Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

2.30. Der Wettkampf und Tod Kansas

Vaisampayana sprach:
Oh Janamejaya, mit wehenden Kleidern betrat Krishna von seinem Bruder Balarama angeführt die Arena. Der lotusäugige Sohn von Devaki trug in seiner starken Hand einen Stoßzahn des Elefanten, und seine Glieder waren nach dem Kampf mit Armreifen aus Schmutz und Blut geschmückt. Er hatte den Gang eines Tigers, sein Kampfruf war so tief wie das Donnern von Gewitterwolken, und das Klatschen seiner Hände erschütterte die ganze Erde. Auf diese Weise erblickte Kansa, der Sohn von Ugrasena, mit erschrockenem Gesicht den stoßzahnbewaffneten Krishna und starrte voller Zorn auf den Jüngling. Mit dem weißen Stoßzahn in der Hand erstrahlte Krishna wie ein König der Berge, über dessen Gipfel die Mondsichel leuchtet. Und wie er leichten Schrittes im wogenden Ozean der Arena erschien, jubelte die ganze Menge, und ihr Echo hallte ringsherum wider. Daraufhin befahl Kansa, der mittlerweile im Zorn loderte, den höchst mächtigen und hinterhältigen Ringer Chanura zum Kampf gegen Krishna, und den listigen, starken und stahlharten Mushtika gegen Balarama. Und Chanura, der bereits zuvor von Kansa zu einem schonungslosen Angriff aufgefordert worden war, schritt entschlossen mit zornesroten Augen zum Kampf wie eine schwer beladene Gewitterwolke. Danach wurde die Menge zur Ruhe aufgefordert, und als es still war, sprachen die versammelten Yadavas untereinander:
In einem solchen Ringkampf gelten seit alters her die Regeln, daß keine Waffen benutzt werden dürfen, daß Erfahrung und Stärke siegen soll und keine feige Unfairneß geduldet wird. Wenn die Ringer im Laufe des Kampfes erschöpft sind, darf man ihnen Wasser gegeben, und ihre (schweißgebadeten) Körper sollten mit getrocknetem Kuhdung abgerieben werden. Die Regeln besagen auch, daß immer nur einer gegen einen kämpfen darf und das entweder im Stehen oder Liegen. Sei der Ringer ein Jugendlicher, ein reifer Mann oder ein Alter, sei er stark oder schwach, es sollen immer nur gleichrangige gegeneinander kämpfen. Und wer durch Kraft und Geschick den Gegner niedergeworfen und besiegt hat, der sollte ihm kein weiteres Leid antun. Doch nun sehen wir, wie Krishna und Chanura in der Arena gegeneinander kämpfen sollen. Krishna ist noch ein Jüngling und Chanura ein erfahrener und kolossaler Mann. Was sollen wir davon halten?

Auf diese Weise erhob sich ein großer Tumult unter den Versammelten, und Govinda sprang zu ihnen und sprach:
Obwohl ich noch ein Jüngling bin und Chanura von riesiger Gestalt wie ein Berg, wünsche ich, mit diesem starkarmigen Ringer zu kämpfen. Ich möchte seiner Kampfeslust nicht im Wege stehen und werde auch als Jüngling alle Wettkampfregeln beachten. Mögen all die Regeln, die für den Ringkampf bestimmt wurden, wie das Abreiben mit Kuhdung, die Gabe von Wasser und die rechte Kleidung befolgt werden. Denn in der Arena erreicht man Erfolg durch Körperbeherrschung, Stärke, Männlichkeit, Geschick, Erfahrung und Ausdauer. Das wissen alle guten Athleten. Wenn er diesen Kampf mit haßerfülltem Herzen sucht und sich als mein Feind betrachtet, dann soll der Tod seine Strafe sein. Das geschehe zum Wohle der ganzen Welt. Er wurde im Land der Karushas geboren und mit seinem gewaltigen Körper unter dem Namen Chanura bekannt. Obwohl er ein großer Ringer ist, sind seine Taten weit berüchtigt. Für seinen eigenen Ruhm hat er die Regeln mißachtet und viele Ringer getötet, nachdem er sie besiegt hatte. Das hat diesem Wettkampf einen schlechten Ruf eingebracht. Wie der Erfolg im Kampf mit scharfen Waffen darin besteht, den Gegner zu töten, so besteht der Erfolg im Ringen darin, den Gegner niederzuwerfen. Die Sieger im fairen Kampf gewinnen ewigen Ruhm auf Erden, während die Besiegten den Himmel erreichen. Beide Wege sind vollkommen für den Sieger und den Besiegten. Dies ist das Spiel des Lebens, das von den Tugendhaften gelobt wird. Dies ist der Gewinn, der von den Mutigen im fairen Kampf erreicht werden kann. Wer jedoch unfair kämpft: Wo ist der Himmel für den Besiegten? Wo ist der Ruhm für den Sieger? Wer für einen übelgesinnten König kämpft und seinen Wahn vermehrt, der fällt im Kampf durch seine eigene Sünde. Das ist der Tod für einen Ringer, der andere tötet.

Während Krishna so sprach, wurde er von Chanura angegriffen, und sogleich entbrannte ein höchst schrecklicher Kampf wie zwischen zwei wilden Elefanten im Wald. Sie rangen mit allen Mitteln des Angriffs und der Verteidigung, zogen und schoben einander, hoben sich in die Luft, warfen sich nieder und standen wieder auf. Sie attackierten ihre Körper mit Fäusten, brüllten wie zwei Bären, schlugen sich mit den Ellenbögen so hart wie Donnerkeile und zogen voller Kraft an ihren Gliedern. Sie rissen sich mit ihren messerscharfen Nägeln und teilten härteste Schläge mit ihren Füßen, Knien und Köpfen aus, als würden Steine auf Steine krachen. So sahen die Zuschauer diesen gewaltigen Kampf, der allein mit Körperkraft und Lebensenergie der mutigen Kämpfer und ohne andere Waffen ausgetragen wurde. Daraufhin erhob sich ein lautstarker Jubel unter den Zuschauern und sogar von den oberen Logen hörte man die Rufe „Exzellent! Wohl getan!“. Angesichts dieses Jubels lief Kansa der Schweiß von der Stirn und mit starrem Blick auf Krishna hob er seine linke Hand, um das anfeuernde Trommeln der Kesselpauken zu beenden. Doch als die Pauken und alle anderen Musikinstrumente in der Arena auf seinen Befehl hin verstummten, da ertönten plötzlich unzählige himmlische Pauken. Solange der lotusäugige Hrishikesha den Kampf fortsetzte, solange hörte man die göttlichen Pauken von allen Seiten ununterbrochen vom Himmel herab tönen. Ungesehen von menschlichen Augen kamen die Götter und andere Himmelsbewohner auf ihren himmlischen Wagen herab und beteten für den Sieg von Krishna. Auch die sieben Rishis standen am Himmel und riefen: „Oh Krishna, besiege den Dämon in Gestalt des Ringers Chanura!“ So spielte Krishna mit dem Ringer Chanura einige Zeit und zeigte schließlich seine Kraft angesichts des bevorstehenden Todes von Kansa. Da bebte die Erde, die Tribünen schwankten, und das höchst kostbare Juwel fiel aus Kansas Krone. Krishna warf mit seinen starken Armen den Körper von Chanura zu Boden, dessen Lebenszeit abgelaufen war, preßte die Knie auf seine Brust und zerschlug ihn mit einem Faustschlag den Kopf, daß ihm die Augen mit Tränen und Blut bedeckt herausfielen und wie goldene Glöckchen herabhingen. So lag Chanura mit heraushängenden Augen, aller Kraft und seines Lebens beraubt auf dem Boden der Arena. Sein riesiger, toter Körper lag wie ein großer Berg, der die ganze Bühne versperrte.

Als Chanura, der so stolz auf seine Kraft war, geschlagen war, kämpfte der Sohn von Rohini gegen Mushtika und Krishna gegen Toshala. Diese beiden Ringer suchten vom Schicksal getrieben und im Zorn lodernd den Kampf mit den beiden Brüdern. Stürmisch begannen sie, in der Arena hin- und herzuspringen. Da ergriff Krishna den mächtigen Toshala, dessen Körper einem Berg glich, und wirbelte ihn hundertmal im Kreis, um ihn dann auf die Erde zu schleudern. Schwer getroffen strömten dem starken Ringer große Mengen Blut aus dem Mund, und er ging den Weg des Todes. Mit gleicher Macht zeigte Sankarshana im Ringkampf gegen Mushtika viele spektakuläre Attacken, bis er schließlich seinem Gegner mit einem Faustschlag, der dem Donnerkeil glich, den dicken Schädel zertrümmerte, daß ihm Gehirn und Augen herausquollen. Mit einem schrecklichen Schrei fiel er tot zu Boden. Nachdem diese drei Besten der Ringer geschlagen waren, begannen Krishna und Sankarshana mit zornigen Augen durch die Arena zu tanzen, so daß alle anderen Ringer flohen, und der Ring bald ohne Gegner war.

Die Kuhhirten mit Nanda an der Spitze standen mit furchtvoll zitternden Gliedern unter den Zuschauern. Auch Devaki erblickte zum ersten Mal und völlig aufgeregt ihren Sohn Krishna. Ihre Augen waren in Freudentränen gebadet, und voller Zuneigung tropfte die Milch aus ihren Brüsten. Auch Vasudeva sah mit Freudentränen auf Krishna, und sogleich verließ ihn die Altersschwäche, und er fühlte sich wieder jung und stark. Und all die schönen Damen des Hofes tranken mit ihren Augen die Schönheit von Krishna wie die schwarzen Bienen den Nektar der Lotusblüten. Nur Kansa saß schweißgebadet und starrte voller Zorn mit zusammengezogenen Augenbrauen auf Krishna. Sein Herz stand in Flammen, die vom Wind des Hasses angefacht wurden und vom Qualm der Gedanken über Krishnas Vernichtung begleitet waren. So brannte er im lodernden Feuer der Sorge. Sein ganzer Körper zitterte vor Haß, und der Schweiß strömte von seiner Stirn. Sein Gesicht färbte sich blutrot und glich einer untergehenden Sonne. Wie die Tautropfen auf einem Baum in den Strahlen der Sonne glitzern, so funkelten die dicken Schweißtropfen auf seiner zorngeröteten Stirn. Und in seiner Wut lodernd befahl er seinen Wachsoldaten:
Schafft diese beiden Hirtenjungen sofort aus der Arena! Ich wünsche diese sündhaften Übeltäter mit gräßlichen Gesichtern nicht mehr zu sehen! Keiner der Hirten hat ein Recht, hier einzudringen und mich zu stören. Dieser Hirte namens Nanda ist übelgesinnt und versucht, mich zu verletzen. Legt ihn sofort in Ketten! Auch Vasudeva! Denn obwohl er mein Verwandter ist, nährt er überall Haß gegen mich. Deshalb bestraft ihn noch heute ohne Rücksicht auf sein Alter! Und alle anderen Hirten, die Vasudeva und Krishna folgen, sollen durch Enteignung ihrer Kühe und anderer Reichtümer bestraft werden.

Als Kansa diese harten Befehle gab, richtete Krishna, dessen Macht die Wahrheit ist, seine weitgeöffneten Augen auf ihn. Und als er sah, wie sein Vater Vasudeva und Nanda gepackt wurden, seine Angehörigen angegriffen und Devaki in Ohnmacht sank, regte sich der gerechte Zorn in ihm. So setzte der mächtige, starkarmige und ewige Krishna seinen Geist auf den Tod von Kansa, und mit der Schnelligkeit eines Löwen sprang er hinauf in die Loge von Kansa, wie eine dunkle Wolke vom Sturm getragen wird. Dies ging so schnell, daß die Zuschauer den Sprung nicht sehen konnten und sich wunderten, als Krishna plötzlich vor Kansa stand. Sogar Kansa, der völlig vom Schicksal überwältig wurde, war höchst erschrocken und dachte, daß Govinda als Herr des Himmels zu ihm herabgekommen war. Daraufhin streckte Krishna seine mächtigen Arme aus, die eisernen Keulen glichen, und ergriff Kansa bei den Haaren, um ihn in die Mitte der Arena zu schleppen. Als die Hand von Krishna ihn erfaßte, fiel ihm die juwelenbesetzte Krone vom Haupt und rollte hinab auf die bloße Erde. Er war völlig überwältigt, konnte sich nicht mehr wehren und atmete wie ein Sterbender. Seine Sinne schwanden, und nicht einmal das Gesicht von Krishna konnte er noch deutlich erkennen. Die kostbaren Ohrringe fielen von seinen Ohren, seine Halskette zerriß, die Armreifen rutschten herab, und aller Schmuck ging verloren. Mit unschlagbarer Kraft wurde er von seinem Thron gezogen, verlor sein Obergewand, und sein Gesicht wurde immer bleicher, überstrahlt vom himmlischen Glanz Krishnas. Dann wurde Kansa an den Haaren aus seiner königlichen Loge von Krishna hinab in die Arena gezerrt und mußte das Leiden ertragen, das er verdient hatte. Und während der ehemals so herrliche Bhoja König von Krishna einige Runden durch die Arena gezerrt wurde, zog er eine tiefe Spur hinter sich her. Das Spiel dauerte nicht lange, und Kansa hauchte sein Leben aus, woraufhin Krishna den toten Körper von sich warf. Da lag nun dieser Körper, der einst soviel Luxus empfing und verehrt wurde, zerschunden und schmutzbedeckt im Staub der Erde. Ach, was für ein Schicksal! Sein dunkles Gesicht mit geschlossenen Augen war der Krone beraubt und hatte alle Herrlichkeit verloren, wie eine Lotusblüte ohne Blätter. Er wurde nicht im Kampf geschlagen, und sein Körper nicht von Waffen verwundet. Kansa starb an den Haaren gezogen und verwirkte damit den Weg der Helden. Die einzigen Wunden waren die Nagelspuren von den mächtigen Händen Krishnas, die sich tief in sein Fleisch gebohrt und sein Leben zerstört hatten.

Nachdem Kansa auf diese Weise geschlagen und dieser Dorn von der Erde entfernt war, erschien der lotusäugige Krishna in doppelter Herrlichkeit und berührte zuerst die Füße von Vasudeva. Dann verneigte sich dieser Nachkomme des Yadu vor den Füßen seiner Mutter, die ihn mit Tränen der Freude benetzte. Schließlich grüßte der strahlende Krishna ehrerbietig auch alle anderen Yadavas nach Rang und Würden und erkundigte sich nach ihrem Wohlergehen. In der Zwischenzeit hatte Balarama, diese Seele des Dharma, den mächtigen Bruder von Kansa namens Sunama mit seinen starken Armen ergriffen und getötet. So hatten die beiden jugendlichen Helden, die viele Jahre im Hirtendorf aufgewachsen waren, ihre Feinde geschlagen und den Haß besiegt, und gingen nun voller Freude zum Haus ihres Vaters.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter