schon so gut wie tot sein. Geschwächt vom Fieber ihrer Leidenschaft werden sie schwach und ungesund aufwachsen. Mit abgestumpften Sinnen werden sie von zunehmender Sorge um ihre Gesundheit gequält. Dann suchen sie wieder die Nähe der Heiligen und dienen ihnen, wodurch sie der Wahrheit näher kommen. Wenn sie erkennen, daß die Begierde nach weltlichen Dingen unersättlich ist, wenden sie sich der Tugend zu, und wenn sie beständig vom Tod bedroht werden, zügeln sie ihre übelgesinnten Taten. So richten sie die vier Pfeiler des Dharmas wieder auf, nämlich selbstlose Hingabe, Wohltätigkeit, Wahrhaftigkeit und Schutz, und erreichen neues Wohlergehen. Damit erkennen sie den Wert des Dharmas, kehren auf den Pfad von Tugend und Gerechtigkeit zurück, verstehen, was zu tun und zu lassen ist, und finden wieder Freude am Dharma. Auf diese Weise folgt dem Niedergang ein neuer Aufschwung, und wenn das Dharma vollständig aufgerichtet wurde, wird das goldene Satya-Yuga erneut beginnen. Das Satya-Yuga ist wie der leuchtende Vollmond und das Kali-Yuga wie der dunkle Neumond. Entsprechend erstrahlt das Dharma im Satya-Yuga und ist im Kali-Yuga verdunkelt. Auf diese Weise entstehen die vier Zeitalter, das Satya-, Treta-, Dwapara- und Kali-Yuga.

Das Dharma manifestiert sich in der ganzen Schöpfung und ist die Essenz der Veden. Es ist wie ein staubbedecktes Juwel, das alle Wesen geerbt haben, ohne den wahren Wert zu kennen. Solange es von Illusion bedeckt ist, spricht man von einem Geschöpf, und von Illusion befreit, ist es reine Intelligenz. Durch Entsagung läßt sich alles erreichen, der Himmel und ewige Früchte. Durch selbstloses Handeln erreicht man Erfüllung, und durch wahrhaftes Handeln die Tugend und Gerechtigkeit, den Dharma. Wenn die Heiligen den guten Willen der Menschen unter den Bedingungen ihres Zeitalters sehen, gewähren sie ihren Segen. Denn in dieser Welt hängen die Früchte von Dharma, Artha und Kama (die drei Lebensziele von Tugend, Wohlstand und Liebe), die Verdienste aus Götterverehrung und Wohltätigkeit sowie die Lebenszeit vom Wandel der Zeitalter ab. Wie Brahma, der Schöpfergott, das Wesen der Natur bestimmt hat, so drehen sich diese vier Yugas unaufhörlich im Kreis. Deshalb ist diese Welt der Lebewesen einem stetigen Auf und Ab unterworfen und kann nicht für einen Moment stillstehen.


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