Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

2.8. Der Angriff der Wölfe

Vaisampayana sprach:
Auf diese Weise verbrachten Krishna und Sankarshana sieben Jahre ihrer Kindheit im Dorf der Kuhhirten. Ihre Haare waren so schwarz wie Krähenfedern. Sie pflegten gelbe und dunkelblaue Kleidung zu tragen und ihre Körper mit gelben und weißen (Sandel-) Pasten einzuschmieren, während sie die Kühe hüteten. Wenn die beiden schönen Jungen durch die Wälder wanderten, spielten sie auf ihren Hirtenflöten liebliche Musik und erschienen wie dreiköpfige Schlangen. Manchmal steckten sie sich Pfauenfedern hinter die Ohren, setzten sich Kronen aus Blättern auf den Kopf und hingen sich Girlanden aus Waldblumen um den Hals, so daß sie zwei blühenden Bäumen glichen. Manchmal setzten sie sich eine Krone aus Lotusblüten auf, bauten sich eine heilige Schnur aus Stricken, trugen einen Kürbis mit Henkel (als Wasserkrug) in den Händen und spielten auf ihren Flöten. Manchmal tollten sie herum und lachten, oder lagen auf einem Bett aus Gras und erfreuten sich des Schlafes. So führten sie das Leben von Hirtenjungen und wanderten froh und glücklich wie zwei junge Rosse durch die lieblichen Wälder. Doch eines Tages sprach der schöne Krishna zu Sankarshana:
Oh Guter, wir haben uns genug in diesem Wald vergnügt und sollten hier nicht länger mit den Hirtenjungen spielen. Das saftige Gras für die Kühe ist erschöpft, und viele Bäume wurden von den Kuhhirten gerodet. Wir zerstörten diesen schönen Wald, und wo zuvor dichte Bäume mit Kletterpflanzen standen, sieht man nun den blanken Himmel. Die vielen, altehrwürdigen Bäume, die in den Kuhgattern wuchsen und die Weideplätze beschatteten, verbrannten in den Feuerstellen der Kuhhirten. Die üppigen Bäume und das saftige Gras, die früher unser Dorf umsäumten, sind in weite Ferne gerückt. Wasser, Früchte, Holz, Futter und andere Dinge des Lebens sind rar geworden. Wir müssen schon lange suchen, um noch einen schattigen Platz der Ruhe zu finden. Das Land ist öde geworden und das saftige Grün verschwunden. Da die Bäume von den Bewohnern des wachsenden Dorfes gerodet wurden, haben sich die Vögel verzogen. Doch ohne Vögel ist die Natur so fade wie Reis ohne Curry. Selbst der Wind hat seinen Sinn verloren. Holz und Früchte, die sonst im Wald wuchsen, müssen bereits gekauft werden. Weil das grüne Gras verschwunden ist, wird das Dorf zunehmend eine Stadt. Dabei sind die einfachen Dörfer der Schmuck der Berge. Die Wälder sind der Schmuck der Dörfer, und die Kühe sind der Schmuck der Wälder. Alles, was wir haben, sind die Kühe. Sie sind unsere Zuflucht im Leben. Deshalb sollten die Bewohner dieses Dorfes in einen anderen Wald mit neuen Bäumen und frischem Gras ziehen. Große Dörfer voller Häuser mit abgeschlossenen Türen und Zäunen sind keine gute Wohnstätte. Wir Kuhhirten sollten frei wie die Vögel umherwandern. Denn wo zuviel Kot und Urin auf den Boden fällt, wird das Gras vergiftet. Die Kühe weiden dort nicht gern, und ihre Milch wird schlechter. Alle unsere Wege hier sind festgefahren. Deshalb sollten wir in einen neuen, frischen Wald ziehen. Ich habe von einem lieblichen Wald an den Ufern der Yamuna gehört, wo es viel saftiges Gras gibt, mit allen Vorzügen und frei von quälenden Dornen und Insekten. Sein Name ist Vrindavana. Er ist voller Früchte, Wasser und Kadamba Bäumen. Dort weht beständig ein angenehm frischer Wind, und alle Jahreszeiten sind erträglich. Der Wald ist so entzückend, daß die Kuhhirten dort voller Freude wandern werden. In der Nähe befindet sich der stattliche Berg Govardhana mit seinem hohen Gipfel, wie der Berg Mandara in der Nähe des himmlischen Gartens Nandana steht. In der Mitte dieses Berges wächst ein riesiger Feigenbaum namens Bhandira, dessen Krone sich über ein Yojana erstreckt. Er leuchtet dort wie eine dunkelblaue Wolke am Himmel. Und wie der Fluß Nalini im Garten Nandana (des Indra) fließt, so entspringt dort die Kalindi, diese Beste aller Flüsse, und teilt den Wald wie der Scheitel das Haar von Frauen. Mit großer Freude werden wir dort täglich den Berg Govardhana, den Bhandira Baum und den lieblichen Strom Kalindi sehen. Möge uns Gutes geschehen! Laßt uns dorthin ziehen und dieses Dorf hier mit dem traurigen Wald aufgeben. Laßt uns dafür einige Unannehmlichkeiten schaffen, damit die Kuhhirten erwachen und fliehen.

Nachdem Krishna, der Sohn von Vasudeva, auf diese Weise gesprochen hatte, vertiefte er sich in Meditation, und von den Härchen seines Körpers entsprangen hunderte Wölfe, die von Fett, Blut und Fleisch lebten. Und sobald sie erschienen, rannten sie mit schrecklichem Geheul in alle Richtungen davon, als wollten sie das ganze Dorf verwüsten. Und alle Kühe, Kälber, Männer und Frauen des Dorfes waren höchst erschrocken. Die Wölfe, die aus dem Körper von Krishna entstanden waren, trugen wie Krishna das mystische Srivatsa Zeichen auf der Brust, waren so dunkel wie Krishna und begannen überall in Rudeln von fünf, zehn, zwanzig, dreißig oder sogar hundert herumzuwandern, um die Kuhhirten mit Furcht zu schlagen. Sie drohten, die Kälber zu reißen, des Nachts die Kinder zu stehlen und alles zu verwüsten. Überall herrschte Angst im Dorf. Keiner getraute sich noch, zum Fluß zu gehen oder in den Wald, um die Kühe zu hüten oder etwas zu holen. Die Wölfe, die so kraftvoll wie Tiger waren, erzeugten solche Angst unter den Bewohnern des Hirtendorfes, daß sie bald wie gelähmt waren. Jede Tätigkeit erlosch, und alle versammelten sich an einem Ort.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter