Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

1.54. Geburt der Dämonen auf Erden und Naradas Bitte

Vaisampayana sprach:
Oh Janamejaya, nachdem die Göttin Erde mit Kala wieder in ihre Wohnstätte zurückgekehrt war und die Götter ihre Anteile auf Erden im Stamm der Bharatas verkörpert hatten, und nachdem die Anteile von Dharma, Indra, Vayu und die beiden Aswins (als Yudhishthira, Arjuna, Bhima, Nakula und Sahadeva), sowie Surya (als Karna), Soma (als Abhimanyu), Yama (als Vidura), Vrihaspati (als Drona), Sukra (als Bhurisravas), Varuna (als Srutayudha), Shiva (als Aswatthaman), Mitra (als Kanika), Kuvera (als Dhritarashtra), Kali (als Duryodhana), den Vasus (als Bhishma), Gandharvas, Nagas und Yakshas sowie von vielen anderen himmlischen Wesen auf Erden geboren worden waren, erschien der himmlische Rishi Narada vor Narayana. Er war so strahlend wie das Feuer, hatte Augen wie aufgehende Sonnen und üppig verfilzte Haare. Seine Kleidung war so weiß wie die Strahlen des Mondes und mit goldenen Ornamenten geschmückt. Er trug eine große Vina (ein Saiteninstrument) wie eine liebe Freundin in seinen Armen. Über seinen Schultern hingen ein Antilopenfell und eine heilige Schnur aus Gold. Mit seinem Stab und dem Wassergefäß in den Händen erschien er wie ein zweiter Indra. Dieser große Heilige offenbart gern Geheimnisse und kündigt Geschehnisse und Konflikte ähnlich wie Planeten an. Er ist höchst gelehrt, erfahren in den Veden der Gandharvas (der himmlischen Musik) und kennt die tiefsten Geheimnisse der Welt. Dieser Sohn des Brahma liebt den Kampf, und mit weiser Voraussicht stiftet er zuweilen Feindschaft wie Kali selbst. Dieser große Muni ist der Erste aller Redner im Reich der Götter und Gandharvas, ein vorzüglicher Rezitator der vier Veden und Sänger des Saman.

Dieser unsterbliche Narada, der durch die Region von Brahma wandert, sprach besorgt inmitten der versammelten Götter zu Vishnu:
Oh Narayana, unnütz waren die Verkörperungen der Götter auf Erden zur Zerstörung der Könige. Oh Allmächtiger, solange du hier verweilst, wird der Streit unter den Königen keine tiefgreifende Wirkung bringen. Ich denke, dieses Werk auf Erden kann ohne die Vereinigung von Nara und Narayana nicht erfolgreich sein. Oh Gott der Götter, du bist allwissend, und all dies ist dir bewußt. So handle entsprechend, um der Erde zu helfen. Du bist die Sicht aller Augen und die Macht aller Mächtigen. Du bist der Erste der Yogis und die Erkenntnis der Erleuchteten. Wenn du siehst, wie sich die Teile der Götter auf Erden verkörpern, warum sendest du nicht zuerst einen Teil deiner Energie, um der Erde ihre Last zu erleichtern? Du hast die Himmlischen hinabgesandt und bist ihre alleinige Zuflucht. Ohne dich werden sie auf Erden von einer Tat zur anderen schwimmen und sich darin verlieren. Deshalb bin ich zu dieser Versammlung der Götter geeilt, um dich zu drängen. Oh Narayana, es gibt noch einen weiteren Grund dafür. Höre, oh Vishnu, was aus den Dämonen geworden ist, die du im großen Kampf um Taraka geschlagen hast und nun auf Erden ihre Geburt genommen haben. Am Ufer der Yamuna entstand eine große und schöne Stadt namens Mathura, die von vielen wohlhabenden Dörfern umgeben ist. Dort lebte vor langer Zeit ein mächtiger und im Kampf unschlagbarer Dämon namens Madhu. Er war voller Kraft und wurde zum Schrecken aller Geschöpfe. Er lebte in einem großen, dunklen und schrecklichen Wald mit riesigen Bäumen, der Madhuvana genannt wurde. Der Sohn von Madhu war der mächtige Dämon Lavana. Er war mit übermäßiger Kraft begabt und eine Qual für alle Lebewesen. Dieser Dämon vergnügte sich dort viele lange Jahre, und quälte vom Stolz berauscht sogar die Götter. Als damals Rama, der Sohn von Dasaratha und Feind aller Dämonen, in Ayodhya regierte, sammelte Lavana seine Dämonenarmee im Schutz seines furchterregenden Waldes und schickte einen Botschafter mit folgenden, herausfordernden Worten zu Rama:
Oh Rama, ich lebe ganz nah an deinem Königreich. Ich bin Lavana und als Dämon dein Feind. Doch Könige lieben keinen mächtigen Feind. Ein König, der das Wohlergehen seiner Untertanen sucht, seine königlichen Pflichten beachtet und sowohl Land als auch Reichtum vermehren möchte, sollte stets seine Feinde besiegen. Aber zuallererst sollte ein König, der die Weihetropfen empfangen hat und sein Volk gut regieren möchte, seine eigenen Sinne beherrschen. Erst als Meister seiner Sinne kann ihm der Sieg sicher sein. Ein König, der seine Position beständig und stark halten möchte, sollte seinen Untertanen als Vorbild in den Geboten der Tugend dienen. Ein König, der die Laster überwunden hat und mit Weisheit im Dharma gegründet ist, wird auch inmitten von Gefahren keine Angst vor seinen Feinden haben. Denn der Mensch wird vor allem von seinen Sinnen getötet und aus ihnen entstehen die mächtigen Feinde. Jeder unzufriedene König wird von seinen Feinden bezwungen, weil er eine falsche Vorstellung vom Guten hat. Aufgrund deiner übermäßigen Anhaftung an deine Frau hast du Ravana mitsamt seiner ganzen Armee getötet. Ich betrachte diese sündige Tat von dir nicht als etwas Großes oder Rühmenswertes. Du hast sogar gemeine Rakshasas getötet, während du mit dem Gelübde der Entsagung im Wald lebtest. Auch dieses Verhalten ist eines Frommen nicht würdig. Nur die Tugend, die aus der Vergebung fließt, führt die Frommen zu einem edlen und wahrhaften Dasein. Aus Unwissenheit hast du Ravana getötet und den im Wald wandernden Vanars (Affen und Bären) gehuldigt. In Wirklichkeit wurde Ravana verherrlicht, weil du ihn trotz deiner Entsagungsgelübde wie ein gewöhnlicher Mann wegen einer Frau geschlagen hast. Dieser Ravana war von Sünde überwältigt und hatte keine Kontrolle mehr über seine Sinne als du ihn im Kampf getötet hast. Nur deswegen konntest du siegreich sein. Doch nun komm und kämpfe gegen mich!

Nachdem Rama diesen herausfordernden Worten des Abgesandten geduldig zugehört hatte, antwortete er mit einem Lächeln:
Oh Botschafter, was du im Auftrag dieses Wanderers der Nacht gesprochen hast, ist nicht gut. Er betrachtet sich selbst als gerecht und tadelt andere als ungerecht. Was ist daran zu tadeln, wenn ich auf dem Weg der Tugend von Ravana angegriffen wurde, den Dämon im Kampf besiegte und meine Ehefrau zurückholte? Wahrlich Tugendhafte, die beständig dem Weg des Dharma folgen, tadeln andere nicht, weder in Gedanken noch in Worten. Denn die Gottheit wacht in gleicher Weise im Frommen wie im Übelgesinnten. Du hast deine Pflicht als Botschafter erfüllt. Geh nun und säume nicht. Ein Mensch wie ich schlägt nie zurück, wenn er von überschäumendem Stolz persönlich angegriffen wird. Hier ist mein jüngerer Bruder Shatrughna. Er ist als Feindevernichter im Kampf berühmt und wird dem übelgesinnten Dämon gebührend begegnen.

So angesprochen und von König Rama entlassen, brach der Botschafter auf und Shatrughna folgte ihm. Dieser Sohn der Sumitra bestieg einen schnellen Wagen und fuhr zum großen Wald des Madhu, wo er in Erwartung des Kampfes sein Zelt aufschlug. Währenddessen hörte der Dämon Lavana die Worte des Botschafters und war darüber sehr verärgert. Hastig verließ er seine Wohnstätte im Madhu Wald und brach zum Kampf auf. Daraufhin erhob sich eine schreckliche Schlacht zwischen Shatrughna und Lavana, denn beide waren heroische und mächtige Bogenschützen. Sie schlugen sich gegenseitig mit schärfsten Pfeilen, ohne daß sich einer vom Schlachtfeld zurückzog oder Ermüdung spürte. Dabei wurde der Dämon Lavana von den Pfeilen Shatrughnas zutiefst gequält und fühlte bald seinen Stolz schwinden, denn er hatte seinen himmlischen und unfehlbaren Pfeil nicht zur Hand, der ihm einst als Segen (von Shiva) verliehen worden war und alle irdischen Geschöpfe töten konnte. Dafür ergriff Lavana eine gewaltige Stachelkeule und ließ seinen mächtigen Schlachtruf ertönen. Mit der Keule hakte er sich in den Nacken von Shatrughna ein und begann, den jüngeren Bruder von Rama heranzuziehen. Dann ergriff dieser sein goldenes Schwert und schlug Lavana das Haupt vom Rumpf. So tötete der heroische Sohn der Sumitra, der alle seine Freunde beglückte, den Dämon Lavana im Kampf und lichtete mit seinen Pfeilen den dichten Wald. Danach gründete Shatrughna in diesem nun angenehmen Wald eine Stadt zum Wohlergehen des Landes und übernahm die Regentschaft. Auf diese Weise entstand damals im Madhu Wald die Stadt Mathura, nachdem Shatrughna den Dämon Lavana im Zweikampf getötet hatte.

Die große Stadt gedieh herrlich mit prächtigen Wällen, Toren, Palästen, Häusern und Gärten. Die Grenzen waren wohlgesteckt und alles mit Schönheit erbaut. Die Wälle waren hoch genug und Gräben umringten die Stadt wie ein verzierter Gürtel die Taille einer schönen Frau. Die Gebäude aus Stein und Ziegeln waren wie ihre Armreifen, die herrlichen Paläste wie ihre Ohrringe, die wohlbeschützten Tore wie ihr Schleier und die Promenaden wie ihr Lächeln. Die Stadt wimmelte von gesunden Bewohnern sowie von Helden, Elefanten, Pferden und Wagen. Sie glich einem Halbmond und lag an den Ufern der Yamuna. Sie barg reiche Märkte und war stolz auf ihre vielen Schätze. Die Felder der Umgebung gaben reichlich Korn, denn Indra, der König der Götter, pflegte zur rechten Zeit genügend Regen zu senden. So lebten die Männer und Frauen voller Freude in diesem Land, und die Stadt (Mathura) erstrahlte voller Herrlichkeit, so daß dieses neugegründete Königreich unter dem Namen Surasena weithin bekannt wurde.

In dieser Stadt wurde später der mächtige und berühmte Ugrasena geboren, der zum Juwel des Bhoja Stammes wurde und so kraftvoll wie der Kriegsgott selbst war. Als sein Sohn wurde der Dämon Kalanemi auf Erden wiedergeboren, den du in der Schlacht des Taraka getötet hattest. Er heiß jetzt Kansa, setzt den Bhoja Stamm fort, hat große Augen und die Kraft eines Löwen. Er ist in der Welt berüchtigt, von allen Königen gefürchtet und ein Schrecken aller Wesen. Denn er folgt nicht dem Pfad der Gerechtigkeit, wird von Begierden getrieben, ist skrupellos und höchst arrogant zu seinen Untertanen, denen in Anbetracht seiner üblen Taten die Haare zu Berge stehen. Er versäumt seine königlichen Pflichten und interessiert sich nicht für das Wohlergehen seines Volkes. Er regiert als Tyrann und bringt dem Königreich nichts Gutes. Ja, der Dämon Kalanemi, den du in der Schlacht des Taraka geschlagen hattest, wurde als Kansa im Bhoja Stamm wiedergeboren. Er lebt vom Fleisch der anderen Wesen und bedrückt durch sein dämonisches Herz alle Welten. Und Hayagriva, der Pferdedämon, nahm seine Geburt als Helfer von Kansa namens Keshi (bzw. Kesin). Dieser üble Dämon, der wie ein Pferd schnauft und eine dichte Mähne trägt, lebt jetzt allein als wildes Roß in Vrindavana vom Fleisch der Menschen. Der große Dämon Arishta, der Sohn von Vali, der jede Gestalt annehmen kann, wurde als mächtiger Bulle mit großem Buckel geboren und ist ein Feind der Kühe geworden. Der berüchtigte Dämon Ristha, ein Sohn von Diti, verkörperte sich als Elefant von Kansa und dient ihm als Reittier (Kuvalayapida). Der gräßliche Dämon Lamba wurde als Pralamba geboren und lebt unter dem Bhandira Feigenbaum. Der Dämon, der unter dem Namen Khara berüchtigt war, wurde als der übelgesinnte Dhenuka geboren und lebt (in Gestalt eines Esels) als Schrecken aller Lebewesen in einem Palmenhain. Die zwei großen Dämonen Varaha und Kishora wurden als die Ringer Chanura und Mushtika geboren und kämpfen in der Arena für Kansa. Und die beiden Danavas Maya und Tara, die sogar für Dämonen wie der Tod erscheinen, leben jetzt in der Stadt von Pragjyotisha, die vom Dämon Naraka, dem Sohn von Bhumi, der Mutter Erde, beherrscht wird.

Oh Narayana, all diese Dämonen wurden bereits von dir geschlagen. Nun wurden sie in der Menschenwelt wiedergeboren und quälen die Wesen auf Erden. Sie bekämpfen die Verehrung von dir und töten deine Verehrer. Allein durch deine Gunst können sie besiegt werden. Dich allein fürchten sie im Himmel, in den Tiefen des Wassers und auf Erden. Oh Vishnu, schlage die übelgesinnten Dämonen! Niemand anders kann dieses große Werk vollbringen. Die Dämonen, die aus dem Himmel geworfen wurden, haben nun auf Erden ihre Zuflucht gefunden. Oh Kesava, so lange du wachst, wird es schwer für die Dämonen, das Himmelreich zurückzuerobern, nachdem sie dort von dir geschlagen wurden und nun ihre Geburt auf Erden unter den Menschen genommen haben. Deshalb komm auf die Erde, oh Narayana, wie auch wir hinabgestiegen sind. Verkörpere dich selbst für den Untergang der Dämonen. Denn deine wahre Form ist formlos und von den Wesen nicht greifbar. Selbst die Götter können nur bestimmte Formen von dir wahrnehmen, worin du sie geschaffen hast und womit sie nun auf Erden erschienen sind. Oh Vishnu, wenn du auf die Erde kommst, wird Kansa nicht länger herrschen können, und der Wunsch der Erde nach Erleichterung ihrer Last kann in Erfüllung gehen. Ein großes Werk wartet auf dich im Lande der Bharatas. Du bist das Auge aller Wesen und ihre Höchste Zuflucht. Deshalb, oh Vishnu, komm herab auf die Erde und besiege diese übelgesinnten Dämonen.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter