Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

2.2. Der Zorn von Kansa und die Antwort von Vishnu

Vaisampayana sprach:
Vom Zorn ergriffen sprach Kansa zu seinen ihm wohlgesinnten Ministern:
Sorgt ab heute dafür, daß die neugeborenen Kinder der Devaki getötet werden. Das Unheil, das uns bedroht, muß gründlich beseitigt werden. Deshalb tötet von Anfang an alle Kinder der Devaki, auch die ersten sieben. Laßt sie in den inneren Gemächern von geheimen Spionen gut bewachen, und wenn sie empfängt, gebt besonders acht. Sobald sie schwanger ist, sollen die Frauen meines Harems die Monate zählen, und wenn wir über die Geburt informiert werden, können wir entsprechend handeln. Laßt auch Vasudeva von vertrauenswürdigen Eunuchen und Frauen Tag und Nacht in seinem Haus unbemerkt beobachten. Keiner darf ihm dieses Geheimnis verraten. Mit entsprechender Anstrengung können Menschen alle ihre Ziele erreichen. Mächtige Männer wie ich bestimmen den Lauf des Schicksals selbst. Denn sogar ein feindliches Schicksal kann zum Guten gewendet werden durch geeignete Beschwörungsformeln, richtige Medizin oder andere, wohlbedachte Mittel.

Vaisampayana fuhr fort:
Nachdem Kansa von Narada über die Umstände seines Todes gehört hatte, begann er aus Furcht über die Wege nachzusinnen, die Kinder von Devaki zu töten. Demgegenüber begann der mächtige Vishnu in Anbetracht der übelgesinnten Bemühungen von Kansa außerhalb dessen Sicht nachzudenken: „Die ersten sieben Kinder von Devaki wird Kansa, dieser Nachkomme der Bhojas, umbringen. Erst in der achten Empfängnis soll ich in ihrem Mutterleib leben.“ Bei diesem Gedanken fiel sein Blick in die Unterwelt, wo die sechs Sadgarbha Dämonen Hansa, Suvikradha, Krahta, Damana, Ripumardana und Krodhaharta im Wasser auf ihre Geburt warteten. Diese strahlenden und kraftvollen Sadgarbhas waren so mächtig wie die von Amrit lebenden Götter und im Kampf den Unsterblichen gleich. Sie waren die Söhne von Kalanemi und hatten vor langer Zeit härteste Askese geübt. Sie trugen verfilzte Haare und verehrten Brahma, den Großen Vater aller Geschöpfe. Und als Brahma mit ihnen zufrieden war, sprach er:
Oh ihr Ersten der Dämonen, ich bin sehr zufrieden mit eurer asketischen Entsagung. Offenbart mir klar und deutlich eure Wünsche, und ich werde sie euch alle gewähren.

Ermutigt von Brahmas Worten antworteten die Dämonen einstimmig:
Oh Herr, wenn du wirklich zufrieden mit uns bist, dann gewähre uns diesen Besten der Segen. Oh Brahma, bitte segne uns und mach uns unschlagbar vor den Göttern, Nagas, Yakshas, Gandharvas, Siddhas, Charanas und Menschen sowie den großen Rishis, die beständig Entsagung üben und als Waffe den Fluch gebrauchen. Segne uns, oh heiliger Herr, so daß wir den Tod nicht mehr fürchten müssen.

Der Große Vater war zufrieden mit ihre Askese und antwortete voller Freude:
Was ihr euch gewünscht habt, soll alles geschehen!

So verlieh der Selbstgeborene den Sadgarbhas diesen Segen und begab sich in sein himmlisches Reich zurück. Als jedoch der Dämonenkönig Hiranyakashipu davon erfuhr, sprach er verärgert zu ihnen:
Weil ihr mich mißachtet und einen Segen vom lotusgeborenen Brahma erbeten habt, seid ihr meine Feinde geworden. Ich entziehe euch meine Gunst und verstoße euch alle. Euer Vater, der euch mit dem Namen Sadgarbhas („sechs Neugeborene“) gewürdigt hat, soll euch als Neugeborene persönlich ermorden. Oh ihr Sadgarbha Dämonen, ihr werdet alle sechs nacheinander von Devaki geboren und Kansa wird euch töten.

Vaisampayana fuhr fort:
Oh Janamejaya, daraufhin begab sich Vishnu in die Unterwelt (Patala), wo die Sadgarbha Dämonen aufgrund des Fluchs von Hiranyakashipu im Wasser lebten und auf ihre Geburt warteten. Er sah sie dort in einem Schlaf liegen, der dem Tode glich, von Bewußtlosigkeit umhüllt und besiegt von der Zeit Kala in Form von Schlaf. Daraufhin ging Vishnu in die Körper der Sadgarbhas in Gestalt eines Traumes ein, ergriff ihre individuellen Seelen und übergab sie an die Göttin des Schlafes. Danach sprach Vishnu, dessen Macht die Wahrheit ist, zur Göttin des Schlafes (der Illusion):
Oh Nidra, trag auf mein Gebot hin den Lebensatem dieser vorzüglichen Sadgarbha Dämonen nacheinander in den Mutterleib von Devaki. Sie sollen durch sie geboren werden und sogleich wieder ins Reich des Todes eingehen. Damit werden die Bemühungen von Kansa vereitelt und die Aufgabe von Devaki mit Erfolg gekrönt. Oh Göttin, ich will dich segnen, daß du auf Erden so mächtig wie ich selbst und verehrt von allen Wesen wirst. Wenn Devaki meinen sanftmütigen Teil in ihrer siebenden Schwangerschaft empfängt, sollst du meinen älteren Bruder im siebenten Monat ergreifen und davontragen, um ihn in den Mutterleib von Rohini zu setzen. Und wenn mein älterer Bruder, der dem Mond mit seinen kühlen Strahlen gleichen wird, auf diese Weise aus dem Mutterleib getragen wurde, soll er in seiner Jugend den Namen Sankarshana bekommen. Daraufhin wird Kansa denken „Devaki hat ihre siebente Leibesfrucht aus Angst vorzeitig verloren.“ und wird wachsam auf die achte warten, wenn ich selbst in ihren Leib eingehe. Oh Göttin, möge dir Gutes geschehen! Du selbst sollst am neunten Tag der dunklen Monatshälfte als neuntes Kind von Yasoda geboren werden, der Besten der Hirtenmädchen und geliebten Ehefrau von Nanda, dem Verwalter der Kuhherden von Kansa. Und auch ich werde zur glücklichen Stunde um Mitternacht unter dem Mondhaus Abhijit zur Welt kommen. Oh Nidra, höchst schrecklich ist die Herrschaft von Kansa. Deshalb sollen wir beide im achten Monat geboren und miteinander vertauscht werden. Ich werde bei Yasoda aufwachsen und du bei Devaki Zuflucht nehmen. Durch diesen Austausch soll Kansa verwirrt werden. Er wird dich an den Beinen ergreifen und gegen einen Stein schleudern wollen. Doch du kannst seinem Griff entkommen, dich in die Lüfte erheben und deine ewige Stätte erreichen. Oh Göttin, dann wird dein Gesicht so hell erstrahlen wie das von Sankarshana, und dein Körper wird so dunkel und deine Arme werden so mächtig sein wie die meinigen, wenn ich über die Erde wandere. Oh Nidra, in deinen vier Händen wirst du den Dreizack, das Schwert mit goldenem Griff, einen Krug voller Wein (bzw. Nektar) und die vollkommene Lotusblume tragen. Du wirst in blaue Roben mit einem gelben Oberkleid gehüllt sein, eine Halskette so leuchtend wie die Sonne tragen und wunderschöne, himmlische Ohrringe. Dein Gesicht wird wie der Vollmond strahlen, du wirst eine herrliche Krone und schönes Haar tragen. Deine Arme werden mit Pfauenfedern und Ornamenten geschmückt sein und sich wie Schlangen in alle Richtungen erstrecken. Umgeben von den mächtigen Geistern, die unter meinem Befehl stehen, und gestärkt vom Gelübde der Enthaltsamkeit wirst du dich in die himmlischen Bereiche erheben. Und wenn du das Land der Götter erreichst, wird dich der tausendäugige Indra entsprechend meinen Geboten mit heiligem Wasser weihen und als seine Schwester annehmen. Durch deine Verbindung mit dem Stamm von Kushika, wirst du unter dem Namen Kausiki bekannt werden. Indra wird dir einen ewigen Platz in den vorzüglichen Vindhya Bergen geben, so daß du die Erde mit tausend heiligen Badestätten schmücken und ihren Ruhm erhöhen wirst. Du wirst nach Belieben durch die drei Welten fließen und jeden Segen gewähren können. Oh Göttin des Schlafes, du wirst mich stets in deinem Geist tragen und die beiden Dämonen Sumbha und Nisumbha mit all ihrem Gefolge schlagen. Oh Nidra, zusammen mit den Geistern, die dir folgen, sollst du dich am neunten Tag der dunklen Monatshälfte an den Opfern von Fleisch erfreuen. Wer dich unter den Menschen im Bewußtsein meiner Kraft mit Hingabe verehrt, wird seine Wünsche leicht erreichen, sei es Nachkommenschaft, Reichtum oder anderes. Du wirst sie alle vor Gefahren beschützen, sei es in den großen Wäldern, auf den großen Gewässern oder unter Räubern. Oh vorzügliche Dame, wer dich mit folgender Hymne verehrt, dem werde ich stets gegenwärtig sein und Schutz gewähren.


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