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2.18. Der Zorn von Indra und die Hilfe von Krishna

Vaisampayana sprach:
Als auf diese Weise des Festival zu Ehren von Indra verhindert wurde, sprach der König der Götter zornig zu den Samvartaka Wolken (die eigentlich erst am Ende der Welt auftauchen):
Oh ihr Wolken, so mächtig wie Elefanten, wenn ihr mich als König respektiert, dann hört meine Worte und handelt entsprechend. All die Bewohner des Hirtendorfes folgen Krishna. So haben sich Nanda und die anderen Hirten gegen das Festival zu meinen Ehren entschieden. Deshalb quält in den nächsten sieben Tagen mit Regen und Sturm ihre vorzüglichen Kühe, die ihnen den Lebensunterhalt gewähren und sie zu Kuhhirten machen. Ich selbst werde auf meinen Elefanten Airavat steigen und schreckliche Regenfälle mit Sturm, Donner und Blitz hinabsenden. Damit wollen wir die Kühe und Bewohner des Hirtendorfes so lange schlagen, bis sie ihr Leben aufgeben und zu Boden fallen.

So befahl der mächtige Indra den Wolken, weil er durch Krishna vom Festival ausgeschlossen wurde. Und sogleich erfüllten die fürchterlich dunklen Gewitterwolken, so groß wie Berge und schrecklich donnernd, den ganzen Himmel. Sie trugen den Bogen von Indra als ihr Zeichen und schleuderten ununterbrochen Blitze herab. Bald schien die ganze Welt in Dunkelheit zu versinken. Manche Wolken glichen riesigen Elefanten, andere Meeresungeheuern oder Schlangen. Zusammen erschienen sie wie eine Herde aus tausenden Elefanten, die schnell den ganzen Himmel bedeckten und den Tag zum Fürchten machten. Dann begannen die Wolken, ihren Regen in dichten Strömen zu ergießen, die einem Wald aus Menschenarmen, Elefantenrüssel oder Bambusstangen glichen. Die Menschen sahen einen endlosen, schrecklich tiefen und unüberquerbaren Ozean vom Himmel herabstürzen. Schon das entsetzliche Donnern der bergeshohen Wolken vertrieb die Vögel aus der Luft, und auch die anderen Tiere flohen panisch nach allen Seiten davon. Angesichts dieser gewaltigen Regengüsse aus den schrecklichen Gewitterwolken, wie zur Stunde der universalen Auflösung, verloren die Menschen allen Mut. Die Planten und Sterne waren vom Himmel verschwunden, und ohne die Strahlen von Sonne und Mond verlor die ganze Welt ihren Glanz. Durch den endlosen Regen glich die Erde bald einem riesigen Sumpf. Die Pfauen und anderen Vögel begannen, laut zu schreien. Die Flüsse schwollen übermäßig an und rissen die Bäume an ihren Ufern mit sich. Durch das Donnern der Wolken und das Rauschen des Regens schienen sich sogar das Gras und die Bäume zu fürchten. Und die Kuhhirten sprachen voller Entsetzen zueinander:
Es scheint, das Ende der Welt ist gekommen, und die Erde versinkt in einem Meer aus Wasser.

Auch die Kühe wurden von diesem schrecklichen Regen schwer gequält. Sie standen bewegungslos wie Säulen und schrieen mitleiderregend. Ihre Körper waren durchnäßt, die Glieder ganz steif, die Haare sträubten sich und Bauch und Euter magerten ab. Manche starben vor Erschöpfung, manche fielen aus Furcht auf ihre Knie und andere versanken mit ihren Kälbern im Schlamm. Manche Kühe legten sich vom Hunger schwach und abgemagert auf die Erde und umarmten schlafend ihr Kalb. So wurden die Kühe und Kälber vom unablässig strömenden Regen überwältigt, fielen zitternd zu Boden und blickten mit abgehärmten und gequälten Gesichtern zu Krishna und riefen: „Rette uns! Rette uns!“ Angesichts dieser Qual der Kühe, dieser Unbarmherzigkeit und ihres nahenden Todes, der auch den Untergang der Hirten bedeuten würde, wurde der sonst so freundliche Krishna zornig. Er dachte eine Weile nach und sprach dann zu sich selbst:
Ich wußte, daß dies geschehen wird. Um sie vor dem strömenden Regen zu beschützen, will ich diesen Besten der Berge, Govardhana, mit allen Wäldern und Feldern entwurzeln und in einen Schutz für die Kühe wandeln. Zweifellos wird dieser Berg, wenn er von mir hochgehalten wird, die Kühe und Hirten beschützen können wie ein gutgebautes Haus auf Erden.

Mit diesen Gedanken zeigte Krishna, dessen Macht die Wahrheit ist, die Kraft seiner Arme und entwurzelte mit eigenen Händen diesen Besten der Berge. Dann hielt er mit seiner linken Hand den Berg in die Höhe, über dem die Wolken hingen, so daß er wie ein riesiger Schirm zu einem sicheren Unterschlupf wurde. Als er den Berg entwurzelte, stürzten die Bäume um und die Felsen bebten. Als er durch die Kraft von Krishna emporgehoben wurde, erschien der verehrenswerte Berg wie ein Vogel, der im Himmel fliegt. Die Wolken schütteten weiterhin ihre Wassermassen gemeinsam auf den Berg herab, so daß die Steine in Sturzbächen herabrollten. Doch unter dem Berg merkte man nichts mehr von den schrecklichen Wolken mit ihrem fürchterlichen Regen, dem brüllenden Sturm und den herabstürzenden Felsen. Mit den dunkelblauen Wolken und den Sturzbächen erschien der Berg wie ein Pfau der seine Federn entfaltet. Die Nagas, Gandharvas, Apsaras und anderen himmlischen Wesen riefen von allen Seiten: „Wie mit Flügeln erhebt sich der Berg Govardhana in die Lüfte!“ Der entwurzelte Berg zeigte auf der Hand von Krishna all seine inneren Schätze an Mineralien, die wie Gold, Kohle und Silber glänzten. Manche der hohen Gipfel dieses vorzüglichen Berges schwankten, andere zerbrachen oder verloren sich in den dichten Wolken. Und wie der ganze Berg, so wurden auch die Bäume erschüttert, und ihre Blüten fielen überall herab. Die großen Schlangen mit ihren mächtigen Hauben, deren Körper mit halben Swastikas gezeichnet waren, stürzten aus ihren Höhlen und flogen ringsherum wie Vögel durch die Lüfte. Die Scharen der Vögel, die hoch in der Luft schwebten, wurden vom gewaltigen Regen geschlagen und fielen kopfunter zur Erde. Die Löwen brüllten voller Zorn so laut wie das Donnern der Gewitterwolken und die Tiger wie das Geräusch der Butterquirle. Was zuvor uneben war, wurde eben, und was eben war, wurde uneben. So erschien dieser Berg ganz verwandelt. Mit den endlos regnenden Wolken glich er der fliegenden, dreifachen Dämonenstadt Tripura, die einst von Rudra zerstört wurde. Der riesige Berg, der auf diese Weise von Krishna emporgehoben und durch seine Hand gehalten wurde, empfing den strömenden Regen aus den dunklen Gewitterwolken, wie ein gigantischer Schirm. Die Täler wurden von den Wolken erfüllt, so daß der Berg Govardhana zu schlafen schien und seinen Kopf auf den Arm von Krishna legte, wie auf ein Kissen. Von den Bäumen verstummte das Singen der Vögel und im Wald das Geschrei der Pfauen. Der ganze Berg erschien verlassen und leer. Die Felsen und Wälder des Berges zitterten, als hätte sie das Fieber ergriffen. Doch die mächtigen Regenwolken schütteten unermüdlich ihre Wassermassen herab, getragen vom Wind und befohlen von Indra, dem König der Götter. So wurde dieser Berg, der von den Wolken umhüllt und auf der Hand von Krishna getragen wurde, von den herabstürzenden Bächen so zerfurcht, wie ein Land, das von der Wagenarmee eines mächtigen Königs überrollt wird. Umgeben von all den dunklen Gewitterwolken, erschien der Berg wie eine reiche Stadt, die von dichtbevölkerten Dörfern umringt wird. Auf diese Weise ergriff Krishna den Berg und hielt ihn spielend auf einer Fingerspitze, um die Kuhhirten zu beschützen. So stand er wie Brahma selbst und sprach lächelnd zu den Hirten:
Durch himmlische Kräfte, die jenseits des Begriffs der Götter sind, habe ich dieses Haus aus einem Berg geschaffen, als Zuflucht für die Kühe, wo sie vor Sturm und Regen geschützt sind. Laßt die Herden der Kühe schnell hereinbringen, um hier zufrieden und glücklich auszuruhen, von der Qual des Sturms befreit. Teilt euch dieses neue Land, es wird euch vor dem Regen bewahren. Dieses Haus, das ich euch durch die Entwurzelung des Berges geschaffen habe, ist fünf Krosa lang und ein Krosa (1/4 Yojana) breit, und kann sogar die drei Welten beherbergen, von einem Hirtendorf ganz zu schweigen.

Krishna hebt den Berg Govardhana empor, Indien ca. 1800

Daraufhin erhob sich ein großer Tumult unter den Hirten, begleitet vom Muhen der Kühe und dem Donnern der Gewitterwolken. Und in langen Reihen zogen die Kühe unter Führung der Kuhhirten in die große Höhle unter dem Besten der Berge. Krishna stand an der Wurzel des Berges wie eine aufgerichtete Säule aus Stein und hielt ihn mit einer Hand, wie einen lieben Gast. Und wie die Kühe, so zogen auch all die Dorfbewohner aus Furcht vor dem Regen mit ihren Wagen und Vorratsbehältern in das Haus unter dem Berg ein. Als Indra, der Träger des Donnerblitzes, diese übermenschliche Tat von Krishna erblickte, sah er sein Vorhaben vereitelt und befahl die Wolken zurück. So kehrte er, sieben Tage nachdem sein Festival verhindert wurde, umgeben von all den Wolken in sein himmlisches Reich zurück. All die Anstrengungen des Königs der Götter waren fruchtlos, und nach sieben Tagen klarte der Himmel auf, und die Sonne erstrahlte wieder in ihrem vollen Glanz. Dann kehrten die Kühe und Kuhhirten mit großer Erleichterung auf gleichem Wege zurück, wie sie gekommen waren. Und Krishna, die Seele aller Berge und der Verleiher von Segen, war zufrieden und setzte diesen Besten der Berge zum Wohle aller Wesen wieder an seine alte Stelle.


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