Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

2.26. Die Rede und Vision von Akrura

Vaisampayana sprach:
Als der großzügige Akrura zusammen mit Kesava die Wohnstätte von Nanda betreten und die älteren Hirten versammelt hatte, sprach er freudig zu Krishna und dem Sohn von Rohini (Balarama):
Oh meine Söhne, laßt uns zum Wohle aller morgen früh nach Mathura fahren. Kansa hat alle Hirten des Dorfes mit ihren Familien herbefohlen, um ihre jährlichen Abgaben zu entrichten. Er will als König mit großem Pomp ein Bogen-Opfer feiern, und ihr sollt zuschauen und eure Verwandten wiedertreffen. Oh meine Söhne, euer Vater Vasudeva wünscht euch zu sehen, der ständig voller Sorge lebt, denn seine anderen Kinder wurden gewaltsam getötet. Unter der bedrückenden Herrschaft des übelgesinnten Kansa ist er alt geworden, und seine Glieder verlieren ihre Kraft. Gequält von Kansa und bedrückt wegen deiner Abwesenheit brennt Vasudeva Tag und Nacht in den Flammen der Sorge. Oh Govinda, du wirst außerdem die sorgenvolle und gottgleiche Devaki sehen. Ihre Brüste wurden nie von ihren Söhnen gesäugt, und im Kummer um ihre Kinder ist sie schwach geworden. Auch sie wünscht euch zu sehen. Sie leidet unter dieser Trennung wie eine Mutterkuh ohne ihr Kalb. Mit tränenvollen Augen trägt sie nur ein einfaches und schmutziges Kleid und hat allen Glanz verloren, wie der Mond, wenn er von Rahu verschlungen wird. Oh Krishna, sie übt schwere Entsagung, ist vom Kummer ganz abgezehrt, sehnt sich allein nach dir, und deine Rückkehr ist ihr einziges Sehnen. Oh Herr, seit deiner Geburt ist sie von dir getrennt, konnte deine ersten Worte als Baby nicht hören und die Schönheit deines mondgleichen Angesichts nicht sehen. Wenn Devaki als deine Mutter so leiden muß, welchen Sinn hat ein Sohn? Als kinderlose Frau würde es ihr besser gehen. Dann hätte sie nur einen Kummer, während ein verlorener Sohn zahllose Sorgen bringt. Oh Madhava, du bist sogar der Retter deiner Feinde und verfügst wie Indra über Macht und unvergleichliche Fähigkeiten. Eine Mutter mit einem solchen Sohn sollte nicht so leiden müssen. Deine alten Eltern leben wie Diener für andere und werden vom übelgesinnten Kansa wegen dir schwer gequält. Devaki verdient als deine Mutter den gleichen Respekt wie die Mutter Erde. So erhebe und rette auch sie aus dem Ozean der Sorgen, in dem sie versunken ist. Gewähre Vasudeva, der jedes Glück verdient, die Freude, mit seinem Sohn verbunden zu sein, und geh damit den Weg des Dharma (der Tugend und Gerechtigkeit). Oh Madhava, du hast die bösartige Schlange Kalya im See der Yamuna besiegt, den Berg Govardhana zum Schutz der Kühe entwurzelt und emporgehoben, den mächtigen und vom Stolz berauschten Stier Arishta geschlagen und den übelgesinnten Keshi getötet, der anderen Wesen nach dem Leben trachtete. So bedenke nun auch, wie du deine alten Eltern aus ihren Sorgen retten kannst, um dem Pfad der Tugend zu folgen. Alle, die zusehen mußten, wie dein Vater von Kansa am Hofe beleidigt wurde, waren traurig und weinten viele, sorgenvolle Tränen. Und auch deine Mutter mußte unter der Herrschaft manche Qual erleiden, nicht nur den Tod ihrer Kinder. Ein Sohn sollte vor seinen Eltern gerechterweise alle Schulden begleichen, wie es in den heiligen Schriften erklärt wird. Oh Krishna, wenn du deinen Eltern diese Gunst zeigst, werden sie ihren Kummer überwinden können, und du wirst deine Pflicht erfüllen.

Vaisampayana fuhr fort:
Der mächtige Krishna wußte alles, und so antwortete er ohne den Worten des Großmütigen zu widersprechen: „So sei es!“ Und auch all die Hirten mit Nanda an der Spitze hatten die Worte von Akrura vernommen und wünschten, dem Befehl von König Kansa zu folgen. Sogleich bereiteten sich die Dorfbewohner auf die Reise nach Mathura vor, und die Hirten luden die gewünschten Dinge auf ihre Wagen. Die verschiedenen Familien sammelten die jährlichen Abgaben nach ihren Möglichkeiten in Form von Bullen, Stieren, Quark, Milch und Ghee. Und als die Karren gepackt und alle Geschenke verstaut waren, versammelten sich die führenden Hirten zur Abreise. Akrura verbrachte indessen die Nacht, ohne zu schlafen im Gespräch mit Krishna und dem Sohn der Rohini. Am frühen Morgen, als die Vögel mit ihrem Gesang erwachten, als am Ende der Nacht die Strahlen des Mondes verblichen, all die Sterne am Firmament verschwanden und das Morgenrot erschien, als sich die Erde im Morgenwind mit Tau überzog und die Planeten in ihren Häusern am Himmel schlafen gingen, als die Sonne aufging und die Dunkelheit vertrieb, als die Sonne zunahm und der Mond mit seinen kühlen Strahlen schamvoll verschwand, als sich die Weiden des Hirtendorfes mit Kühen füllten und überall der Klang der Butterquirle zu hören war, als die Kälber mit Seilen angebunden wurden und sich die Wege um das Dorf mit Hirten füllten - zu dieser Zeit brachen die führenden Hirten mit ihren Ochsenkarren voller Waren ohne zu säumen nach Mathura auf. Und Krishna, Rohinis Sohn und der großmütige Akrura fuhren auf einem Wagen wie die Herrn der drei Welten. Doch als sie das Ufer der Yamuna erreichten, sprach Akrura zu Krishna:
Laß uns hier anhalten und die Pferde versorgen. Gib ihnen Gras und Wasser und schau achtsam nach dem Geschirr. Dann warte auf mich. Ich möchte zur Yamuna gehen und Ananta, den König der Schlangen und Beschützer aller Welten, mit den heiligen Mantras Vishnus verehren. Ich möchte mich verneigen vor dieser himmlischen Urschlange mit dem Swastika Symbol, in blaue Roben gehüllt und mit tausend Köpfen gekrönt. Ich möchte das nektargleiche Gift von dieser Schlange als Verkörperung des Dharma trinken wie die Götter ihr Amrit. Der Anblick dieser Urschlange mit gespaltener Zunge, strahlend, herrlich und Ursprung aller Schlangen, wird uns zu Frieden und Glück führen. So wartet hier bitte, bis ich vom heiligen Wasser der Yamuna zurückgekehrt bin, in dessen Tiefen der Herr der Schlangen wohnt.

Krishna hörte diese Worte, war zufrieden und antwortete:
Oh Tugendhafter, säume nicht und geh! Wir warten auf deine baldige Rückkehr.

Daraufhin tauchte der Großmütige in das Wasser der Yamuna und erblickte die Region der Nagas in der Unterwelt Rasatala in gleicher Weise wie diese Welt. In ihrer Mitte sah er die tausendköpfige Schlange Ananta, die in ihrem Banner das Palmensymbol trug, in der Hand einen Pflug und auf ihrem Bauch eine Keule. Ihr Körper war strahlend weiß und ihre Kleider blau. Sie saß auf einem glänzenden Thron, war mit Lotusaugen und Ohrringen geschmückt, und vom Wein berauscht. Diese Schlange war mit zwei Swastikas gezeichnet, und ihr strahlendweißer Thron waren die Windungen ihres eigenen Körpers. Ihre Brust war mit einer Girlande aus goldenen Lotusblüten geziert und ihr leicht nach links geneigter Kopf mit einem goldenen Diadem. Der Körper dieses langarmigen Feindevernichters und Königs der Schlangen glich einer weißen Wolke, die mit goldenen Lotusblumen und roter Sandelpaste geschmückt war. Alle vier Himmelsrichtungen wurden von seinem Glanz erfüllt. Vasuki und andere führende Schlangen verehrten ihren einzigen König, die mächtige Urschlange und Herr des einen, alleserfüllenden Meers (der Ursachen, in dem sich die ganze Schöpfung wieder auflöst). Die beiden Schlangen Kambala und Ashwatara fächelten ihrem großen König, der auf dem Thron des Dharma saß, mit weißen Yakwedeln frische Luft zu. Neben ihm erstrahlte König Vasuki, der von seinen Schlangen-Ministern umgeben war, die von Karkotaka angeführt wurden. Aus goldenen, himmlischen Gefäßen, die mit Lotusblüten bedeckt waren, weihten sie beständig ihren König mit den heiligen Wassertropfen aus dem ewigen Meer. Dort erblickte er auch den dunkelfarbigen Vishnu, der in gelbe Roben gehüllt war und das Srivatsa Zeichen auf der Brust trug, wie er völlig gelassen auf dem Schoß dieser Urschlange ruhte. So sah er auch den anderen, der Sankarshana mit der Herrlichkeit des Mondes glich und ohne einen himmlischen Thron war. Da versuchte Akrura einige Worte an Krishna zu richten, aber dessen strahlende Herrlichkeit verhinderte jede Rede. Nachdem der Freigiebige diese ewige und himmlische Herrlichkeit in dieser Schlange erblickt hatte erhob er sich wieder aus dem Wasser und war sehr verwundert, als er sah, wie Balarama und Krishna strahlend im Wagen saßen und sich anschauten. Höchst erstaunt tauchte Akrura erneut ins Wasser und erblickte wie zuvor den verehrten Gott der Schlangen mit weißem Körper und blauer Kleidung, wie er von allen verehrt wurde und Krishna gelassen im Schoß dieser tausendköpfigen Urschlange ruhte. Danach tauchte er schnell wieder auf und mit dem Mantra im Geist kehrte er zum Wagen zurück, auf gleichem Wege, wie er gekommen war. Und dort fragte ihn Krishna voller Heiterkeit:
Was hast du im heiligen Wasser in der Welt der Nagas gesehen? Ich denke, es war etwas sehr Wundervolles, weil du so lange im Fluß verweiltest und dein Geist so aufgeregt ist.

Als Akrura diese Worte von Krishna hörte, antwortete er:
Oh Krishna, welches Wunder könnte in dieser ganzen belebten und unbelebten Welt ohne dich geschehen? Das gleiche, auf Erden höchst außergewöhnliche Wunder, das ich dort sah, das sehe ich voller Freude auch hier. Oh Krishna, ich bin mit dem Wunder verbunden, das in der Welt verkörpert ist, und wünsche kein anderes zu sehen. Laß uns nun, oh Herr, zur Stadt von König Kansa fahren, damit wir noch vor Sonnenuntergang dort ankommen.


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